Der Yoga ist die seit Urzeiten praktizierte, universale Methode zur Erlösung vom Leiden.
Sein Ziel ist der Zustand ursprünglicher Reinheit und Freiheit.
Seinen Weg kennzeichnen die Begriffe ârogya (Freisein von Krankheit) und prasâda (Klarheit, Reinheit, Ruhe des Geistes).
Der schmerzfreie Körper ist die Voraussetzung für den Aufstieg zu den höheren Ebenen des Geistes; die Beherrschung der Wünsche und Gedanken führt zu Prasâda, dem bereits himmelhohen mittleren Ziel des spirituellen Pfades.
Hat man Prasâda erreicht, ist der Gipfel nicht mehr fern. Wir lesen in der Bhagavad-Gîtâ [→ Link]:
prasâde sarvaduhkhânâm hânir asyopajâyate
»In der Ruhe entsteht das Schwinden aller Leiden.« [II.65]
Der Yoga befaßt sich mit den Kräften des menschlichen Geistes. Heilsam sind dessen konzentrierte Kräfte; die einzelnen Stufen der Konzentration zeigen den Fortschritt auf dem Weg an. Ziel ist die vollkommene Konzentration, durch die man seine eigene wahre Natur, das Selbst zu erkennen vermag. So wie ein in den Ozean fallender Wassertropfen, so löst sich dann das begrenzte individuelle Bewußtsein auf und wird eines mit dem grenzenlosen Meer des Bewußtseins.
Tat tvam asi! verkünden die Upanishaden, die ältesten Weisheitsbücher Indiens: Was du äußerlich suchst, das ist in dir! Gott hat mit Gut und Böse, mit Freude und Leid, mit dem Glück und Unglück der Wesen nichts zu tun. Das Leiden in seiner Gesamtheit verdankt der Mensch der Unwissenheit, dem eigenen unreinen Geist. Dieser ist durch Wünsche und Gedanken zersplittert und schwach geworden, hat seine ursprüngliche Kraft und Reinheit verloren. Die Gedanken sind wie die Wellen einer bewegten Wasseroberfläche, die das Spiegelbild eines Betrachters verzerrt erscheinen lassen. Identifiziert man sich mit dem verzerrten Bild, dann entsteht das begrenzte, von Fehlern und Mängeln gezeichnete Bewußtsein des »Ich« und »Mein«.
Aus dem zersplitterten, nach außen gehenden Geist muß ein nach innen gehender, konzentrierter werden. Erlösung und Freiheit können wir nur erreichen wenn es uns gelingt, den Geist von Wünschen und Gedanken freizumachen. So beginnt der Weise Patañjali das Yoga-Sûtra [→ Link] mit dem in seiner Kürze und Klarheit einzigartigen Satz:
yogash chitta-vritti-nirodha
»Yoga ist die Stillegung der Bewegungen des Geistes.« [I.2]
Das gelingt durch Konzentration (dhâranâ). Sie führt zur Meditation (dhyâna), diese zur völligen Versenkung (samâdhi). Das Wissen um die verborgenen Vorgänge im Inneren; um das Wesen der Wünsche, Gedanken und Emotionen; die Läuterung des Geistes durch ein reines, enthaltsames Leben und durch die Übung der Konzentration; das Eintauchen in die vollkommene Ruhe; das Einswerden mit dem grenzenlosen Meer des Bewußtseins (nirvikalpa-samâdhi oder nirvâna) – all dies umfaßt der Begriff yoga.
Wer regelmäßig und systematisch übt – für ihn wird der Yoga, wie es in den Schriften heißt, zum »Zerstörer des Leids«.
Bildnachweis
Stone Buddha = ©Steven Belanger/fotolia.com
Waterlily = ©Joss/fotolia.com
Diese Seite wurde am 01.01.2024 zuletzt geändert.