Yoga Helmuth Maldoner Karlsruhe - Geistiges
Yoga-Institut Helmuth Maldoner Karlsruhe

Geistiges

 

Zitate

Kurzbiographie: Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj

10.000 Jahre Mantra-Japa (Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj)

Der Sinn der menschlichen Geburt

Der Ur-Yoga in seiner reinsten Form

Die Essenz der Bhagavad-Gîtâ

»Erhebe dich! Erwache!«

Der Friedensmantra pûrnam adah

Bhaja-Govindam (Shrî Shankarâchârya)

Die Essenz des Yoga

Der Guru und das Geheimnis aller Geheimnisse

Gurvashtakam (Shrî Shankarâchârya)

Der entscheidende Satz

Mantra – sicheres Fahrzeug zur Selbstverwirklichung

Reinigung und Verwandlung des Geistes durch das Sattva-Guna

Das Gleichnis von den Fischerfrauen und dem Blumenduft

Anregungen zu sattvischen Büchern

Anregungen zu sattvischen Filmen

Drei Zwischenbemerkungen

Anregungen zu sattvischer Musik

Eine Mahnung (Kularnava-Tantra)

Will der Mensch nicht frei sein? (Shrî Râmakrishna Paramahamsa)

Nicht-Selbst und Selbst (Chândogya-Upanishad)

Freundschaften sind karmisch bedingt (Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj)

Höhere Ebenen … (Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj)


Zitate

»Nachdem man seinen Sitz eingenommen hat sollte man stets gute und erhebende Gedanken aussenden und allen Wesen Wohlergehen und Frieden wünschen. Man sollte sagen: ›Mögen alle Wesen für immer friedvoll und glücklich sein!‹ Sende einen solchen Gedanken mit all deiner Kraft und Aufrichtigkeit nach Norden, Süden, Osten, Westen, nach unten und oben. Während dieses wohlwollenden Wunsches sollte man aufrichtig denken, daß man diesen Gedanken tatsächlich aussendet und daß die Gedankenkraft sich tatsächlich in verschiedene Richtungen ausbreitet und den ganzen Raum umfaßt. Am Anfang ist ein wenig Vorstellungskraft notwendig, aber nach langer Übung gelingt es einem, solche Gedanken mit einer gewaltigen Kraft auszusenden. Würden alle Menschen dies am Morgen und am Abend tun, könnte diese Welt innerhalb kurzer Zeit in einen wahren Himmel verwandelt werden.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda]

»Verliere niemals die Hoffnung. Sei voll von hohen Hoffnungen und halte dich an hohe Ideale. Habe unendlichen Glauben – Glauben an dich, Glauben an Gott, Glauben an die Worte deines Meisters und Glauben an die Heiligen Schriften. Schaue niemals auf dich herab. Grüble niemals über deine Schwächen, Nachteile, Sünden und Abstürze. Bist du heute ein Sünder, kannst du morgen ein Heiliger sein, wenn du nur willst. Selbstvertrauen wird dich mit unendlicher Kraft und Stärke füllen. Gute Gedanken und edle Taten werden dich groß machen; unrechte Wünsche, Gedanken und Handlungen lassen dich tiefer sinken. Die Welt ist nichts als eine Projektion deines eigenen Geistes. Wie du denkst, so wirst du.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda]

»Der Gedanke an ›Ich‹ und ›Mein‹ ist Knechtschaft und wahrlich die Hölle. Es ist diese Idee, das Ego, welches die Ursache unermeßlichen Elends in dieser Welt ist. Aller Streß, alle Kämpfe, Schwierigkeiten und Leiden, die man in dieser Welt durchläuft, beruhen auf dem Ich-Gedanken und auf dem Wunsch, das Ich zu befriedigen. Zur Befriedigung der Wünsche des Ego bindet sich der Geist an die Sinne  und ihre Objekte und beschmutzt und verunreinigt sich dadurch. Die vielfältigen Wünsche und Gedanken schleichen sich durch die Ego-Idee im Geist ein. Wenn das Ego abwesend ist verschwinden alle Wünsche und Gedanken. Und wenn es keine Wünsche und Gedanken gibt, welche die Ruhe und Reinheit des Geistes stören, lebt er von sich aus in der Herrlichkeit des Selbst. Solch ein Mensch und solch ein Geist erreicht Moksha oder Freiheit.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda]

»Menschliche Geburt ist selten und sehr schwer zu erlangen. Moksha (Freiheit) kann nur durch menschliche Geburt erlangt werden. Es heißt daß eine Seele nach acht Millionen Geburten und Tode menschliches Leben erlangt. Selbst nach Erlangung menschichen Lebens ist es sehr schwer, einen gesunden Körper und einen scharfen Intellekt zu haben. Hat ein Mensch all diese Dinge erlangt, muß er Gebrauch von ihnen machen, um Moksha zu erreichen. Tut er das nicht, ist solch ein kostbares Leben eine bloße Verschwendung.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda]

»Die seltene Geburt als Mensch, eine günstige Umgebung, die geheiligten Füße des Gurus, der rechte Pfad, die rechte Führung, ein klarer Intellekt und aufrichtiges Bemühen – was willst du noch, mein Kind? Was fürchtest du, mein Liebes? Erhebe deinen Geist hoch, höher als die höchsten schneebedeckten Berge. Mache deinen Charakter stark und fest wie den Himâlaya. Tauche tief, tief bis auf den Grund des Ozenas von Sat-Chit-Ânanda (Sein, Bewußtsein, Glückseligkeit) und sei für immer frei.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda]

»Nach dem Sinn des Lebens zu suchen ist das Ergebnis guten Karmas aus vergangenen Geburten. Jene, die nicht nach dieser Erkenntnis streben verschwenden nur ihr Leben.« [Shrî Ramana Maharshi]

»Geht man nicht aus der Tür, kennt man die Welt. Blickt man nicht aus dem Fenster, sieht man des Himmels Weg. Je weiter man ausgeht, desto weniger kennt man.« [Lao Tse, Übersetzung Victor von Strauß]

»Wenn die Menschen mit ihrem Geist ebensosehr an Gott hingen wie sie an den Sinnesobjekten hängen, wer würde dann nicht aus der Gefangenschaft (im Samsâra) befreit?« [Maitrî-Upanishad]

»Der eigene Geist, wahrlich, ist der Samsâra; ihn zu reinigen soll man sich bemühen. So wie man denkt, so wird man – das ist das ewige Geheimnis!« [Maitrî-Upanishad]

»Der Mensch sollte in seiner Kleidung einer solchen Einfachheit sich befleißigen, daß er selbst im Dunkeln sich anziehen kann. Er sollte in jeder Hinsicht so festgefügt und wohl versorgt leben, daß er, wenn der Feind sich der Stadt bemächtigt, wie der alte Philosoph, ohne Angst mit leeren Händen zum Tore hinausziehen kann.« [Henry David Thoreau] 

»Ich hatte drei Kalksteine auf meinem Schreibtisch, erschrak aber als ich feststellte daß sie tägliches Abstauben benötigten, während der Hausrat meines Geistes noch ganz unabgestaubt war, und angewidert warf ich sie zum Fenster hinaus.« [Henry David Thoreau]

»Wir können unser Leben an tausend einfachen Dingen erproben, etwa daran, daß dieselbe Sonne, die meine Bohnen zur Reife bringt, gleichzeitig ein System von Erden wie die unsrige beleuchtet. Hätte ich mich daran erinnert, wären einige Irrtümer vermieden worden. Eine solche Einsicht besaß ich nicht, als ich sie hackte. Wie wundervoll sind die Dreiecke, deren Spitzen von Sternen gebildet werden! Wieviele verschiedene und voneinander entfernte Wesen betrachten sie im selben Moment aus den unterschiedlichen Wohnungen des Universums!« [Henry David Thoreau] 

»Meng Dse sagte, die menschliche Natur ist gut. Ich stimme damit nicht überein. Der Mensch ist von Natur aus böse; seine eventuell Gutheit wird nur durch bewußte Übung anerzogen.« [Hün Dse]

»Es ist erstaunlich zu sehen wie man es in unseren Tagen treibt. Man trifft nicht selten Seelen, die kaum für ein paar Pfennige geistliches Verständnis haben, und sobald sie bei Gelegenheit einer Betrachtung irgend etwas wahrnehmen, dasselbe alsogleich als göttliche Ansprache bezeichnen. Und da sie dies wirklich glauben, sagen sie: Gott hat zu mir dies und jenes gesprochen, Gott hat mir dies zur Antwort gegeben. Das ist aber durchaus nicht der Fall, sondern sie selbst geben sich Antwort, weil sie eben darnach Verlangen tragen.« [Juan de la Cruz]

»Es gibt zu viele Intellektuelle auf der Welt / Die haben ausgiebig studiert und wissen einfach alles / Doch kennen sie ihr ursprüngliches Wahres-Wesen nicht / Und wandeln fern, so fern vom WEG! / Wie eingehend sie auch die Wirklichkeit erklären / Was nützen denn alle die leeren Formeln? / Wenn du ein einzig mal dein Selbst-Wesen erinnerst / Dann tut sich dir des Buddhas Einsicht auf.« [Han Shan]

»In wen alle Begierden eingehen so wie in den Ozean – sich ständig füllend (dennoch) ruhig verharrend – die Wasser eingehen, der erlangt den Frieden; nicht (aber) der nach Wünschen Begehrende. Der Mensch, der alle Begierden aufgibt, der ohne Verlangen (nach Genuß und Macht) lebt, ohne den Gedanken an das ›Ich‹ und ›Mein‹ – er erlangt den Frieden.« [Shrîmad-Bhagavad-Gîtâ]

»Sogenannte Intelligenz ist in ihrer Begrenztheit nur ein anderer Name für Unwissenheit. Wenn ein Mensch das wahre Wissen erlangen und alle Geheimnisse enträtseln will, gebe er sich dem Wissen um Gott hin.« [Svâmî Brahmânanda]

»Der Yogin übe dies im Geheimen, an einem einsamen Ort, ohne die Gesellschaft von Menschen. Um den Schein zu wahren, bleibe er in der Gemeinschaft, sei aber mit dem Herzen nicht in ihr. Er vernachlässige nicht die Pflichten seines Berufes und Standes, erfülle sie jedoch nur als ein Werkzeug Gottes, ohne an ihnen zu haften. Wenn er so handelt, lädt er keine Schuld auf sich. Auch Ehemann und Ehefrau können durch verständiges Befolgen dieser Methode die Vollendung erreichen, daran ist kein Zweifel. Inmitten der Familie lebend, stets seine familiären Pflichten (ohne Anhaftung) erfüllend, erlangt, wer frei von Verdienst und Schuld ist und seine Sinne beherrscht, die Erlösung.« [Shiva-Samhitâ]

»Die Verehrung des Weisen ist ein großes Gut für die, die ihn verehren.« [Epikouros]

»Wer zur Quelle gehen kann geht nicht zum Wassertopf.« [Leonardo da Vinci]

»Lebe im Verborgenen!« [Epikouros]

»Eine Philosophie, die nicht imstande ist die Leiden der Seele zu heilen, ist nur leeres Geschwätz und ebenso sinnlos wie eine Heilkunst, die es nicht vermag Krankheiten aus dem Körper zu vertreiben.« [Epikouros]

»Dreifach ist das Tor zur Hölle, das zur Selbstzerstörung führt: Wollust, Zorn und Gier. Darum gebe man diese drei auf! Der Mensch, der von diesen, den drei Toren zur Finsternis, sich befreit hat, wirkt für sein Heil und geht den höchsten Weg.« [Shrîmad-Bhagavad-Gîtâ]

»Gemessen am Zweck der Natur, ist Armut ein Reichtum; Reichtum aber, der keine Grenzen kennt, ist große Armut.« [Epikouros]

»Wie ein ungebrannter Tonkrug, der ins Wasser geworfen wird (sich auflöst), so verfällt der Körper (in dieser Welt) schnell. Brenne den Körper hart im Feuer des Yoga, um ihn zu kräftigen und zu reinigen. Die zum Yoga des Körpers gehörenden Übungen sind: Reinigung, Kräftigung, Festigung, Beruhigung, und (danach folgen) jene (geistigen), die zu Leichtigkeit, Wahrnehmung und Fleckenlosigkeit führen. Die Reinigung erfolgt durch regelmäßige Ausführung der sechs (Reinigungs)verfahren. Âsana gibt Kraft; Mudrâ gibt Festigkeit; Pratyâhâra gibt Ruhe; Prânâyâma gibt Leichtigkeit; Dhyâna gibt Wahrnehmung des Selbst; und Samâdhi gibt die Fleckenlosigkeit (die absolute Reinheit), welche wahrlich die Freiheit ist.« [Gheranda-Samhitâ]

»Wahre Worte sind nicht schön, schöne Worte sind nicht wahr. Der Gute redekünstelt nicht, der Redekünstler ist nicht gut. Der Erkennende ist nicht vielwissend, der Vielwisser erkennt nicht. Der heilige Mensch sammelt nicht an. Je mehr er für die Menschen tut, desto mehr hat er. Je mehr er den Menschen gibt, desto viel mehr hat er. Des Himmels Weg ist, wohltun und nicht schaden. Des heiligen Menschen Weg ist, tun und nicht streiten.« [Lao Tse, Übersetzung Victor von Strauß]

»Es gibt drei Wege (zur Erkenntnis): Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste; zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste; drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.« [Kungfutse]

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Kurzbiographie: Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj

Shrî bedeutet »Hervorleuchten, Licht oder Glanz verbreitend, Herrlichkeit, Pracht, Schönheit, Glück, Reichtum, Würde, Heiligkeit«, es ist eine ehrfurchtsvolle Anrede einer Gottheit (Shrî Krishna), eines Heiligen oder einer Person in sehr hohem Stand.

Mahârâj = »großer König, großer Herrscher« ist hier ein Ehrentitel, der den tiefsten Respekt für spirituelle Meister ausdrücken soll.

Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj
[1902–1988]

 

Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj (12. April 1902 – 26. Februar 1988) wurde in Kongana im Distrikt Coorg (Kurg, Kodagu), Karnataka State, Südindien in einer hochangesehen Familie geboren. Die Eltern bekamen das Kind nach vielen Jahren der Buße, des Fastens, der Gebete und der Opfergaben an die örtlichen Gottheiten. Daher empfanden sie eine sehr tiefe Liebe zu ihrem ungewöhnlich gutaussehenden Sohn, der zum Blickfang aller Augen im Dorf wurde. Sie nannten Ihn Nanjunda, das ist einer der vielen Namen von Gott Shiva mit der Bedeutung »Gift-Esser« (nanju, Gift), weil Shiva das von den Dämonen im kosmischen Ozean erschaffene tödliche Gift Halâhala trank, um dadurch die Welt zu retten.

Nanjunda hing sehr an seinen Eltern, doch als Er im Alter von fünf Jahren zur Schule weggeschickt wurde, fühlte Er sich unbesorgt und ging leichten Herzens. Als Junge war Er ein aktiver und vielseitiger Schüler, gut im Lernen und auffällig auf dem Sportplatz. Er vertrat seine Schule oft auf Turnieren und schnitt rühmlich ab.

Trotz all seiner Aktivitäten pflegte Nanjunda bereits als Junge jeden Morgen und jeden Abend jeweils eine halbe Stunde lang zu meditieren, ohne daß irgendjemand Ihn dazu angeleitet hätte. Er war keinem Mönch oder Guru begegnet und Er gehörte keiner bestimmten spirituellen Institution an. Tatsächlich hatte Er niemanden, der Ihn führte; die Tendenz zu einem meditativen Leben war Ihm angeboren. Die regelmäßigen und systematischen Meditationen brachten Ihm schon in jungen Jahren Zustände von Trance und tiefer Konzentration des Geistes.

Nach Abschluß Seines Studiums entschied sich Nanjunda nicht für ein Eheleben. Stattdessen entsagte Er im Alter von siebenundzwanzig Jahren der Welt und wurde Mönch. Sein Verzicht war vollständig. Nicht, daß Sein Leben ein Mißerfolg gewesen wäre. In Seinem normalen Leben zuhause hatte Er alle Annehmlichkeiten. Er hatte keinerlei Probleme und keinerlei Entbehrungen, eine glänzende Karriere stand Ihm offen. Der Grund war, daß sich Sein Geisteszustand völlig verändert hatte. Als Er eines Tages wie gewohnt zur Meditation saß, verspürte Er mehr als eine Stunde lang eine sehr tiefe geistige Konzentration. Als dieser hohe Zustand vorüber war, hörte Er Seine innere Stimme, die Ihn aufrief, der Welt zu entsagen und Mönch zu werden.

Er entschloß sich augenblicklich dazu, verlor keine Zeit, verschenkte Sein Hab und Gut, verteilte Sein gesamtes Privatvermögen bis zur letzten Rupie.

Am 5. September 1929 vollzog Nanjunda gewisse Rituale (Pûjâ und Homa) und verteilte Essen an die versammelten Dorfbewohner. Mental legte Er ein Zölibatsgelübde ab und schwor, immer die Wahrheit zu sagen. Er beschloß auch, daß Er nie wieder Geld anfassen würde. Er rasierte sich den Kopf, nahm ein ockerfarbenes Mönchsgewand aus den Händen Seiner Mutter und fiel auf die Knie, um allen älteren Menschen Ehre zu erweisen, die bei Ihm waren.

Nachdem Er den Dorfbewohnern eine kurze Rede über den Sinn des Lebens hielt und den Grund für Seine Entscheidung, der Welt zu entsagen, erläuterte, verließ Er sein Heim auf der Suche nach einem Guru, den Er schließlich in Belur Math bei Kalkutta in Svâmî Shivânanda Mahâpurush (1854–1934) fand, einem direkten Schüler von Shrî Râmakrishna Paramahamsa (1836–1886). Von ihm bekam Er den Mönchsnamen Svâmî Nârâyanânanda (Nârâyan-ânanda).

Shrî Râmakrishna Paramahamsa

Svâmî Shivânanda Mahâpurush

Fast vier Jahre lebte Svâmî Nârâyanânanda in verschiedenen Âshramas der Râmakrishna-Mission; während dieser Zeit hielt Er sich strikt an die Durchführung der geistigen Übungen und empfand immer stärker den Drang, in der Einsamkeit noch intensiver zu praktizieren. Ein großes Verlangen nach Gottverwirklichung erfaßte Ihn.

So kam es zwangsläufig, daß Sein Guru ihn eines Tages (Oktober 1932) zu sich rufen ließ und in einer Eingebung zu Ihm sagte, Er solle nun in den Himâlaya ziehen, um den Samâdhi (die Erleuchtung) zu erlangen.

Angesichts der mächtigen, schneebedeckten Gebirgskette des Himâlaya fühlte sich Svâmî Nârâyanânanda euphorisch und begann mit strengstem Tapasya (Askese). Er arbeitete unermüdlich, mit 12–16 Stunden täglichem Mantra-Japa und Meditation, mit nur zwei Stunden Schlaf, aber oft verbrachte er tage- und nächtelang ohne Schlaf, ohne Ruhe oder Erholung.

Die intensive Praxis wurde schon nach kurzer Zeit belohnt. Svâmî Nârâyanânanda ging in der Shivarâtrî-Nacht Ende Februar des Jahres 1933 in den Nirvikalpa-Samâdhi oder Nirvâna, den höchstmöglichen Bewußtseinszustand ein. Shivarâtrî ist das Fest zu Ehren von Gott Shiva, welches in Indien die ganze Nacht hindurch in Verehrung und Anbetung verbracht wird.

In dieser heiligen Nacht saß Svâmî Nârâyanânanda wie üblich um Mitternacht in Meditation. Mit tief konzentriertem Geist spürte Er das volle Aufsteigen der Kundalinî-Shakti zum Sahasrâra-Chakra. Sein Herzschlag und Seine Atmung stoppten automatisch. Die Körperidee verschwand und Er spürte, wie Sein Geist zusammen mit Ego, Willen, Gedächtnis, Intellekt vollständig in der Unendlichkeit versank und das individuelle Bewußtsein mit dem All-Einen verschmolz. Dies war die Erfahrung des formlosen Aspekt Gottes, des alldurchdringenden Bewußtseins.

Svâmî Nârâyanânanda blieb lange Zeit im Zustand des Nirvikalpa-Samâdhi. Dann kehrte Sein Geist langsam auf die Ebene des relativen Bewußtseins zurück. Doch nun hatte sich Sein Blickwinkel völlig verändert. Nachdem Er die volle Erleuchtung erlangt hatte, gab Es in Seinem Geist keine Spur von Unwissenheit mehr, und Er nahm überall hinter allen Namen und Formen das eine Selbst wahr, sah die göttliche Einheit in der universellen Vielfalt.

Selbst nach dieser seltenen Errungenschaft lebte Shrî Swâmî Nârâyanânanda weiterhin das einfache Leben in Abgeschiedenheit im Himâlaya. Er nahm keine Jünger an und kümmerte sich auch nicht um Geld oder körperliche Annehmlichkeiten.

Nach dem Tode Seines Gurus löste Shrî Svâmî Nârâyanânanda im Jahre 1936 die Verbindung zur Râmakrishna-Mission und lebte viele Jahre in der Einsamkeit. Auf solche Weise unbeachtet und ungestört von der Welt, vertiefte Er sich in Studien über den Geist und schrieb Seine bahnbrechenden Erkenntnisse auf dem Feld der Yoga-Psychologie nieder.

Shrî Svâmî Nârâyanânanda 1944 im Himâlaya
am Ufer der Bhâgîrathî (Oberlauf des Ganges)

Erst im Jahre 1947, als die Unabhängigkeit Indiens zur Spaltung des Landes führte und es zu furchtbaren Massakern zwischen Hindus und Moslems kam, gab Shrî Svâmî Nârâyanânanda Seine Zurückgezogenheit auf, um der verirrten Menschheit zu helfen. Er begann Schüler anzunehmen (die ersten waren Hindu-Flüchtlinge aus Pakistan) und veröffentlichte nach und nach Seine Schriften. So wurde Shrî Svâmî Nârâyanânanda im Laufe der Zeit als spiritueller Führer in den Herzen Seiner Anhänger in Ost und West inthronisiert.

Anfangs wollte Shrî Svâmî Nârâyanânanda weder eine Organisation noch Âshramas. Im Laufe Seines Lebens als Mönch sammelte Er nie Spenden. Auf Seine eigene einfache Weise lebend, mied Er das Rampenlicht der Öffentlichkeit. Im Laufe der Zeit erhöhte sich aber die Anzahl der Schüler dermaßen, daß es unvermeidbar wurde die Bewegung in einer Institution zu organisieren. So wurde im Jahr 1967 der N. U. (= Narayanananda Universal) Yoga Trust gegründet.

Zu dieser Zeit kamen junge Suchende aus dem Westen, vor allem aus Dänemark, mit dem Weisen in Kontakt. Nach ihrer Rückkehr aus Indien bauten sie in Gylling auf Jütland einen Âshrama auf, um dort ein Leben in Arbeit und Meditation zu verbringen.

Im Jahr 1971 verließ Shrî Svâmî Nârâyanânanda erstmals indischen Boden und kam zu Besuch nach Gylling. Von nun an bis 1987 reiste Er jedes Jahr für mehrere Monate nach Dänemark (und einige Male nach Deutschland), wo Tausenden von Wahrheitssuchern die Gelegenheit zur Begegnung geboten wurde.

Der Gylling-Âshrama ist das Weltzentrum des N. U. Yoga Trust. Weitere Âshramas gibt es in Indien, Deutschland, Schweden, Norwegen, USA. Die Mönche und Nonnen des von Shrî Svâmî Nârâyanânanda errichteten zölibateren Ordens verdienen ihren Lebensunterhalt selbst und bemühen sich, »ein einfaches, reines, heiliges Leben« nach den Prinzipien des Meisters zu führen.

Shrî Svâmî Nârâyanânanda ist der Gründer der Universalen Religion

Dies steht in klarem Zusammenhang mit den oben kurz erwähnten Vorgängen von 1947. In Seiner Schrift »The Universal Religion« sagte der Meister dazu:

«All the shameful things that were done  … are indescribable. In a nutshell we can say that these people acted worse than beasts. All these things took place in the name of God, religion, race and colour and for want of a clear understanding of God and religion. After seeing these terrible miseries and ignorance of human beings Swami Narayanananda’s heart melted as it were, and this incident made Him to come out of His seclusion and write books. And this incident is the cause of laying the foundation for the Universal Religion.» [aus: Swami Narayanananda. The Universal Religion.]

»All die schändlichen Dinge die getan wurden … sind unbeschreiblich. In aller Kürze können wir sagen, daß diese Leute schlimmer waren als Bestien. All diese Dinge geschahen im Namen Gottes, der Religion, der Rasse und Farbe, und aus Mangel an einem klaren Verständnis von Gott und Religion. Angesichts dieses schrecklichen Elends und der Ignoranz der Menschen schmolz gleichsam das Herz von Svâmî Nârâyanânanda, und diese Ereignisse brachten Ihn dazu, Seine Zurückgezogenheit aufzugeben und Bücher zu schreiben. Und diese Ereignisse sind die Ursache der Fundamentlegung für die Universale Religion.«

Die Universale Religion

wurzelt in Shrî Svâmî Nârâyanânandas eigener Erfahrung der letzten Wahrheit; eine Wahrheit, die jedem Menschen zugänglich ist. Mit Seinen Worten:

«Help a man from where he stands. Supplement but never supplant is the motto of the Universal Religion. This Religion, ›Universal‹, has no quarrel with any sect, creed, doctrine, dogma or sex. It deals with the highest kind of Philosophy which is practical but not speculative. This Philosophy can easily face the acid test of Science. It has Love and sympathy for all, irrespective of caste, creed, colour and sex.» [aus: Swami Narayanananda. The Universal Religion.]

»Hilf einem Menschen von dort aus, wo er steht. Ergänze, ohne zu verdrängen, das ist das Motto der Universalen Religion. Diese Religion, ›Universal‹, hat keinen Streit mit irgendeiner Sekte, Konfession, Doktrin, Dogma oder Geschlecht. Sie befaßt sich mit der höchsten Art der Philosophie, die praktisch ist, nicht spekulativ. Diese Philosophie hält leicht der strengen Prüfung der Naturwissenschaft stand. Sie hat Liebe und Sympathie für alle, unabhängig von Stand, Glauben, Hautfarbe und Geschlecht.«

Die Schriften

Mit seinen Schriften hinterließ Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj der leidenden Menschheit einen unermeßlichen Schatz. Es gibt 12 Haupt- und 24 kleinere Werke. Von den ins Deutsche übersetzten Hauptwerken seien an dieser Stelle erwähnt (kursiv = Originaltitel; die englischen Originale sind prinzipiell jeder Übersetzung vorzuziehen):

Das Geheimnis der Geisteskontrolle – The Secrets of Mind-Control

Der Weg zur Erleuchtung – A Practical Guide to Samadhi

Der Weg zu Frieden, Kraft und langem Leben – The Way to Peace, Power and Long-Life

Das Mysterium des menschlichen Geistes – The Mysteries of Man, Mind and Mind-Functions

Die Urkraft im Menschen oder die Kundalini Shakti – The Primal Power in Man or The Kundalini Shakti

Das Ideale Leben und Freiheit – The Ideal Life and Moksha (Freedom)

Die Einheit der Weltreligionen – The Gist of Religions

Geistige Kultur und Erziehung – Mind, Its Source and Culture

Das Ende der Philosophie – The End of Philosophy or The Ultimate Truth & The Universal Religion

Als Einstieg wird Das Geheimnis der Geisteskontrolle empfohlen. In unerreichter Klarheit führt hier der Meister in die Welt des Yoga (Lehre, Prinzipien, Techniken, Psychologie). Auffallend sind die ständigen Hinweise auf Irrtümer und Gefahren, denen man auf dem geistigen Pfad ausgesetzt ist. Dieser besondere Aspekt der Lehre von Shrî Svâmî Nârâyanânanda zeugt von höchster Verantwortung, »echte Sâdhakas (aufrichtig geistig Strebende) auf dem rechten Pfad zum letzten Ziel zu führen«, so Seine eigenen Worte in der Geisteskontrolle.

Als zweites liest man Der Weg zur Erleuchtung. Diese beiden stellen die Grundlage dar; die anderen Schriften behandeln jeweils spezielle Themen; so geht es etwa in Der Weg zu Frieden, Kraft und langem Leben einzig um Brahmacharya (Enthaltsamkeit).

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Übersicht sämtlicher Werke von Shrî Svâmî Nârâyanânanda in der Reihenfolge des Erscheinens der 1. Auflage (Jahreszahl in Klammern):

  1. The Way to Peace, Power and Long Life (1945)

  2. The Primal Power in Man or The Kundalini Shakti (1950)

  3. The Ideal Life and Moksha (1951)

  4. Revelation (1951)

  5. The Mysteries of Man, Mind and Mind-Functions (1951)

  6. The Secrets of Mind-Control (1954)

  7. The Gist of Religions (1955)

  8. A Practical Guide to Samadhi (1957)

  9. Mind, Its Source and Culture (1958)

  10. The Secrets of Prana, Pranayama and Yoga-Asanas (1959)

  11. Brahmacharya, Its Necessity and Practice for Boys and Girls (1961)

  12. The End of Philosophy or The Ultimate Truth & The Universal Religion (1962)

  13. Caste, Its Origin, Growth and Decay (1955)

  14. A Word to Sadhaka (1955)

  15. Sex-Sublimation (1955)

  16. The Basis of Universal Religion (1963)

  17. God and Man (1965)

  18. Wisdom (1971)

  19. Your Birth-Right (1973)

  20. The Aim of Life (1974)

  21. The Universal Religion (1975)

  22. Your Hidden Treasures (1977)

  23. Brahman and the Universe (1978)

  24. Birthday Messages 1955-79 (1979)

  25. Questions and Answers (1979)

  26. The Essence of Life (1980)

  27. Religion and Philosophy (1980)

  28. Life Behind Death (1980)

  29. Within you (1981)

  30. India and the Rishis (1981)

  31. Brain, Mind and Consciousness (1982)

  32. Consciousness under Different States (1982)

  33. Reality Behind Life (1983)

  34. God or the Ocean of Consciousness by Itself or in Itself (1983)

  35. God, Kundalini Shakti and Mind (1984)

  36. Truth Eternal (1984)

[1–12 = Hauptwerke; 13–36 = kleinere Schriften]

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Die genannten Bandnummern beziehen sich auf die erste Ausgabe von The Complete Works of Swami Narayanananda (1979–1984).

Eine zweite Ausgabe von The Complete Works of Swami Narayanananda erschien 2001–2002 in 18 Bänden. Die kleineren Werke (Bände 13–36) wurden hier in drei Bänden zusammengefasst (Kleine Werke I–III, Bände 13–15), und die folgenden Werke wurden hinzugefügt:

Band 16: »Geburtstagsbotschaften, Gedichte und Trostsprüche«

Band 17: »Ausgewählte Artikel 1933–1986«

Band 18: »Autobiographie von Swami Narayanananda« (hier in einem Band – vorher separat in zwei illustrierten und kommentierten Bänden erschienen)

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Wer die Werke des Weisen, die weltweit besten zu den Themen Yoga und Religion nicht kennt, der kann nicht behaupten über den wahren Yoga Bescheid zu wissen.

Persönliche Anmerkung von Helmuth Maldoner:

Wenn diese Werke die weltweit besten sind, warum weiß angeblich niemand davon? Yoga-Lehrer und -Autoren kennen zumindest »Die Urkraft im Menschen«, welches als Standardwerk gilt. Dennoch wird Shrî Svâmî Nârâyanânanda in 999 von 1000 Büchern nicht erwähnt, er ist in praktisch keinem Literaturhinweis zu finden; dies ist dermaßen ungewöhnlich, daß der Gedanke an methodisches Verschweigen nicht abwegig ist.

Unsere Gesellschaft ist nach wie vor nicht bereit, bestimmte Dinge zu hören. Ein Erleuchteter beugt sich nicht dem Zeitgeist, er steht kompromißlos in der höchsten Wahrheit. Den Ur-Yoga (jener der Upanishaden und des Mahâbhârata), den wahren Yoga in seiner Strenge, das Festhalten an ewig gültigen ethischen Prinzipien kann eine moderne Yogawelt nicht akzeptieren.

Die Bedeutung von Brahmacharya, Hauptpfeiler der Lehre von Shrî Svâmî Nârâyanânanda, wird heruntergespielt oder verschwiegen. Viele kennen hier den Zusammenhang mit der Spiritualität nicht, oder sie weisen bewußt nicht darauf hin; wer heute Enthaltsamkeit predigt hat sehr wenige Anhänger und Freunde.

Weiter: Überall wird der Prânâyâma öffentlich gelehrt (gegen die alten Vorschriften); der einfachste Yogalehrer, selbst noch ein Suchender, weiht »Schüler« in die Meditation ein (gegen die alten Vorschriften); das im modernen Yoga beliebte Geistheilen lehnte Shrî Svâmî Nârâyanânanda als gefährlichen Mißbrauch übernatürlicher Kräfte ab.

Und noch andere Aspekte.

Auch Seine kristallklare, zwingende Yoga-Psychologie wollen die meisten nicht verstehen. Im Vorwort von »Die Urkraft im Menschen« (erschienen 1950) schrieb der Weise:

«My explanation of the mind, mind-stuff, desire and thought-functions may seem to be new and strange to many and many may not agree with me. And it may be that I may be alone in proclaiming this truth now. Still I am not in the least worried. For, Truth needs no prop to stand and it cannot be hidden for long. If the world is not prepared to receive the Truth now, it has to do it years hence.»

»Meine Erklärung des Geistes, des Gedächtnisspeichers, der Wünsche und Gedankenfunktionen mag vielen neu und fremd erscheinen, und viele mögen mir nicht zustimmen. Es mag sein, daß ich jetzt der einzige bin, der diese Wahrheit verkündet. Das beunruhigt mich aber nicht im geringsten. Denn die Wahrheit bedarf keiner Stütze und kann nicht lange verborgen bleiben. Wenn die Welt nicht bereit ist, die Wahrheit jetzt zu hören, so wird sie es in späteren Jahren tun müssen.«

Bei YouTube gibt es ein 40-Sekunden-Video (→ Link) von 2021, in dem ein junger Inder einige Buchcover von Shrî Svâmî Nârâyanânanda vorstellt. Mit dem Hinweis: »Weisheit von einem großen Yogi und Jnani. Jedes Wort ist eine kostbare Perle.« Ein Kommentator schreibt dazu: »Ich habe einen kompletten Satz Seiner Bücher. Jedes Wort von Ihm ist in der Tat eine wertvolle Perle. Es ist eine Tragödie, daß Er und Seine große Weisheit in Vergessenheit geraten sind.«

Ich verneige mich vor diesen jungen Menschen. Vielleicht gibt es Hoffnung für unsere todkranke Gesellschaft.

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Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahâraj verließ diese Welt am 26. Februar 1988 im südindischen Maisur (Mysore), in der Nähe Seines Geburtsortes. Im Verborgenen zu leben, Ehre, Ruhm, Macht und Reichtum verwerfend, aus reinem Erbarmen Wissen zu verbreiten, Wahrheitssucher zu inspirieren und zu führen – und am Ende unbemerkt seitens der Welt, in völliger Stille von dannen zu gehen, das sind die Zeichen erhabenster Größe und Heiligkeit.

 

Das Vermächtnis von Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj lautet:

«The Ultimate Truth is called God.

This, one can realize in the state of Nirvikalpa Samadhi.

A circle can have only one centre but it can have numerous radii.

The centre can be compared to God and the radii to religions.

So, no one sect, no one religion or book can make an absolute claim of it.

He who works for it gets it.»

»Die Letzte Wahrheit wird Gott genannt.

Dies kann man im Zustand des Nirvikalpa-Samâdhi verwirklichen.

Ein Kreis kann nur ein Zentrum, aber zahlreiche Radien haben.

Das Zentrum kann mit Gott verglichen werden und die Radien mit den Religionen.

Also kann keine Sekte, keine Religion oder Buch einen absoluten Anspruch darauf erheben.

Wer sich diese Wahrheit erarbeitet erlangt sie.«


 

«Never lose hope. Be full of high hopes and keep high ideals before you. Have infinite faith—faith in yourself, faith in God, faith in the words of your Guru and faith in the Scriptures. Never look down upon yourself. Never brood over your weaknesses, drawbacks, sins and falls. If you are a sinner today, you can be a Saint tomorrow, only if you will. Self-confidence will fill you with infinite strength and power. Good thoughts and noble deeds will make you great; improper desires, thoughts and acts will make you sink lower. The world is nothing but a projection of your own mind. As you think, so you become.» [aus: Swami Narayanananda. The Secrets of Mind-Control. Kapitel 11]

»Verliere niemals die Hoffnung. Sei voll von hohen Hoffnungen und halte dich an hohe Ideale. Habe unendlichen Glauben – Glauben an dich, Glauben an Gott, Glauben an die Worte deines Meisters und Glauben an die Heiligen Schriften. Schaue niemals auf dich herab. Grüble niemals über deine Schwächen, Nachteile, Sünden und Abstürze. Bist du heute ein Sünder, kannst du morgen ein Heiliger sein, wenn du nur willst. Selbstvertrauen wird dich mit unendlicher Kraft und Stärke füllen. Gute Gedanken und edle Taten werden dich groß machen; unrechte Wünsche, Gedanken und Handlungen lassen dich tiefer sinken. Die Welt ist nichts als eine Projektion deines eigenen Geistes. Wie du denkst, so wirst du.«

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»Meine Geschichte mit dem Meister«: → Link.

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Zehntausend Jahre Mantra-Japa [Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj]

«Saints did Japa and Sâdhana for 10,000 years ..., only then they could  succeed in Japa, Meditation and Yoga. But people want to be expert within 5–7 months only.»

»Heilige haben 10.000 Jahre lang Japa und Sâdhana praktiziert ..., nur so konnten sie in Japa, Meditation und Yoga Erfolg haben. Aber die Menschen wollen innerhalb von nur 5–7 Monaten Experten sein.«

Tiefgründige und für den Wahrheitssucher unendlich wichtige Worte von Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj (*? – †1973).

Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj

Japa = das Wiederholen des Mantras, des Namens Gottes
Sâdhana = die geistlichen Übungen, die Praxis auf dem spirituellen Weg
10.000 Jahre = über viele Inkarnationen; ein einziges Leben reicht nicht aus, um den Samâdhi zu erreichen.

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Der Sinn der menschlichen Geburt

«Human birth is rare and very difficult to get. Moksha or Freedom can be attained only through human birth. It is said that a Jîva (individual Soul) attains human life after 8 millions of births and deaths. Even after getting human life, to have a healthy body and a sharp intellect are very difficult. When a man gets all these things, he must make use of them to attain Moksha. If not, such a precious life becomes a mere waste.» [aus: Swami Narayanananda. A Practical Guide to Samadhi. Kapitel 19]

»Menschliche Geburt ist selten und sehr schwer zu erlangen. Moksha (Freiheit) kann nur durch menschliche Geburt erlangt werden. Es heißt daß eine Seele nach acht Millionen Geburten und Tode menschliches Leben erlangt. Selbst nach Erlangung menschlichen Lebens ist es sehr schwer, einen gesunden Körper und einen scharfen Intellekt zu haben. Hat ein Mensch all diese Dinge erlangt, muß er Gebrauch von ihnen machen, um Moksha zu erreichen. Tut er das nicht, ist solch ein kostbares Leben eine bloße Verschwendung.«


 

«To seek to know the significance of life is itself the result of good  karma in past births. Those who do not seek such knowledge are simply wasting their lives.» [Talks with Shrî Ramana Maharshi, Talk 558, 15. Oktober 1938]

»Nach dem Sinn des Lebens zu suchen ist das Ergebnis guten Karmas aus vergangenen Geburten. Jene, die nicht nach dieser Erkenntnis streben verschwenden nur ihr Leben.«


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Der Ur-Yoga in seiner reinsten Form

Talks with Sri Ramana Maharshi, 9. November 1935, Talk 94:

«A man prayed to the Master to pardon his sins. He was told that it would be enough if he took care to see that his mind did not trouble him.»

»Ein Mann betete zum Meister, ihm seine Sünden zu vergeben. Ihm wurde gesagt, daß es genügen würde wenn er darauf achtete, daß sein Geist ihn nicht beunruhigte.«

Warum ist das der Yoga in seiner reinsten Form? Weil er den Menschen auf den Punkt bringt, weil er auf die Essenz der Essenz verweist. Da ist keine Rede von Göttern, Ritualen und Sonstigem, was man gemeinhin als Hinduismus versteht. Das ist die reine Lehre der Upanishaden, Indiens höchste Form der Philosophie.

In den Talks gibt es einen weiteren fulminanten Merksatz (25. Dezember 1935, Talk 121), der mit wenigen Worten das Gleiche wie oben sagt. Ein Satz wie Blitz und Donner. Ein Besucher wollte den Meister über Gott befragen.

Bhagavân Shrî Ramana Maharshi unterbrach ihn sofort mit den Worten:

«Leave God alone because He is unknown. What about you?»

»Lass Gott in Ruhe, denn Er ist unbekannt. Was ist mit dir?«

»Die Welt ist nichts als eine Projektion deines eigenen Geistes. Wie du denkst, so wirst du.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj]

Das ist der Weg des wahren Yoga. Um noch einmal Bhagavân Shrî Ramana Maharshi zu zitieren:

«The Ultimate Truth is so simple. It is nothing more than being in the  pristine state. This is all that need be said. Still, it is a wonder that to teach this simple Truth there should come into being so many religions, creeds, methods and disputes among them and so on! Oh the pity! Oh the pity! […] Mature minds alone can grasp the simple Truth in all its nakedness.» [Talks with Shrî Ramana Maharshi, Talk 95, 13. November 1935]

»Die Letzte Wahrheit ist so einfach. Es ist nichts anderes als im Urzustand zu sein. Das ist alles, was darüber gesagt zu werden braucht. Dennoch ist es verwunderlich daß, um diese einfache Wahrheit zu lehren, so viele Religionen, Glaubensbekenntnisse, Methoden und Auseinandersetzungen unter ihnen entstehen mußten und so weiter. Wie bedauerlich, wie bedauerlich! […] Nur der reife Geist kann die einfache Wahrheit in all ihrer Nacktheit begreifen.«

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Die Essenz der Bhagavad-Gîtâ [VIII. 7]

»Was ist die Essenz der Bhagavad-Gîtâ? Denke immer an Mich, und kämpfe!« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj]

Die Shrîmad-Bhagavad-Gîtâ ist die Hl. Schrift des Yoga, der universalen Heilslehre; ein für jeden Wahrheitssucher hilfreicher Führer zum höchsten Ziel: »Die Loslösung von der Verbindung mit dem Leiden – dies wird Yoga genannt« [VI.23]. Was sie uns zur Möglichkeit der Erlösung, zur Überwindung »dieser unglücklichen Welt« [IX.33] sagt, ist einzigartig und macht sie zum Buch der Bücher.

Mit den Worten Wilhelm von Humboldt ist sie »das Tiefste und Erhabenste, was die Welt aufzuweisen hat«.

Die Essenz der BhGîtâ ist der erste Halbvers 7 des achten Gesanges – tasmât sarveshu kâleshu mâm anusmara yudhya cha. Die Worte werden sofort verständlich, wenn man die BhGîtâ als Ganzes studiert hat. Im anderen Falle präge man sich wenigstens den vorangehenden Vers 6 ein, denn 6 und 7 gehören zusammen.

yam yam vâpi smaran bhâvam tyajatyante kalevaram |
tam tam evaiti kaunteya sadâ tadbhâvabhâvitah || 6

»An welchen Seinszustand auch immer er denkt, wenn er am Ende den Körper aufgibt,
zu diesem allein geht er, o Arjuna, (weil er) ständig in (den Gedanken an) diesen Seinszustand vertieft (war).« (6) 

tasmât sarveshu kâleshu mâm anusmara yudhya cha |
mayy arpitamanobuddhir mâm evaishyasy asamshayah || 7

»Denke darum zu allen Zeiten an Mich, und kämpfe !
Mit Mir hingegebenem Geist und Verstand wirst du ohne Zweifel zu Mir kommen.« (7)

8, 6
Ein überragend wichtiger Vers, der zusammen mit dem nächsten gelesen werden muß. Daß der letzte Gedanke im Leben eines Menschen die Art seiner Wiedergeburt bestimmt, diesen Hinweis findet man in vielen Schriften. Es wird aber nicht gelingen, im Moment des Todes an Gott oder an höhere Dinge zu denken, wenn man nicht vorher, während des ganzen Lebens darin vertieft war. Gedanken prägen und werden Wirklichkeit; und die zu Lebzeiten stärksten Wünsche und Gedanken, welche im Gedächtnisspeicher aufbewahrt sind, werden im Augenblick des Abschieds mit aller Macht im Geist auftauchen und die nächste Geburt bestimmen (mit aller Macht = sie überwältigen ihn; der gewöhnliche Mensch kann den Fluß der letzten Gedanken nicht kontrollieren). Folgerichtig sagt Shrî Krishna im nächsten Vers: »Denke darum zu allen Zeiten an Mich!«

8, 7
Denke immer an Mich, und kämpfe! – das ist die Bhagavad-Gîtâ in einem einzigen Satz.

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»Erhebe dich! Erwache!« [Katha-Upanishad I.3.14]

Die Katha-Upanishad ist etwa 2500 Jahre alt; einer der so vielen Schätze Indiens. In der ganzen Welt berühmt wurde der erste Halbvers 14 von Kapitel I. 3 (uttishthata jâgrata prâpya varân nibodhata) durch Svâmî Vivekânanda. Er zitierte allerdings den Satz nur zur Hälfte wörtlich (Erhebe dich! Erwache!), das andere ist sinngemäß:

«Arise, awake ! And stop not till the Goal is reached!» • »Erhebe dich, erwache! Und ruhe nicht eher, als bis das Ziel erreicht ist!«

Der zweite Satz ist, wie gesagt, sinngemäß richtig. In den Begriffen des Originalverses sind allerdings so viele wichtige Dinge enthalten, daß eine wörtliche Übersetzung von Gewinn ist:

uttishthata jâgrata prâpya varân nibodhata |
kshurasya dhârâ nishitâ duratyayâ durgam pathas tat kavayo vadanti || 14

uttishthata = erhebe dich; jâgrata = wach auf; prâpya = zu erlangen, zu erreichen; varân = vara = 1. bester unter, der Beste; 2. Gnade, Gnadengeschenk. Man übersetzt hier zweifach und meint dasselbe: erlangt habend die Gnade, gefunden habend den Guru; nibodhata = lerne, erkenne, sei wachsam, wach, bewußt, schärfe das Bewußtsein; kshurasya = des Rasiermessers; dhârâ = Schneide, Klinge, Kante; nishitâ= scharf, gewetzt, geschärft; duratyayâ = schwer zu überschreiten, zu ergründen; durgam = unwegsam, unzugänglich; pathah = Pfad, Weg; tat = dies, so; kavayah = die Weisen; vadanti = sagen, sprechen

Etwas genauer zu prâpya varân nibodhata 

prâpya ist das Gerundiv von pra + âp = erreichen, erlangen, erhalten, antreffen. Ein Gerundiv ist laut Duden »eine als Adjektiv fungierende Verbform mit passivischer Bedeutung, die eine Notwendigkeit ausdrückt«. Zum Beispiel: kar = tun; kartavya = was getan werden muß; bhû = sein; bhavya = was sein soll. Mit den Worten von H. C. Kellner »wird das Gerundiv durch Nebensätze mit indem oder nachdem übersetzt; es drückt also sowohl die gleichzeitige als auch die vollendete Handlung aus«. prâpya = »was erlangt werden muß« und »nachdem es erlangt wurde«. Die häufigste Wiedergabe lautet: »Erlangt habend die Gnade der Besten, sei wachsam!« Es kann auch heißen: »Sei wachsam, um die Gnade der Besten zu erlangen!« Mit gleicher Bedeutung, denn gesagt wird damit: Du brauchst eine Führung, weil der Weg schwer zu gehen ist. 

varân. Nach Shrî Shankarâchârya sind mit dem Plural varân gemeint: die Besten, die verwirklichten Gurus. In der Übersetzung unten stehen beide Begriffe (»die Gnade« und »die Besten«) vereint, weil es genau den Sinn von varân trifft: Erlangt habend die Gnade des Guru … 

nibodhata ist der Imperativ (Befehl, Aufforderung) von ni + budh. Das Verbum budh ist eines von vielen Beispielen dafür, daß Sanskritbegriffe schlecht mit nur einem Wort übersetzbar sind. budh heißt nicht nur »erkennen, bemerken, wahrnehmen, achten auf«, sondern im eigentlichen Sinn »wachen, erwachen, wachsam sein, zum Bewußtsein kommen«, wie man am Buddha (»der Erwachte«) sieht. nibodhata = sei wach! Sei wachsam! Werde dir bewußt!

Dieser in die tiefsten Tiefen gehende Sanskritvers kann wie das Bhaja-Govindam und ähnliche Perlen als Essenz des spirituellen Weges angesehen werden. Was wird gesagt? Erstens: Wach auf aus deinem Schlaf der Verblendung (»du Tor«, wie Shrî Shankara anfeuert), strebe nach dem höheren Sinn des Lebens; suche den Guru und öffne dein Bewußtsein für die von ihm enthüllte Wahrheit. Zweitens: Ohne Guru geht es nicht, denn der unwegsame, schwer zu gehende geistige Pfad ist vergleichbar mit dem Gang auf der Schneide eines Rasiermessers.

uttishthata jâgrata prâpya varân nibodhata |
kshurasya dhârâ nishitâ duratyayâ durgam pathas tat kavayo vadanti |
| 14

»Erhebe dich! Erwache! Erlangt habend die Gnade der Besten, sei wachsam!
Schwer zu gehen ist auf des Messers Schneide; (so) der unwegsame Pfad (des Yoga), sagen die Weisen.«

Zwei von mehreren schönen englischen Übersetzungen seien angefügt (die Quellen sind mir leider entfallen). Die etwas freiere zweite trifft mit der Aussage über den Guru die Sache auf den Punkt und erklärt gut die Wortwahl von Svâmî Vivekânanda.

«Arise, awake, enlighten yourself by resorting to the great (teachers), for that path is sharp as a razor's edge, difficult to tread and hard to go by, say the wise.»

«Arise! Awake! Realise and achieve the Highest with the help of the illumining, guiding and fulfilling Masters. The path is as sharp as the edge of a razor, difficult to cross, hard to tread – so declare the wise sages.»

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Der Friedensmantra »pûrnam adah …« [Îsha-Upanishad, Anrufung]

Dieser Shântimantra (shânti = Frieden) ist gleich in zwei der zehn bedeutendsten indischen Upanishaden zu finden; als öffnende Anrufung in der Îsha und im fünften Kapitel der altehrwürdigen Brihadâranyaka.

Der Mantra pûrnam adah … ist einer der wichtigsten überhaupt (im Deutschen hat sich das Mantra durchgesetzt; ich bevorzuge klassisch der Mantra). Bereits das bloße Aussprechen reinigt die psychische und ätherische Atmossphäre, erzeugt eine Schwingung des Friedens, richtet den Geist auf das Höhere. Was hier ausgesagt wird zeugt davon, daß der indische Geist zu einer Zeit, als wir noch mit Fellen bekleidet durch die Wälder streiften, die höchsten Höhen erklommen hatte. Die Worte des pûrnam adah … sind die Essenz der Geistigkeit, sie handeln vom Brahman (»das Eine ohne ein Zweites«) und können intellektuell nicht begriffen werden, denn sie sind Worte der großen Seher. Nur wer den Zustand des Nirvikalpa-Samâdhi erreicht hat weiß wirklich, was hier gemeint ist.

pûrnam adah pûrnam idam pûrnât pûrnam udachyate |
pûrnasya pûrnam âdâya pûrnam evâvashishyate ||

»Jenes (ist) das Volle; dieses (ist) das Volle. Aus dem Vollen kommt das Volle hervor.
Von dem Vollen das Volle genommen, bleibt wahrlich (nichts als) das Volle.«

Eine freie Wiedergabe

»Jenes nichtoffenbare, unveränderliche, ewige Sein ist Brahman (Gott im formlosen Aspekt); dieses vergängliche, sichtbare Universum ist Brahman (alle Welten als Gott mit Form), denn es ist aus dem Brahman hervorgegangen. Obgleich durch das Offenbarwerden scheinbar Brahman von dem Brahman genommen wird (= die Schöpfung ein Teil Gottes), bleibt wahrlich das Brahman unveränderlich, immer es selbst.«

Zum Inhalt

Eine Hilfe zum Verständnis des pûrnam adah gibt die Bhagavad-Gîtâ: »Wenn er sieht, daß das Gesondert-Dasein der Wesen in dem Einen sich befindet und nur von diesem (Einen) her sich ausbreitet, dann geht er in das Brahman ein.« (XIII. 27 + 31)

In Seinem Werk »The Gist of Religions« gibt Shrî Svâmî Nârâyanânanda eine ausführliche Erklärung des pûrnam adah. Sein einleitender Satz lautet:

»Ein sorgfältiges Studium und ein wenig tiefes Nachdenken über diesen einen Mantra enthüllt den ganzen Kern der Vedânta-Philosophie und stellt die Position oder Beziehung von Brahman (Gott) zum Universum fest.«

Daß das Ganze und seine Teile, das Eine und das Viele eins sind, daß es also das Viele im Grunde gar nicht gibt, das vermag nur der Erleuchtete glaubhaft zu sagen. Im Falle von uns Normalsterblichen wäre eine derartige Aussage »Bücherweisheit«, wie es in den Upanishaden herablassend heißt, leeres Geschwätz. Wer in den Nirvikalpa-Samâdhi eingeht, für den existiert die Welt nicht mehr. Wer viele einzelne Dinge sieht, erkennt das Brahman nicht. Jener, der aus dem Samâdhi zurückkehrt, er allein kann in der Vielheit der Wesen und Dinge das Eine sehen. Der Mantra pûrnam adah ist eine Hilfe auf dem Weg, eine ständige Erinnerung, diesen Zustand erreichen zu können.

Von Shrî Râmakrishna Paramahamsa hören wir:

«It is easy to argue and prove that the world around us is false, that it is all an illusion and the Supreme Brahman alone is the truth. But a logical proof of Brahman as the sole reality does not amount to experience or realization of Brahman. Between intellectual knowledge and spiritual experience, there is a world of difference. […] By dialectics we reach the conclusion that the Supreme Brahman alone is true, that the Jîvas and the multiform things of the universe around us are only an appearance. Yet, the conclusion does not enter and transform our heart and mind. The conclusion that we have reached intellectually stands apart and does not touch and mould our life. It is not yet part of our innermost being. The conclusion that we arrive at by much learning and by much verbal argument remains with us like the burden on the donkey's back. It does not enter into our being. The professed adherents of the Mâyâ theory, curiously enough, seem very anxious about their daily food and raiment. Trifles worry us and we lose our temper far too easily. Our knowledge of the truth does not always influence our conduct. Advaita is not an easy thing. It involves discipline and worship.» [aus: C. Rajagopalachari. Sri Ramakrishna Upanishad]

"Es ist leicht zu argumentieren und zu beweisen, daß die Welt um uns herum falsch ist, daß alles eine Illusion ist und das Höchste Brahman allein die Wahrheit ist. Aber ein logischer Beweis, daß das Brahman die einzige Realität ist, führt nicht zur Erfahrung oder Verwirklichung des Brahman. Zwischen intellektuellem Wissen und spiritueller Erfahrung besteht ein himmelweiter Unterschied. […] Durch Dialektik kommen wir zu dem Schluß, dass das Höchste Brahman allein wahr ist, dass die einzelnen Seelen und die vielgestaltigen Dinge des Universums um uns herum nur eine Erscheinung sind. Doch diese Schlußfolgerung dringt nicht in unser Herz und unseren Geist ein und verwandelt sie. Die Schlußfolgerung, zu der wir intellektuell gelangt sind, steht für sich und berührt und prägt unser Leben nicht. Sie ist noch nicht Teil unseres innersten Wesens. Die Schlußfolgerung, zu der wir durch viel Lernen und durch viele verbale Argumente gelangen, bleibt bei uns wie die Last auf dem Rücken eines Esels. Sie geht nicht in unser Wesen ein. Die erklärten Anhänger der Illusionstheorie scheinen, seltsam genug, sehr besorgt zu sein um ihre tägliche Nahrung und Kleidung. Kleinigkeiten beunruhigen uns und wir verlieren viel zu leicht die Beherrschung. Unser Wissen um die Wahrheit hat nicht immer Einfluß auf unser Verhalten. Advaita ist keine einfache Sache. Es erfordert Disziplin und Verehrung."

Zur Rezitation

Dieser Mantra ist eine klassische Anrufung und wird vor der Meditation, vor und nach dem Studium der Schriften, beim Satsanga (Treffen mit spirituellen Menschen) rezitiert. Er erzeugt die rechte atmosphärische Schwingung. Es versteht sich von selbst daß diese Schwingung auch dann zustandekommt wenn das pûrnam adah nicht korrekt gesprochen wird, alles ist eine Frage der inneren Haltung. Genauso natürlich ist aber, daß es, wie alle Mantras, bei korrekter Aussprache besser wirkt.

Die meisten westlichen Rezitationen und Vertonungen des purnam adah sind schlimm, eine Verhunzung heiligster Worte. Aber auch in Indien hat man nicht immer die Garantie einer korrekten Aussprache, seltsam. Sehr gut ist diese Rezitation.

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BHAJA-GOVINDAM [Shrî Shankarâchârya]

Eine Hymne gegen die Verschwendung von Zeit und Energie

Dieses unsterbliche Werk wird auch genannt Moha-Mudgara »der Hammer (mudgara) der die Verblendung (moha) zerschmettert«.

Zur Entstehung des Bhaja-Govindam
Shrî Shankara hielt sich einst auf einer Wallfahrt in Kâshî (Varanasî, Benares) auf. Dort ging er eines Morgens in Begleitung seiner Schüler zum Ganges, um ein Bad zu nehmen. Auf dem Weg hörte er eine Stimme, die Rezitation von Grammatikregeln der Sanskritsprache. Er ging der Stimme nach und traf auf einen alten Gelehrten, der eifrig dabei war die Aphorismen des Pânini aufzusagen, des größten Grammatikers Indiens. Dies bewegte Shri Shankara, und er wurde von Mitleid erfüllt angesichts der Ignoranz eines Gelehrten, dem selbst im hohen Alter, bei der wenigen noch vorhandenen Zeit und Energie, eine intellektuelle Leistung wichtiger war als die Grundfrage nach dem Sinn des Lebens und nach der Befreiung aus der Gefangenschaft im Samsâra. Wir verschwenden die kostbare menschliche Geburt für Weltliches, für den Genuß der Sinne, das ist der Lauf der Dinge. Je näher aber der Zeitpunkt des Abschieds kommt, desto mehr sollte der Gedanke an das Heil der Seele überwiegen; etwas anderes wird aus spiritueller Sicht als Sinnlosigkeit und Torheit bezeichnet. So richtete sich Shrî Shankara an den Alten und begann mit den berühmten Worten: »Gib dich Gott hin, du törichter Geist! Ist die Zeit des Todes gekommen, können dich Grammatikregeln gewiß nicht retten …«

Zur Übersetzung von Vers 1
GOVINDA ist einer der vielen Namen von Shrî Krishna und bedeutet bei Shankaras universaler Aussage Gott, das alldurchdringende »uranfängliche Wesen, aus dem das ewige Werden hervorströmt« (Bhagavad-Gîtâ). BHAJ = lieben, verehren, sich hingeben. Im Deutschen liest man für »bhaja Govindam« einstimmig »verehre Govinda«, was eventuell nicht umfassend genug ist. Von Shrî Krishna wird in der Bhagavad-Gîtâ gesagt: »Jene die Mich verehren, indem sie alle Handlungen Mir weihen, mich als Höchstes ansehen, mit auf nichts anderes gerichteter Hingabe über Mich meditieren – diesen, o Arjuna, werde ich zum Retter aus dem Ozean des tödlichen Samsâra!« Richte deinen Geist auf Gott / gib dich Gott hin – das ist die sinnvollste Wiedergabe. MÛDHA = töricht, betört, verwirrt, verblendet, dumpf, kein klares Bewußtsein habend. »Du Narr, du Tor« – Shankaras Wortwahl ist nicht eine Beleidigung eines alten Lehrers, vielmehr die in ihrer Energie liebevolle Aufforderung, die Dinge endlich in der gebotenen Klarheit zu sehen.

Die universale Bedeutung des Bhaja-Govindam
Wer Shankaras Worte einzig an den Gelehrten gerichtet glaubt, wird das wundervolle Gedicht mißverstehen. Spätestens beim zweiten und dritten Vers kämen dann Zweifel auf, da dort vom Hängen am Reichtum und von der Wollust die Rede ist – Dinge, denen der Alte vermutlich entwachsen war. Belehrungen der Meister, selbst wenn sie dem Einzelnen gelten, sind universale Wahrheiten. Man kann seine Zeit mit diesem und jenem, mit so vielem verschwenden. So steht in dieser Hymne »Grammatikregeln« für »nutzloses Wissen«; nutzlos, weil es das Rätsel des Lebens nicht lösen kann. Und Shri Shankara nutzt den Moment, um noch Anderes zu nennen, was ein Finden des Selbst verhindert.

Wenn im dritten Vers drastisch von der Anziehungskraft des weiblichen Körpers gesprochen wird sollte man bedenken, daß der Text über tausend Jahre alt ist. Es sind nicht nur die Männer in Gefahr, sich in den Freuden der Sinne zu verlieren; Brahmacharya, ein Leben in Reinheit und Enthaltsamkeit, gilt für beide Geschlechter. Es gilt, den Geist des Geschriebenen zu verstehen. Wenn Shrî Râmakrishna vor den beiden Gefahren »Frauen und Gold« warnte, war das eine damals bekannte und beliebte Redewendung. Wirklich gemeint sind jedoch nicht die Frauen und das Gold, sondern die Wollust und das Hängen am Materiellen. Die Botschaft der Bhagavad-Gîtâ lautet: »Dreifach ist das Tor zur Hölle, das zur Selbstzerstörung führt: Wollust, Zorn und Gier. Darum gebe man diese drei auf! Der Mensch, der von diesen, den drei Toren zur Finsternis, sich befreit hat, o Arjuna, wirkt für sein Heil und geht daher den höchsten Weg.«

♦ ♦ ♦

Vers 1 (bhajagovindam bhajagovindam … Richte den Geist auf Gott, richte den Geist auf Gott …) wird als Refrain nach jedem der weiteren Verse wiederholt.

♦ ♦ ♦

bhajagovindam bhajagovindam govindam bhajamûdhamate |
samprâpte sannihite kâle nahi nahi rakshati dukriñkarane || 1 

»Richte den Geist auf Gott, richte den Geist auf Gott, auf Gott richte den Geist, du Tor!
Ist der Zeitpunkt des Todes gekommen, können dich Grammatikregeln gewiß nicht retten.« [1)]
 

bhaja = gib dich hin, richte deinen Geist auf … govinda = Gott; mûdha = verwirrt, dumpf, kein klares Bewußtsein habend, dumm, töricht, verblendet; mûdhamate = du törichter Geist; samprâpta = (wenn du) erreicht (hast); sannihita = in der Nähe befindlich, bevorstehend, die Gegenwart, das Herankommen; kâla = der Zeitpunkt (des Todes); nahi = na = nicht; hi = gewiß, wahrlich; rakshati = behütet, schützt, rettet (dich); dukriñkarana = eine Grammatikformel aus Pâninis Buch [1]

mûdha jahîhi dhanâgamatrishnâm kuru sadbuddhim manasi vitrishnâm |
yallabhase nijakarmopâttam vittam tena vinodaya chittam || 2 

»O Narr! Gib hier auf Erden den Durst nach Erwerb von Besitz auf; frei von Gier, fülle den Geist mit heiligen Gedanken.
Sei zufrieden mit dem, was dir als Frucht der eigenen Handlungen zukommt.« [2]

mûdha = Narr; jahîhi = jahi = gib auf; iha = hier auf Erden; dhanâgamatrishnâm = trishnâ = den Durst, die Gier, das Verlangen; âgama = Erwerb; dhana = Besitz, Reichtum; kuru = tue, mache; sadbuddhim = sat = gut, rein, heilig; buddhi = Bewußtsein; manasi = im Geist; vitrishnâ = frei von Gier; yallabhase = yat = was immer; labhase = du erhältst; nijakarmopâttam = nija = eigen; karma = Werk, Handlung; upâtta = erhalten; vitta = Besitz, Habe; tena = so, auf diese Weise, dadurch; vinodaya = unterhalte, vergnüge dich, sei zufrieden damit; chitta = Geist [2]

nârîstanabhara nâbhîdesham drishtvâ mâgâmohâvesham |
etanmâmsâvasâdi vikâram manasi vichintaya vâram vâram || 3 

»Laß dich nicht ergreifen von der Verblendung (der Lust), wenn du die vollen Brüste und den Nabel der Frauen siehst.
Der Körper ist eine Zusammensetzung von Fleisch, Fett und anderem. Denke darüber nach, wieder und wieder.« [3]

nârîstanabhara = nârî = Frau; stana = Brust; bhara = ernährend, erhaltend, voll (mit Milch); nâbhîdesham = nâbhi = Nabel; desha = Ort, Gegend; drishtvâ = gesehen habend; mâgâmohâvesham = mâ = nicht; gâ = gehen, sich begeben zu; moha = Verblendung, Betäubung; âvesha = Benommensein, Ergriffensein; etanmâmsâvasâdi = etad = dies; mâmsa = Fleisch; vasâ = Fett; adi = und so weiter, und anderes, und dergleichen; vikâra = Produkt, Erzeugnis, Umwandlung, Veränderung; manasi = im Geist; vichintaya = denke nach; vâram vâram = wieder und wieder, häufig, oft [3]

nalinîdalagata jalamatitaralam tadvajjîvitamatishayachapalam |
viddhi vyâdhyabhimânagrastam lokam shokahatam cha samastam || 4 

»Wie ein auf dem Lotusblatt schwankender Wassertropfen, ebenso höchst unbeständig ist das Leben.
Erkenne daß die ganze Welt von Krankheit, Selbstsucht und Kummer verzehrt wird.« (4)

nalinîdalagata = nalinî = Lotusblume; dala = Blatt; gata = gegangen, befindlich; jalamatitaralam = jala = Wasser; ati = überaus, sehr; tarala = schwankend, zitternd, unbeständig; tadvajjîvitamatishayachapalam = tadvat = ebenso, gleichfalls; jîvita = Leben; atishaya = überaus, sehr, in hohem Grad; chapala = schwankend, unstet, beweglich; viddhi = wisse; vyâdhyabhimânagrastam = vyâdhi = Krankheit; abhimâna = Eigendünkel, Hochmut, Wahn; grasta = verzehrt, geschluckt, gefressen, ergriffen, gepackt; loka = die Welt; shokahatam = shoka = Kummer, Schmerz; hata = geschlagen, getroffen, geplagt von, leiden an; cha = und; samasta = alle, ganz, insgesamt [4]

yâvadvittopârjana saktah tâvannija parivâro raktah |
pashchâjjîvati jarjara dehe vârttâm ko'pi na pricchati gehe || 5 

»Solange jemand fähig ist Geld zu verdienen, hängen die Angehörigen an ihm.
Später, wenn er in einem gebrechlichen Körper lebt, fragt niemand im Haus nach ihm.« [5]

yâvadvittopârjana = yâvat = so lange als, wie weit; vitta = Besitz, Geld, Vermögen; upârjana = Erwerb; sakta = beschäftigt mit, gewidmet, hängend an, erfüllt von; tâvannija = tâvat = so lange, so weit; nija = eigen; parivâra = Familie, Umgebung, Gefolge; raktah = eingenommen von, hängend an, entzückt; pashchâjjîvati = pashchât = später, hinterher; jîvati = lebt; jarjara = gebrechlich, zerschlagen; dehe = im Körper; vârttâ = Nachricht, Wort, Erkundigung, »was gibt es Neues?«; ko'pi = ka api = wer auch immer, irgendjemand; na = nicht; pricchati = fragt nach, erkundigt sich; gehe = im Haus [5]

yâvatpavano nivasati dehe tâvatpricchati kushalam gehe |
gatavati vâyau dehâpâye bhâryâ bibhyati tasminkâye || 6 

»Solange der Atem im Körper wohnt, erkundigt sich jeder im Haus nach dem Wohlbefinden.
Wenn aber die Lebenskraft den Körper verlassen hat, fürchtet sich sogar die Gattin vor diesem Körper.« [6]

yâvat = so lange als; pavana = Wind, Atem; nivasati = wohnt, lebt; dehe = im Körper; tâvat = so lange; pricchati = fragt nach, erkundigt sich; kushala = Wohlbefinden; gehe = im Haus; gatavati = gegangen; vâyau dehâpâye = Lok. von vâyu = Lebenskraft; deha = Körper; apâya = Weggang; bhâryâ = Gattin; bibhyati = fürchtet sich, ist in Furcht, erschreckt sich; tasminkâye = vor diesem (tad) Körper (kâya) [6]

bâlastâvatkrîdâsaktah tarunastâvattarunîsaktah |
vriddhastâvaccintâsaktah pare brahmani ko'pi na saktah || 7   

»Als Kind hängt man am Spiel; als Jüngling an der jungen Frau.
Im Alter ist man erfüllt von Sorge. (Ach!) Niemand ist erfüllt vom höchsten Brahman.« (7)

bâla = Kind; tâvat = so lange, so weit; krîdâ = Spiel; sakta = hängend an, beschäftigt mit, erfüllt von; taruna = Jüngling; tâvat = so lange, so weit; tarunî = Mädchen; sakta = hängend an, beschäftigt mit, erfüllt von; vriddha = alt, groß, erwachsen; tâvaccintâsaktah = tavât = so lange, so weit; cintâ = Sorge; sakta = hängend an, beschäftigt mit, erfüllt von; pare (auch zu lesen: parame) brahmani ko'pi na saktah = ka api = irgendjemand; na = nicht; sakta = hängend an, beschäftigt mit, erfüllt von; para oder parama brahman = höchstes Brahman, Gott [7]

kâte kântâ kaste putrah samsâro'yamatîva vichitrah |
kasya tvam kah kuta âyâtah tattvam chintaya tadiha bhrâtah || 8 

»Wer ist deine Frau? Wer ist dein Sohn? Höchst seltsam ist dieser Samsâra.
Von wem bist du? Von wo bist du gekommen? O Bruder, denke hier über die Wahrheit nach.« (8)

kâte = kâ = wer (als negative Frage); te = deine; kântâ = Frau; kaste (ka + te) putrah = wer dein Sohn; samsâro'yamatîva = samsâra = der Kreislauf der Geburten und Tode; ayam = dieser; atîva = höchst; vichitra = seltsam; kasya = von wem; tvam = du; kah kuta = von wo; âyâtah = gekommen, erreicht, angekommen; tattva = Wahrheit; chintaya = denke nach; tad iha = dies hier (bedeutet: diese Dinge betreffend, denke nach, was die Wahrheit ist); bhrâtar = Bruder [8]

satsangatve nissangatvam nissangatve nirmohatvam |
nirmohatve nishchalatattvam nishchalatattve jîvanmuktih || 9  

»Die Gemeinschaft mit Wahrheitssuchern führt zum Nicht-Anhaften; durch das Nicht-Anhaften entsteht das Freisein von Verblendung.
Das Freisein von Verblendung führt zur eigenen wahren Natur. Die Erkenntnis der eigenen wahren Natur ist die Erlösung.« [9]

satsangatve = durch den satsanga = die Gemeinschaft (sanga) mit den Guten, Reinen (sat); nissangatva= das Nicht-Anhaften; nissangatve = vom Nicht-Anhaften; nirmohatva = das Freisein von Verblendung; nirmohatve = durch das Freisein von Verblendung; nishchalatattvam = nishchala = unbeweglich, unwandelbar, unveränderlich; tattva = das wahre Wesen, Wahrheit; nishchalatattve = durch die Verwirklichung des wahren Wesens, der eigenen wahren Natur; jîvanmukti = jîvat = lebend; mukti = Erlösung, Befreiung (jîvanmukti = die Befreiung zu Lebzeiten) ([9]

vayasigate kah kâmavikârah shushke nîre kah kâsârah |
kshînevitte kah parivârah jñâte tattve kah samsârah || 10  

»Welche ist die Lust, wenn die Jugend gegangen ist? Wo ist der Teich, wenn das Wasser verdunstet ist?
Wo ist das Gefolge, wenn der Reichtum veschwunden ist? Wo ist der Samsâra, wenn man die Wahrheit erkannt hat?« [10]

vayasigate = vayas = Jugend, das kraftvolle Alter, Energie, Gesundheit; gata = gegangen; ka = wer, was, welches; kâmavikâra = Lust, Leidenschaft; shushka = trocken, dürr; nîra = Wasser; ka = wer, was, welches; kâsâra = Teich, See; kshînevitte = kshîna = verschwunden, untergegangen; vitta = Besitz, Habe, Reichtum; ka = wer, was, welches; parivâra = Familie, Angehörige, Freunde, wörtl. »das Gefolge, die Begleitung«; jñâte = erkannt habend; tattve = die Wahrheit; ka = wer, was, welches; samsâra = der Kreislauf der Geburten und Tode, das Getriebe der Welt [10]

mâ kuru dhana jana yauvana garvam harati nimeshâtkâlah sarvam |
mâyâmayamidamakhilam buddhvâ (auch: hitvâ) brahmapadam tvam pravisha viditvâ || 11 

»Sei nicht stolz auf Besitz, Freunde, Jugend. Dies alles nimmt die Zeit in einem Augenblick weg.
Ist dir zum Bewußtsein gekommen daß all dies aus Täuschung besteht, erkenne das Brahman und gehe darin ein.« [11]

mâ= nicht; kuru = tue, mache; dhana = Besitz, Reichtum; jana = »die Leute« (hier: die Nahestehenden); yauvana = Jugend; garva = Stolz, Hochmut; harati = raubt, nimmt weg; nimeshâtkâlah = nimesha = Augenblick; kâla = Zeit; sarvam = alles; mâyâmayamidamakhilam = mâyâmaya = aus Täuschung (mâyâ) bestehend (maya); idam = dies; akhila = alles, restlos, lückenlos; buddhvâ = zum Bewußtsein gekommen seiend. Statt buddhvâ findet man auch die Lesart hitvâ =   aufgegeben, verlassen habend. Der zweite Halbvers lautet dann: »All   dies aus Täuschung Bestehende aufgegeben habend, erkenne das Brahman und   gehe darin ein.« brahmapada = die Stätte Brahmans, der Brahman-Zustand; tvam = du; pravisha = gehe ein; viditvâ = erkannt habend [11]

dinayâminyau sâyam prâtah shishiravasantau punarâyâtah |
kâlah krîdati gacchatyâyuh tadapi na muñchatyâshâvâyuh || 12 

»Tag und Nacht, Abenddämmerung und Morgengrauen, Winter und Frühling, sie kommen und gehen.
Die Zeit spielt, das Leben schwindet dahin. Aber der Sturm der Wünsche läßt (seinen Griff) nicht los.« (12)

dinayâminyau = dina = Tag; yâminî = Nacht; sâya = Abend; prâta = früh morgens; shishiravasantau = shishira = Winter; vasanta = Frühling; punarâyâtah = punar-âyâti = das Wieder-Kommen; kâla = Zeit; krîdati = spielt; gacchatyâyuh = gacchati = geht; âyu = Leben, Lebenszeit; tad api = hat hier die Bedeutung »aber, dennoch, gleichwohl, nichtsdestoweniger«; na = nicht; muñchatyâshâvâyuh = muñchati = gibt auf, läßt los, läßt frei; âshâ = Wunsch, Hoffnung; vâyu = Wind (bedeutet hier »Sturm«) [12]

♦ ♦ ♦

Diese Worte (1–12) stammen von Shrî Shankara selbst. Vers 13 (andere Zählart: 12a) ist eine Einfügung und wird nicht von allen rezitiert:

dvâdashamañjarikâbhirasheshah kathito vaiyâkaranasyaishah |
upadesho bhûdvidyânipunaih shrîmacchankarabhagavaccharanaih || 13 (oder 12a)  

»Diese Unterweisung wurde als Strauß mit zwölf (Vers-)Blüten einem Grammatiker gegeben vom allwissenden, göttlichen Shrîmat Shankara.« (13 oder 12a)  

Die nächsten Verse (das Werk umfaßt 31, mit Einfügungen – ähnlich 12a – 33 oder 34 Strophen) wurden später von den inspirierten Schülern Shankaras verfaßt, die bei der Belehrung in Kâshî anwesend waren. Man singt das Bhaja-Govindam in unterschiedlicher Verszahl; hier werden Shankaras originale Worte an den alten Gelehrten bevorzugt (1–12). Ab Vers 14 (andere Zählart: 13) ist ein großer Unterschied, in meinen Augen sogar ein deutlicher Bruch zu erkennen. Die Verse der Schüler sind klassisch und schön, dennoch fehlt die unvergleichliche, konzentrierte Direktheit des überragenden Meisters. Die traditionelle Anschauung ist aber, daß die letzten vier oder fünf Verse wiederum von Shrî Shankara sind, der damit dem auf diese Weise entstandenen Werk seinen Segen gab. Daran ist kaum zu zweifeln, schließt doch das Bhaja-Govindam im Vers 34 (andere Zählart: 33) mit den wundervollen Worten:

bhajagovindam bhajagovindam govindam bhajamûdhamate |
nâmasmaranâdanyamupâyam nahi pashyâmo bhavatarane || 34 (oder 33)  

»Richte den Geist auf Gott, richte den Geist auf Gott, auf Gott richte den Geist, du Tor!
Wahrlich, außer der Erinnerung an den Namen Gottes gibt es keinen anderen Weg, den leidvollen Ozean des Lebens zu überqueren.« [34 oder 33]

bhaja = richte den Geist auf … govinda = Gott; mûdhamate = du törichter Geist; nâma = der Name (Gottes); smaranâ = das Gedenken, die Erinnerung; hat hier die klassische Bedeutung »Mantra-Japa«, die Wiederholung des Namens Gottes; anya = anderes; upâyam = Mittel, Art und Weise, Ausweg; na = nicht; hi = gewiß, wahrlich; pashyâmo = sehen wir; bhavatarane = bhava = das Entstehen, Geburt, Existenz, Leben, Welt; tarana = das Hinübersetzen, Überwinden, Retten; Floß, Boot [34 oder 33]

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Die Essenz des Yoga [Maitrî-Upanishad VI. 34]

»Der eigene Geist, wahrlich, ist der Samsâra; ihn zu reinigen soll man sich bemühen. So wie man denkt, so wird man – das ist das ewige Geheimnis!« [Maitrî-Upanishad]

Von den Lehren des Weisen Maitrî wird der 34. Abschnitt des 6. Kapitels am häufigsten zitiert, weil er die Essenz des Yoga ist. Mehr muß ein Sucher der Wahrheit nicht wissen. Es sei besonders auf den zweiten Halbvers 3 hingewiesen, er ist die Essenz der Essenz: yach chittas tanmayo bhavati guhyam etat sanâtanam – »So wie man denkt, so wird man; das ist das ewige Geheimnis!«

Ein Kommentar zu VI. 34 erübrigt sich, alles ist klar. Nur zu Vers 8: »bis er zum Untergang gegangen ist (kshayam gatam)« bedeutet: bis er sich auflöst; und »eine Ausdehnung der Knoten (grantha-vistarâh)« heißt: eine Verstärkung der Fessel, die an den Samsâra, an den leidvollen Kreislauf der Geburten und Tode bindet. Man findet dafür auch die freie Wiedergabe »das ist die Freiheit! Alles andere sind unnütze Worte, oder: alles andere ist Bücherweisheit.« Schließlich Vers 10: »Wie man Wasser nicht von Wasser unterscheiden kann …« bedeutet: Mit dem Auflösen des Geistes ist die Vielheit verschwunden, es gibt nur noch das Eine ohne ein Zweites.

Der Abschnitt 34 beginnt mit den Worten »… hier erreicht der Yogin den Zustand des geistigen Friedens (manah-shânti-padam). Er richtet den Geist auf das Selbst. Dazu gibt es diese Verse«:

yathâ nirindhano vahnih svayonâv upashâmyate |
tathâ vritti-kshayâch chittam svayonâv upashâmyate || 1

»Wie Feuer ohne Brennstoff im Herd erlöscht,
so erlischt der Geist in seinem Ursprung, wenn die Unruhe des Denkens aufhört.« (1)

svayonâv upashântasya manasah satyakâmatah |
indriyârtha-vimûdhasyânritâh karma-vashânugâh || 2

»Das Denken kommt zur Ruhe in seinem Ursprung für den, der sich nach Wahrheit sehnt.
Wer aber von den Sinnesobjekten verwirrt ist, lebt in der Unwahrheit als Folge seines Handelns.« (2)

chittam eva hi samsâram tat prayatnena shodayet |
yach chittas tanmayo bhavati guhyam etat sanâtanam || 3

»Der (eigene) Geist, wahrlich, ist der Samsâra; ihn zu reinigen soll man sich bemühen.
So wie man denkt, so wird man; das ist das ewige Geheimnis!« (3)

chittasya hi prasâdena hanti karma shubhâshubham |
prasannâtmâtmani sthitvâ sukham avyayam ashnute || 4

»Durch den Frieden des Geistes vernichtet er die (Folgen der) guten und schlechten Werke.
Mit friedvollem Geist im Selbst ruhend, erlangt er unvergängliche Freude.« (4)

samâsaktam yathâ chittam jantor vishaya-gochare |
yady evam brahmani syât tat ko na muchyeta bandhanât || 5

»Wenn die Menschen ebensosehr an Gott hingen wie sie an den Sinnesobjekten hängen,
wer würde dann nicht aus der Gefangenschaft befreit?« (5)

mano hi dvividham proktam shuddham châshuddam eva cha |
ashuddham kâmasamparkât shuddham kâma-vivarjitam || 6

»Der Geist eines Menschen ist zweifach: rein und unrein.
Unrein durch die Berührung mit den Wünschen; rein, wenn von Wünschen frei.« (6)

laya-vikshepa-rahitam manah kritvâ sunishchalam |
yadâ yâty amanîbhâvam tadâ tat paramam padam || 7

»Den Geist freigemacht habend von Trägheit und Zerstreutheit, ganz unbeweglich,
gelangt er zum Nichtsein des Geistes, dann zu jener höchsten Stätte.« (7)

tâvan mano niroddhavyam hridi yâvat kshayam gatam |
etaj jñânam ca moksham ca sheshânye granthavistarâh || 8

»So lange muß der Geist im Inneren stillgelegt werden, bis er zum Untergang gegangen ist;
das ist die Erkenntnis, die Freiheit! Alles andere ist nur eine Ausdehnung der Knoten.« (8)

samâdhi-nirdhauta-malasya chetaso niveshitasyâtmani yat sukham bhavet |
na shakyate varnayitum girâ tadâ svayam tad antahkaranena grihyate || 9

»Wessen Geist durch Versenkung von allem Übel rein geworden ist und im Selbst ruht, erfährt ein Glück,
das mit Worten nicht zu beschreiben, nur im Innersten zu begreifen ist.« (9)

apâm âpo'gnir agnau vâ vyomni vyoma na lakshayet |
evam antargatam yasya manah sa parimuchyate || 10

»Wie man Wasser nicht von Wasser, Feuer nicht von Feuer, den Äther nicht vom Äther unterscheiden kann,
ebenso ist jener völlig befreit, dessen Geist im Inneren sich aufgelöst hat.« (10)

mana eva manushyânâm kâranam bandha-mokshayoh |
bandhâya vishayâsangim moksho nirvishayam smritam || 11

»Der Geist, wahrlich, ist für die Menschen die Ursache von Bindung und Befreiung.
Zur Bindung führt er durch das Haften an der Sinnenwelt, zur Befreiung durch Loslösung davon.« (11)

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Der Guru und das Geheimnis aller Geheimnisse

Zehn Wahrheitssucher werden eventuell zehn verschiedene Antworten geben, wenn sie nach der Essenz des spirituellen Weges gefragt werden. In den Augen vieler sind es die folgenden Worte aus der Guru-Gîtâ (Vers 76), denn sie handeln vom größten aller Geheimnisse.

dhyânamûlam gurormûrtih pûjâmûlam guroh padam |
mantramûlam gurorvâkyam mokshamûlam guroh kripâ || 76

»Die Wurzel der Meditation ist die Gestalt des Gurus; die Wurzel der Verehrung sind die Füße des Gurus;
die Wurzel des Mantra ist das Wort des Gurus; die Wurzel der Erlösung ist die Gnade des Gurus.« (76)

In zahlreichen Âshramas wird täglich die gesamte Guru-Gîtâ rezitiert. Es gibt Differenzen bei der Zählung der Verse. Da die Guru-Gîtâ ein Teil des riesigen Skanda-Purâna ist, werden von manchen nur »die ganz wichtigen« Shlokas ausgewählt; andere wiederum möchten den vollen Text. Entsprechend sind die Verszählungen etwas unterschiedlich.

Als Essenz gilt eigentlich der berühmte Shloka

gururbrahmâ gururvishnurgururdevo maheshvarah |
gurureva param brahma tasmai shrîgurave namah || 32

»Der Guru ist Brahmâ, der Guru ist Vishnu, der Guru ist Shiva;
der Guru ist wahrlich das höchste Brahman; Verehrung Ihm, dem strahlenden Guru!« (32)

Viele halten aber den anfangs zitierten Vers 76 für noch bedeutender, denn er enthält die Geheimnisse der Praxis des spirituellen Weges: Was ist die Wurzel (mûla – auch: Essenz, Grundlage) der Meditation? Was ist die Essenz aller Verehrungsrituale, die wahre Pûjâ? Der Guru-Mantra als Schlüssel der spirituellen Praxis. Schließlich das größte aller Geheimnisse: Wer ist der Guru, was bewirkt er, wie führt er seine Schüler zur Freiheit?

Zur letzten Frage sei Bhagavân Shrî Ramana Maharshi zitiert:

»Die Gnade des Meisters trägt mehr zur Selbstverwirklichung bei als Lehren, Vorlesungen, Meditation, usw. Diese sind nur zweitrangige Hilfen, während die Gnade des Meisters die erste und wesentliche Ursache ist.«  [Talks with Sri Ramana Maharshi, 7. Januar 1935, Talk 13] 


Die Worte des Maharshi, und die Endworte von Vers 76 (mokshamûlam guroh kripâ) setzen den Glauben an den Guru voraus, und das Wissen, wie wichtig er für den Sucher der Wahrheit ist.

Bei derartigen Aussagen hält sich der Verfasser der Guru-Gîtâ nicht zurück. Man denke nur an Vers 44:

shive kruddhe gurustrâtâ gurau kruddhe shivo na hi |
tasmât sarvaprayatnena shrîgurum sharanam vrajet || 44

»Wenn Shiva erzürnt ist, kann der Guru dich retten; wenn aber der Guru erzürnt ist, kann nicht einmal Shiva dich retten.
Nimm deshalb Zuflucht zum Guru mit all deiner Kraft.« (44)

Die Guru-Gîtâ ist etwas für »Devotees«.

Man verinnerliche in diesem Zusammenhang auch den Refrain aus dem Gurvasthakam, die unsterblichen Worte von Shrî Shankarâchârya: 

manashchenna lagnam guroranghripadme
tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim

»Wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt,
wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?«

♦ ♦ ♦

gururbrahmâ gururvishnurgururdevo maheshvarah |
gurureva param brahma tasmai shrîgurave namah ||

»Der Guru ist Brahmâ, der Guru ist Vishnu, der Guru ist Shiva;
der Guru ist wahrlich das höchste Brahman; Verehrung Ihm, dem strahlenden Guru!«

anekajanmasamprâpta karmabandhavidâhine  |
âtmajñânapradânena tasmai shrîgurave namah ||

»Verehrung Ihm, dem strahlenden Guru, der die Fesseln des in vielen Geburten
angesammelten Karmas verbrennt, indem er Selbst-Erkenntnis schenkt!«

dhyânamûlam gurormûrtih pûjâmûlam gurohpadam  |
mantramûlam gurorvâkyam mokshamûlam guroh kripâ ||

»Die Wurzel der Meditation ist die Gestalt des Gurus; die Wurzel der Verehrung sind die Füße des Gurus;
die Wurzel des Mantra ist das Wort des Gurus; die Wurzel der Erlösung ist die Gnade des Gurus!«

♦ ♦ ♦

»Geheimnis aller Geheimnisse« – dies bezieht sich auf den weltberühmten Vers aus der »Hymne an Dakshinâmûrti (= Shiva, hier jedoch in der Bedeutung: der Alldurchdringende)«, genauer aus der einleitenden Meditation (dhyâna) dazu: Shrî-Dakshinâmûrti-Stotram-Dhyânam, verfaßt vom legendären Shrî Shankarâcharya.

Der ganze Vers lautet:

îshvaro gururâtmeti mûrtibhedavibhâgine |
vyomavadvyâptadehâya dakshinâmûrtaye namah ||

»Ich verneige mich vor Dakshinâmûrti, dem Alldurchdringenden,
der sich in (scheinbar) verschiedenen Formen als Gott, Guru und Selbst offenbart.«

Gott, Guru und Selbst sind nicht verschieden, sondern ein und dasselbe. Insbesondere Bhagavân Shrî Ramana Maharshi betonte dies ausdrücklich. Eine seiner eindeutigen Aussagen hierzu findet man in den Talks with Sri Ramana Maharshi, 10. Juni 1936, Talk 198:

Devotee: «What is Guru’s Grace? How does it work?»

Shrî Ramana: «Guru is the Self.»

Devotee: «How does it lead to realisation?»

Shrî Ramana: «Îshvaro gururâtmeti ... (God is the same as Guru and Self ...). A person begins with dissatisfaction. Not content with the world he seeks satisfaction of desires by prayers to God; his mind is purified; he longs to know God more than to satisfy his carnal desires. Then God’s Grace begins to manifest. God takes the form of a Guru and appears to the devotee; teaches him the Truth; purifies the mind by his teachings and contact; the mind gains strength, is able to turn inward; with meditation it is purified yet further, and eventually remains still without the least ripple. That stillness is the Self. The Guru is both exterior and interior. From the exterior he gives a push to the mind to turn inward; from the interior he pulls the mind towards the Self and helps the mind to achieve quietness. That is Grace. Hence there is no difference between God, Guru and Self.»

Besucher: »Was ist die Gnade des Gurus? Wie wirkt sie?«

Shrî Ramana: »Guru ist das Selbst.«

Besucher: »Wie führt das zur Verwirklichung?«

Shrî Ramana: »Îshvaro gururâtmeti … (Gott ist dasselbe wie Guru und Selbst ...). Ein Mensch beginnt mit Unzufriedenheit. Nicht zufrieden mit der Welt, sucht er die Befriedigung der Wünsche durch Gebete zu Gott; sein Geist wird gereinigt; er sehnt sich mehr danach, Gott zu kennen, als seine weltlichen Wünsche zu befriedigen. Dann beginnt Gottes Gnade sich zu offenbaren. Gott nimmt die Gestalt eines Gurus an und erscheint dem Devotee; er lehrt ihn die Wahrheit; er reinigt den Geist durch seine Lehre und den Kontakt; der Geist gewinnt an Kraft, er kann sich nach innen wenden; durch Meditation wird er noch weiter gereinigt und bleibt schließlich still ohne die geringste Wellenbewegung. Diese Stille ist das Selbst. Der Guru ist beides, äußerlich und innerlich. Von außen gibt er dem Geist einen Anstoß sich nach innen wenden; im Inneren zieht er den Geist zum Selbst und hilft dem Geist, zur Ruhe zu kommen. Das ist Gnade. Daher gibt es keinen Unterschied zwischen Gott, Guru und dem Selbst.«

♦ ♦ ♦

Ich habe erwähnt (→ Link), daß mein Meister Briefe an die Schüler stets so unterschrieb: »… Dein eigenes Selbst, Svâmî Nârâyanânanda«. Der Abschnitt sei auch an dieser Stelle wiedergegeben:

»… Ich trug dann Namen und Adresse in Shrî Svâmîjis Buch ein und erhielt das Mantra-Blatt (ein Merkblatt mit der schriftlichen Ausführung des vorher mündlich Mitgeteilten). Dort fiel mir schnell das Ende auf, wo als Unterschrift steht: ›Dein eigenes Selbst.‹ Ich kannte das aus dem Studium der Schriften: ›Îshvaro gururâtmeti … Gott, Guru und Selbst sind ein und dasselbe.‹ Aber diese Worte als reine Lektüre sind tot, das ergibt nur die Reaktion: ›Aha.‹ Kniet man vor einem lebenden Meister und hört ›Ich bin Dein Selbst‹, ist das etwas unvergleichlich anderes. Daß der Guru Gott ist, geht aus dem klassischen Satz hervor: ›Der Kenner Brahmans wird selbst zum Brahman.‹ Das ist einigermaßen verständlich, vor allem da der Begriff ›Gott‹ in den großen Religionen nicht plausibel definiert wird. Daß der Guru das eigene Selbst ist halte ich dagegen für das Geheimnis aller Geheimnisse.«

In einer alten Yogaschrift (der Titel ist mir leider entfallen) las ich vor vielen Jahren:

Erst kurz vor dem Eingehen in den Samâdhi, wenn die Kundalinî-Shakti zum vollständigen Aufstieg gekommen ist, wird der Wahrheitssucher erkennen, wer der Guru wirklich gewesen ist.

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Gurvashtakam [Shrî Shankarâchârya]

Gurvashtakam (Guru+Ashtakam) = das Oktett (ashtaka) an den Guru. Das ehrfurchtsvolle Shrî ist meist vorangesetzt (shrî = Licht/Glanz verbreitend, hervorleuchten; Herrlichkeit, Pracht, Würde, Heiligkeit): Shrî-Guru-Ashtakam = Acht Verse über den strahlenden Guru.

Nach den Sandhi-Regeln des Sanskrit (die Verbindung von Wörtern) sind viele Begriffe nicht einfach zu lesen. So besteht das manashchenna in jedem Vers aus manah-ched-na. Deshalb ist eine Wort-für-Wort-Erklärung sinnvoll. Da andererseits versucht wird die Texte auf dieser Seite möglichst kurz zu halten, sei beim Gurvashtakam (wie bei der Maitrî-Upanishad) auf eine detaillierte Wiedergabe verzichtet; wichtig ist daß man begreift worum es geht.

Eine Ausnahme: der zweite Halbvers, da er in allen Versen vorkommt. Er ist die Essenz; darauf legt Shrî Shankara das Gewicht. Der Geist erhält förmlich einen Schlag wenn man das viermal geäußerte tatah kim (wozu dies alles) vernimmt. 

manashchenna lagnam guroranghripadme
tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim

»Wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt,
wozu dies alles (wörtlich: dann wozu?) ? Wozu? Wozu? Wozu?«

manashchenna = manah = der Geist; ched = wenn; na = nicht; lagna = Vergangenheitsform von lag (sich heften an, sich hängen an, sich anschließen, hängenbleiben an, haften, sich anschmiegen; guroranghripadme = guroh = des Guru; anghri = Fuß; padma = Lotus; tatah kim = tatah = von daher, dann, deshalb; kim = was? warum? wozu? was nützt das?

♦ ♦ ♦

Eine weitere Ausnahme betrifft Vers 1, da es zwei Lesarten gibt:

sharîram surûpam tathâ vâ kalatram

und

sharîram surûpam sadâ roga muktam.

Daher auch hier etwas genauer: 

sharîra = Körper; su = sehr, wohl, sehr gut, schön; rûpa = das Äußere, Gestalt, Form, Bild, Aussehen; erste Lesart: tathâ vâ = so, ebenso, desgleichen; kalatra = Ehefrau; zweite Lesart: sadâ = immer, stets; roga = Krankheit, Gebrechen; mukta = frei von, befreit, erlöst 

Erste Lesart: »Man mag einen wohlgeformten Körper haben, und eine schöne, anziehende Ehefrau …«

Zweite Lesart: »Man mag einen stattlichen Körper haben, der immer frei von Krankheit ist …«

Obwohl die erste Lesart überwiegt, paßt sie weder inhaltlich – sie ist geradezu albern – noch in die Logik eines Meisters.

Die zweite Lesart ist stimmig: Es ist gutes Karma, einen starken, nicht behinderten Körper zu haben, der noch dazu ein Leben lang frei von Krankheit ist … Das sind zwei verschiedene essentielle Dinge, die einer gesonderten Erwähnung bedurften. Die in meinen Augen korrekte Lesart von Vers 1 steht unten.

Schließlich eine Anmerkung zum letzten Vers, zur Übersetzung von mano vartate me – »mein (me) Geist (manas) lebt in (vartate) …« vrit, vart hat die Bedeutungen: sich drehen, sich bewegen, existieren, bestehen, verweilen, wohnen, etwas im Sinn haben, sich mit einer Sache beschäftigen, einer Sache obliegen. Der Geist »lebt« in den Dingen, an die er denkt.

Mein Geist lebt nicht im Wald (aranye) = ich beschäftige mich nicht mehr mit dem Dasein eines Eremiten in den Wäldern, ich bin darüber hinausgegangen. Mein Geist lebt nicht im eigenen Haus (svasya gehe) = ich erfülle meine familiären Pflichten getreu meinem Dharma, hafte aber nicht mehr an ihnen. Mein Geist lebt nicht im Körper (dehe) = ich habe aufgehört mich mit ihm zu identifizieren. Mein Geist lebt nicht im Unschätzbaren (anarghye) = ich strebe nicht mehr nach den angeblich so wertvollen materiellen Dingen; für mich sind »Gold und Lehm das gleiche« (so die Worte von Shrî Râmakrishna). Und dennoch, spricht Shrî Shankara, ist diese hohe Stufe nicht genug. Fehler können noch gemacht werden, die Gefahr von Rückschlägen ist immer da. Die endgültige Erlösung erreicht man durch Guru-Kripâ, durch die sichere Führung und die unbegreifliche Liebe des Guru. Dies ist das verborgenste aller Geheimnisse.

♦ ♦ ♦

sharîram surûpam sadâ roga muktam yashashchâruchitram dhanam meru-tulyam |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 1

»Ein stattlicher Körper, frei von Krankheit ein Leben lang; der Ruhm glänzend und angenehm; der Reichtum so groß und beständig wie der (Weltberg) Meru; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (1)

kalatram dhanam putra-pautrâdi sarvam griham bândhavâh sarvametaddhi jâtam |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 2

»Ehefrau, Reichtum, Sohn, Enkel und so fort, alles; Haus, Freunde – dies alles wahrlich (mag) vorhanden (sein); wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (2)

sadangâdivedo mukhe shâstravidyâ kavitvâdigadyam supadyam karoti |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 3

»Den Veda mit seinen sechs Teilen auf den Lippen (und auch) die Kenntnis der (anderen) Schriften (habend), die Fähigkeit zu Dichtkunst und Prosa; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (3)

videsheshu mânyah svadesheshu dhanyah sadâcâravritteshu matto na chânyah |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 4

»Geachtet in der Fremde, glücklich in der Heimat; von niemandem übertroffen auf den Pfaden des rechten Lebenswandels; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (4)

kshamâmandale bhûpabhûpâlavrindaih sadâ sevitam yasya pâdâravindam |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 5

»Die Schar der Könige des Erdkreises mag (einem) immer (huldigend) zu Füßen liegen; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (5)

yasho me gatam dikshu dânapratâpat-jagadvastu sarvam kare yatprasâdat |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 6

»In alle Richtungen ist mein Ruhm vorgedrungen durch die Macht der Gaben; alle Dinge der Welt sind infolge dieser Gunst in (meiner) Hand; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (6)

na bhogo na yogo na vâ vâjirâjau na kântamukhe naiva vitteshu chittam |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 7

»Der Geist (hängt) nicht (mehr) am Genuß der Sinne, nicht an dem durch Yoga-Übung Erreichtem; nicht an Heldentum und Königswürde, nicht am Antlitz der Geliebten, nicht an den Besitztümern; wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (7)

aranye na vâ svasya gehe na kârye na dehe mano vartate me tvanarghye |
manashchenna lagnam guroranghripadme tatah kim tatah kim tatah kim tatah kim || 8

»Mein Geist lebt nicht in den Wäldern, nicht im eigenen Haus, nicht in dem (alltäglich) zu Tuenden, nicht im Körperlichen, nicht im (Wunsch nach) unschätzbaren (materiellen Dingen); wenn aber der Geist nicht an den Lotusfüßen des Gurus hängt, wozu (dies alles)? Wozu? Wozu? Wozu?« (8)

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Der entscheidende Satz

Aus einer Szene des Films »Begegnungen mit bemerkenswerten Menschen« («Meetings with Remarkable Men», Peter Brook, GB 1978), in dem es um die spirituelle Suche des jungen Georges I. Gurdjieff (1866–1949) geht. Den geschilderten Dialog findet man ab Minute 70. Der Film ist in seiner Essenz wertvoll, weil er die klassische Situation beschreibt: Ein Mensch sucht nach dem Weg und irrt von hier nach dort, um am Ende, nach leidvollen, aufreibenden Erfahrungen erkennen zu müssen: Ich habe nichts gefunden.

Auf seiner mühsamen Wanderschaft im Kaukasus/Hindukush trifft Gurdjieff zweimal auf einen Dervish. Dieser speist ihn beim ersten Mal mit einem unverbindlichen Hinweis ab und läßt ihn wieder gehen. Am Ende seiner Irrfahrt sucht Gurdjieff den Dervish ein zweites Mal auf, und hier trifft man auf den folgenden Dialog.

Der Meister: »Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?« 

Gurdjieff: »Ich habe nichts gefunden. Ich weiß nicht wie ich suchen soll. Es gibt nie eine Antwort. Was kann ich jetzt tun? Ich bin verzweifelt.« 

Der Meister: »Du wirst die Antwort niemals alleine finden. Alleine kann ein Mensch nur sehr wenig tun. Seine einzige Hoffnung ist es, einen Ort zu finden, an dem das wahre Wissen lebendig gehalten wird.« (nach kurzem Innehalten:) »Ich rate dir zu versuchen, die Sarmoung-Bruderschaft zu finden. Geh am (Fluß) Amudarja hinauf, Richtung Kafiristan. Es ist ein gefährliches Unterfangen, du wirst dein Leben riskieren! Aber im richtigen Augenblick wird sich ein Führer finden.«

Und Gurdjieff macht sich auf, die Geschichte gelangt zu ihrem guten Ende.

Der entscheidende Satz dieser bewegenden Szene ist: »Du wirst die Antwort niemals alleine finden. Alleine kann ein Mensch nur sehr wenig tun.«

Die Aussage deckt sich mit den Worten anderer Meister. Für einen wirklichen geistigen Fortschritt benötigt ein Suchender eine Führung.

Von einem großen christlichen Heiligen stammen die Worte:

»Eine tugendhafte, aber alleinstehende und führerlose Seele gleicht einer brennenden Kohle: Anstatt sich mehr zu entzünden erkaltet sie.« [Juan de la Cruz, 1542–1591]

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MANTRA – sicheres Fahrzeug zur Selbstverwirklichung

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Im deutschen Sprachgebrauch hat sich das Mantra (n.) durchgesetzt; ich folge den klassischen Wörterbüchern: der Mantra (m.).

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Die Zitate – sämtliche in kursiv – mit den Ziffern (1), (2), (3) wurden entnommen:

(1) Swami Narayanananda

Die Urkraft im Menschen oder die Kundalini Shakti
Der Weg zur Erleuchtung
Das Geheimnis der Geisteskontrolle

(2) Sir John G. Woodroffe

Die Girlande der Buchstaben
Die Schlangenkraft
Shakti und Shakta

(3) Lama Anagarika Govinda

Grundlagen tibetischer Mystik

 

 

»Wie oft wird das Wort Mantra gebraucht, und wie wenige kennen seine Bedeutung. Gewöhnlich bezeichnet man einen Mantra als Gebet, als Formel der Verehrung, als mystische Silben und so fort. Dies aber sind nur oberflächliche Bezeichnungen von Menschen, die nichts wissen. Kein europäisches Werk vermittelt eine wirkliche Kenntnis des Mantra oder seiner Wissenschaft, und doch wird wohl kein Thema so lächerlich gemacht wie gerade dieses – eine nicht ungewöhnliche Haltung der Unwissenheit. Weit verbreitet ist der ungute Gedanke, daß alles abwegig sein muß was man nicht versteht. Um die Bedeutung des Mantra zu verstehen müssen wir seine kosmische Geschichte kennen. Nur aus Unkenntnis nimmt man an, der Mantra sei Ausdruck von Worten, die an eine Gottheit gerichtet sind. Wer den Mantra für eine Art Gebet hält, dessen Bedeutung der ganzen Welt vertraut ist, zeigt mangelndes Verständnis. Ein Mensch betet mit Worten, die er selbst wählt. Wortzusammensetzungen oder Buchstaben sind aber noch kein Mantra.« (2)

»Nicht jeder Name wird zu einem Mantra. Ein Mantra sollte aus dem Mahâ-Bîja, dem Bîja und dem tatsächlichen Namen einer Gottheit bestehen. Irgendein Name eines Gottes oder einer Göttin ohne den Bîja-Mantra bringt keine unmittelbaren Früchte. Ein Mantra ohne sein Bîja ist unwirksam. Sehr oft werden Menschen, die ihr Sâdhana (geistige Übungen) ohne den rechten Mantra ausführen enttäuscht, selbst nach lang andauernder Praxis. Nur ein gottverwirklichter Mensch – ein Guru oder Lehrer – kann dem Schüler einen Mantra vermitteln. Das ist bekannt als Mantra-Dîkshâ (Einweihung). Ein echter Guru gibt dem Schüler bei der Mantra-Einweihung einen Aufwärtsschub. In der Tat verleiht ein idealer Guru dem Schüler bei der Einweihung ein neues Leben und einen neuen (spirituellen) Körper.« (1)

»Der Nicht-Eingeweihte mag einen Mantra aussprechen so oft er will: es wird ihm nicht gelingen, auch nur die geringste Wirkung hervorzurufen. Darum können Mantras zu Tausenden in Büchern abgedruckt werden, ohne daß sie ihr Geheimnis preisgeben oder ihren Wert verlieren. Mantras haben Kraft und Bedeutung nur für den Eingeweihten, mit dessen innerstem Wesen sie unlösbar verknüpft sind.« (3)

»Es stimmt daß der Mantra denjenigen, die seine Bedeutung nicht verstehen sinnlos erscheint, aber für diejenigen die es verstehen ist es kein »Geschwätz«, auch wenn es von Unwissenden abgewertet und als Aberglaube mißachtet wurde. In Wirklichkeit ist Mantravidyâ eine tiefgründige Wissenschaft und, in der Deutung des Shakta-Âgama, eine praktische Anwendung der Vedânta-Lehre.« (2)

Diese Zitate machen deutlich warum vor allem im Westen kein anderer Begriff aus der indischen religiösen Philosophie so gründlich mißverstanden wurde wie jener des Mantra. Die Gründe dafür sind:

Die fehlende theoretische Grundlage. Wie kann man von Laien Verständnis dafür erwarten, wenn selbst Religionsforscher und Indologen Mantras als Aberglauben, Zauberworte und sinnloses Geplapper bezeichnen? »Um die Bedeutung des Mantra zu verstehen müssen wir seine kosmische Geschichte kennen.« (2) Nur wer Glauben hat kann auf die Theorie verzichten. Wird jemand von Zweifeln und Fragen bewegt, sollte er wissen was er tut.

Die fehlende praktische Grundlage. Einen Mantra intellektuell verstanden zu haben mag ein Schritt nach vorne sein; es wird aber nichts nützen, wenn man ihn nicht in der Praxis zur Entfaltung kommen läßt. »Daß Mantras als Geheimnis gelten hat nichts mit der absichtlichen Geheimhaltung eines Wissensgutes zu tun, sondern bezieht sich auf die Tatsache, daß dieses Wissen durch Selbstdisziplin, Konzentration und Verinnerlichung erworben werden muß. Wie alles Wertvolle und jede Form des Wissens kann es nicht ohne Anstrengung erlangt werden.« (3) Wer dazu nicht bereit ist kann nicht zum Verständnis der Mantrawissenschaft (Mantravidya) gelangen. Die geforderten Eigenschaften für den, der dieses Geheimnis lüften will, sind »unbeschränktes Vertrauen in den Guru, völlige Hingabe an das von ihm verkörperte Ideal und Ehrfurcht gegenüber geistigen Dingen.« (3) Damit wird der dritte, wesentliche Punkt berührt:

Der fehlende Guru. Wer aus Stolz nicht bereit ist sich vor einem Erleuchteten zu verbeugen und von ihm allein sich in Mantravidyâ einweihen zu lassen; wer glaubt, dem Gefühl folgen zu können und sich aus Büchern »seinen« Mantra heraussucht, begeht einen Fehler, so groß wie der Himâlaya. »Mantras haben Kraft und Bedeutung nur für den Eingeweihten, mit dessen innerstem Wesen sie unlösbar verknüpft sind.« (3) Die Verknüpfung kann einzig jener bewirken, der den Zustand des Samâdhi erreicht hat.

Hier geht es um Theorie. Wenn aber das Wissen um die kosmische Geschichte des Mantra, um seine Wirkung zur Praxis motiviert, dann ist ihr Sinn erfüllt. Was ist ein Mantra? Wie wirkt er? Und haben die Schriften recht wenn sie behaupten, daß durch die wunderbare Kraft des Mantra ein Mensch das scheinbar Unmögliche vollbringen kann – aus dem Kreislauf der Geburten und Tode befreit zu werden und Gottverwirklichung zu erlangen?

»Das Wort Mantra stammt von der Wurzel man, der ersten Silbe von manana (denken). Es ist auch die Wurzel des Wortes Mensch, der allein unter den Geschöpfen ein Denker ist. tra stammt von der Wurzel tra (retten, schützen, befreien) und ist die erste Silbe von trâna (Befreiung, Rettung).« (2)

»Mananât trayate iti mantrah – das, was den Menschen durch beständiges Darandenken beschützt und aus dem Samsâra befreit, wird Mantra genannt. So sagen die Heiligen Schriften.« (1)

»Ein Mantra ist der Klangkörper einer Gottheit (einer bestimmten Energie des Universums) und birgt alle Kräfte dieser Energie in sich. Durch beständiges Denken an Gott und durch die Wiederholung seines Namens nimmt der Geist eine göttliche Form an und entwickelt die Reinheit der Mantra-Gottheit. Wenn dadurch der Geist rein und heilig wird beginnt er von selbst, im höchsten Sein zu leben und eins mit Ihm zu werden. Dann verschmilzt er mit dem Meer des Bewußtseins, Brahman oder Gott. Das Verschmelzen ist es, was man Selbstverwirklichung, Samâdhi, Nirvâna nennt. Diesen Zustand zu erreichen ist der Sinn und das höchste Gut des Lebens.« (1)

Aus diesen Definitionen geht hervor:

Ein Mantra ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, ein Fahrzeug, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Dieses Ziel ist Samâdhi, der leidlose Zustand vollkommener Freiheit, ewigen Friedens.

Dieser Zustand bedeutet Weisheit – das Wissen um die eigene wahre Natur.

Die eigene wahre Natur ist: reines, alldurchdringendes, ewiges, formloses Bewußtsein; Eines ohne ein Zweites, jenseits von Raum, Zeit und Endlichkeit.

Alles andere – das ausschließliche Bewußtsein von Vielheit, von Namen und Formen, von Begrenzung, von Dualität – ist Unwissenheit.

Unwissenheit ist die Ursache des Leidens.

Ein unreiner Geist ist die Ursache der Unwissenheit. Solange er sich mit den zahllosen Wünschen und Gedanken identifiziert, lebt er in Unwissenheit und ist daher unrein.

Derselbe Geist kann zum Helfer und Retter werden, er kann zur Weisheit und Freiheit führen. Die Voraussetzung dafür ist: er muß rein werden, frei von Wünschen, Gedanken und Emotionen.

Der Geist wird rein, wenn er sich mit etwas Reinem identifiziert. Brahman oder Gott ist Reinheit, folglich auch seine Energie (eine Form des Bewußtseins). Die Klangform dieser Energie ist der Mantra. Identifiziert sich der Geist damit, dann verschmilzt er mit dieser Energie und löst sich schließlich im formlosen Bewußtsein, im Brahman auf. Das Ziel ist damit erreicht.

»Um die Bedeutung des Mantra zu verstehen müssen wir seine kosmische Geschichte kennen. Der Mund spricht ein Wort aus. Was ist dies und woher kommt es?« (2) Mit solchem Fragen suchen wir nach der Ursache der Dinge und streben zum Ursprung unseres Seins. Über diesen Ursprung und über die Schöpfung gibt es viele Theorien. Für Menschen, die den religiösen Weg mit Hilfe eines Mantras gehen ist von Bedeutung, was in den Shakta-Âgamas, den Schriften des monistischen Vedânta darüber gesagt wird.

Wer die folgende, stark vereinfachte Darstellung der Schöpfung liest sollte daran denken:

»Gott zu erfassen geht über das Begriffsvermögen des menschlichen Geistes hinaus. Gott ist weder Licht noch Finsternis, weder gut noch schlecht, weder Freude noch Schmerz. Denn alle Gegensätze finden sich nur im Geist, und Gott ist jenseits des Geistes. Der Geist hat seine Grenzen und kann darum Gott in seinem formlosen Aspekt nicht erfassen. Das Äußerste, was ein Mensch zu erfassen vermag ist: reines Sein (sat), reines Bewußtsein (chit) und absolute Glückseligkeit (ânanda). Darüber hinaus kann der menschliche Geist mit seinem Denken nicht gelangen. Aber selbst die Vorstellung von Sat-Chit-Ânanda ist nur eine Begrenzung des Grenzenlosen. Doch es gibt keine andere Möglichkeit, Gott zu erfassen, als diese.« (1)

1. Das Brahman hat einen statischen Aspekt als unwandelbares, ewiges, reines, eigenschaftsloses, formloses Bewußtsein, jenseits von Zeit, Raum und Endlichkeit; und einen dynamischen Aspekt als Bewegungsenergie oder Kraft dieses Bewußtseins. Die zwei Aspekte sind eins. Das Feuer ist nicht von seiner Eigenschaft des Brennens zu trennen, genausowenig wie die Sonne von ihren Strahlen, das Wasser von seiner Nässe, die Milch von ihrer weißen Farbe. So sind auch Bewußtsein (Brahman) und Bewußtseinskraft (Shakti) dasselbe.

2. Durch die Shakti existiert dieses Universum. Sie ist es, die sich als Energie und Materie im Kosmos und als Geist und Materie im lebenden Körper offenbart. Jede manifestierte Kraft oder Energie geht aus der Shakti hervor.

3. Diese Kraft hat viele Namen und Formen. Sie heißt umfassend Prâna-Shakti (»Lebenskraft«). Als erschaffende Energie im Universum ist sie Prakriti-Shakti (die »machende« Natur). Als Energie im lebenden Körper nennt man sie Kundalinî-Shakti (die »zusammengerollte« Kraft), weil man sie sich wie eine schlafende Schlange vorstellt, die im untersten Chakra (Energiezentrum) weilt und mit ihrem Maul die Öffnung zur Sushumna-Nâdî versperrt (dem Weg ihres Abstiegs, durch den sie wieder aufsteigen muß, wenn man Freiheit oder Samâdhi erreichen will). Zusammenfassung:

Brahman         Shakti
Bewußtsein       Bewußtseinskraft
formlos             mit Form
eigenschaftslos  mit Eigenschaften
Ruhe                Bewegung
Stille                 Laut, Klang

4. Alle Zustandsformen der Shakti sind Ergebnisse ihrer Bewegung, also Schwingungsformen.

5. Befindet sich die Shakti im Zustand ausgeglichener Energie, dann gibt es keine Schöpfung, es herrscht Involution. Beginnt die Shakti sich zu bewegen, zu schwingen, dann beginnt die Schöpfung, die Evolution. Die Frage »warum gerät die Shakti aus dem Gleichgewicht, warum beginnt die Schöpfung?« wird nie beantwortet werden können. Denn solange der Mensch mit seinem Geist meint, die Welt zu erkennen, erkennt er das Brahman nicht; und wenn er das Brahman erkennt, existiert die Welt für ihn nicht mehr. Im Zustand des Samadhi löst sich der Geist im Meer des Bewußtseins auf; es gibt nur noch Eines ohne ein Zweites. Wer soll dann fragen? Wer antworten? Somit ist die Schöpfung ein unbegreifliches Phänomen; ein Rätsel, das für immer eines bleiben wird.

6. Die schwingende, sich offenbarende Shakti entfaltet sich in drei Formen: kausal (ursächlich), subtil (feinstofflich) und grobstofflich.

7. Die Schwingungen der Shakti bezeichnet der menschliche Geist als Formen und gibt ihnen einen Namen. Die Formen sind hörbar (als Ton), sichtbar (als Farbe, Form) usw., und zwar in ihrer grobstofflichen, subtilen und kausalen Form. Beispiel: Der gewöhnliche Mensch hört einen Ton, wenn die Schwingungen der Luft das Ohr treffen und der Klang von dort über den subtilen Hörsinn zum Gehirn geleitet wird. Ein fortgeschrittener Yogin hört mit dem inneren Ohr die natürlichen Klänge der Dinge durch die Schwingungen im Äther, eine »kosmische Sphärenmusik«. Das absolute Ohr des Vollkommenen nimmt auch die Klänge in ihrem Kausalzustand wahr, als »kausale Kraftanspannung« (2), die sich zum subtilen Äther entfaltet.

Das Gleichnis vom Krug im dunklen Zimmer macht es deutlich:

»Der Klang eines Buchstabens wird durch die Sprechorgane hervorgerufen, die auf die Bewegung des Denkens antworten, das im hörbaren Klang einen äußeren Ausdruck sucht. Diese Wahrnehmung ist vergänglich, denn ein Klang, der sich in der Sprache manifestiert, ist vergänglich. Der Klang des Buchstabens aber an sich, das heißt als Bewußtsein, das den Gedanken manifestiert, der sich in der Sprache ausdrückt, ist ewig und wird nicht erst in dem Augenblick hervorgebracht, in dem man ihn hört. Er bestand zuvor, wie er auch nachher sein wird, ebenso wie ein Krug in einem dunklen Zimmer, der durch ein aufblitzendes Licht sichtbar wird, nicht erst dann hervorgebracht wird. Er hört auch nicht auf vorhanden zu sein, wenn das Licht ausgegangen ist, das ihn in Erscheinung brachte.« (2)

8. Alle Formen im Universum sind Schwingungsformen der Shakti. Diese Formen sind zuerst kausal und äußern sich dann fein- und grobstofflich. Denken wir an die Sätze: »Klang besteht nur dort, wo Bewegung (Schwingung) herrscht. Ohne Bewegung kein Klang. Wenn Bewegung vorhanden ist, besteht auch Klang« (2), dann ist zu folgern:

9. Alle Formen sind Klang. Denn dies ergibt sich aus dem bisher Gesagten (Shakti = Bewußtsein; Schwingung der Shakti = Klang; Klang = Bewußtsein).

10. Der Klang ist, wie die Bewegung, zuerst kausal und äußert sich in subtiler und in grobstofflicher Form. Daß der Mensch nur jene Klänge hört, die zum grobstofflichen Bereich gehören beweist, wie begrenzt sein Bewußtsein ist.

11. Die subtilen und kausalen Klänge zu hören (sich ihrer bewußt zu werden) bedeutet: Erweiterung des Bewußtseins. Dies ist: Yoga.

12. Yoga bedeutet: Rückkehr zum Ursprung. Mantra-Japa (die Wiederholung des Mantras) ist: Rückkehr zum Ursprung mit Hilfe des Mantras.

13. Ein Mantra ist die Offenbarung Gottes als Klang. Es ist eine Form seines Bewußtseins.

14. Wer nicht die willentliche Konzentration übt nimmt durch die Unreinheit des Geistes nur die grobstoffliche Form des Klangbewußtseins wahr.

15. Konzentration bedeutet, die zersplitterten Kräfte des Geistes zu sammeln, um sie auf ein Objekt zu richten. Der Geist ist farb- und formlos, nimmt aber die Farbe und Form des Objekts an, an das er denkt.

16. Im Mantra-Yoga ist das Objekt ein Mantra, Bewußtsein als Klang. Vertieft sich der Geist in ihm, nimmt er auch dessen Bewußtseinsform an; und da der Klang rein ist, wird auch der Geist rein.

17. Je reiner der Geist wird, umso bewußter wird ihm die Bedeutung des Mantras, er geht von der grobstofflichen Klangform zur subtilen, von der subtilen zur kausalen.

18. Die Substanz der Kausalform ist reines Bewußtsein, und der Geist, der mit ihm verschmilzt, wird selbst zu diesem Bewußtsein – er löst sich im formlosen Brahman auf. Damit ist der Yogaprozeß beendet, das Ziel erreicht.

Zusammenfassung 1–18:

Gott ist Brahman als Bewußtsein im Zustand der Ruhe und Stille.

Gott ist Shakti als Bewußtsein im Zustand der Bewegung.

Die Shakti entfaltet das Universum mit seinen Namen und Formen.

Alle Formen sind Schwingungsformen der Shakti.

Die Formen entfalten sich von kausal zu subtil zu grobstofflich.

Wo Bewegung (Schwingung) ist, da ist auch Klang.

Klang ist somit schwingendes Bewußtsein.

Auch der Klang entfaltet sich von kausal zu subtil zu grobstofflich.

Durch Konzentration auf den Klang des Mantras wird der Geist rein.

Denn dieser Klang ist reines Bewußtsein, und der Geist verbindet sich mit ihm.

Je reiner der Geist, umso bewußter wird ihm der subtile Sinn des Klanges.

So verfolgt er den Klang »zurück« bis an den Ausgangspunkt der Schöpfung.

Der Ausgangspunkt ist ungetrübtes Bewußtsein, und der Geist wird selbst zu diesem.

Dann löst er sich im formlosen Bewußtsein oder Brahman auf.

Was bedeuten nun die Worte: »Um wirksam zu sein, soll ein Mantra den Mahâ-Bîja-Mantra, den Bija-Mantra und den besonderen Namen der erwählten Gottheit enthalten« (1) ?

19. Vor der Schöpfung existiert die Shakti im Zustand ausgeglichener Energie. Dann beginnt sie sich zu bewegen. Daher wird die erste kosmische Schwingung Shabdabrahman genannt, das Klang-Brahman.

20. Der Laut der ersten kosmischen Schwingung ist »OM«. Besser: der ungefähre Laut dieser Schwingung ist OM – in der groben Sprache kann er nicht so wiedergegeben werden, wie ihn der Meditierende hören wird.

21. Mit dem Urlaut – dem großen (mahâ) Keim (bîja)-Mantra OM – beginnt alles. »Das Bewußtsein wird damit in Geist und Materie geteilt.« (2)

OM wird bezeichnet als der hörbare Gott. »Shabdabrahman (das Klang-Brahman) ist die Quelle aller manifestierten Klänge. […] Aus dem Shabdabrahman stammen das gesamte Universum und seine Wesen. Der Klang der schöpferischen Bewegung des Shabdabrahman ist OM. Aus dieser Einen Silbe gehen alle verschiedenen Laute hervor. […] OM ist der universelle Klang und als solcher allen Sprachen der Welt gemeinsam. Die Wörter „Om“, „Hum“, „Ham“, „Aum“, „Amen“, „Amin“ haben die gleiche Bedeutung. Ohne OM kann es kein Wort und keinen Klang geben. OM ist keine fantasievolle Schöpfung oder Erfindung einer religiösen Sekte. Es ist der kosmische Klang, den der yogische Geist (ein höchst reiner, subtiler und einspitziger Geist) hört. OM ist das wissenschaftlichste Symbol und der passendste Name des Höchsten Wesens (Brahman). Es repräsentiert alle verschiedenen Symbole Gottes in verschiedenen Religionen. Wenn es einen universellen Mantra gibt, welches das Höchste Wesen in all seinen vielfältigen Kräften und Funktionen repräsentiert und die vielfältigen Glaubensbekenntnisse, Lehren, Dogmen und religiösen Sekten umfassen und erfüllen kann, dann ist es der Mahâ-Bîja-Mantra OM. Dieser Mantra kann von allen mit großem Gewinn genutzt werden. Er bedeutet oder repräsentiert keinen bestimmten Gott oder eine bestimmte Göttin; tatsächlich umfaßt er alle Götter, Göttinnen, Heilige und ihre Religionen. Daher muß keine Sekte, keine Doktrin, keine Religion das OM verwerfen. Es zu verwerfen hieße, die eigene Unwissenheit in spirituellen Angelegenheiten zu offenbaren.« (1)

22. Auch der Weise Patañjali hat im Yoga-Sûtra den Urklang erwähnt. Seine Definition ist in ihrer Kürze so treffend, daß sie sich als Zusammenfassung bestens eignet: »SEIN (Ihn offenbarendes) Wort ist OM. Die Meditation über OM (führt zur) Verwirklichung der (wahren) Bedeutung dieses (Lautes).«

Jeder Mantra beginnt mit dem Mahâ-Bîja OM. Weiter heißt es, daß in jedem Mantra ein Bija-Mantra und der Name der erwählten Gottheit enthalten sein muß. Was ist ein Bija, und was ist eine Gottheit?

23. Die erste kosmische Schwingung der Shakti brachte den Laut OM hervor. Diese kausale Kraftanspannung war der Beginn der Schöpfung, aus dem Einen wurde das Viele. Die Shakti teilte sich in verschiedene Schwingungsformen, es entstanden die verschiedenen Kräfte oder Energien.

24. Energie ist ein anderes Wort für Schwingung der Shakti. Dies wiederum ist gleichbedeutend mit Klang. Klang oder hörbare Energie ist Bewußtsein. Folglich sind Energien Bewußtseinsformen, Gott-Formen.

25. Gott offenbart sich in einer Vielfalt von Formen (und daher: Namen). Das heißt aber nicht, daß Gott an Substanz verliert, weil das Bewußtsein sich in einzelne Formen spaltet. Die Îsha-Upanishad beginnt mit den heiligen Worten: pûrnam adah pûrnam idam pûrnât pûrnam udachyate pûrnasya pûrnam âdâya pûrnam eva avashishyate. Das heißt: »Jenes nichtoffenbare, unvergängliche Sein ist Brahman (wörtlich: pûrna = voll); auch das sichtbare Universum ist Brahman, denn es ist aus dem Brahman hervorgegangen. Obwohl durch das Offenbarwerden von Brahman scheinbar Brahman weggenommen wird, so bleibt dennoch Brahman unveränderlich, immer es selbst.«

26. Diese Energien sind Brahman selbst, weil es Formen oder Aspekte seines Bewußtseins sind. Die Menschen haben in ihrem Bestreben, Gott zu verehren und anzubeten, den Begriff Energie in den Begriff Gottheit umgewandelt. Also: Die vielerlei Götter und Göttinnen sind die zahlreichen kosmischen Energien, die unter der einen, höchsten Energie (Shakti, die schöpferische Energie Brahmans) tätig sind.

27. Denken wir nun an die Sätze: »Zweifellos ist Gott nur Einer. Er ist unpersönlich und unendlich. Doch offenbart er sich unter vielerlei Namen und in unendlicher Vielgestaltigkeit entsprechend dem Geschmack und den Neigungen derer, die ihn anbeten und verehren« (1), dann wird klar, was mit »erwählte Gottheit« (ishta-devatâ) gemeint ist. Gott wird in vielen Formen und Aspekten verehrt: als Licht, Natur, Weisheit, Liebe; als Vater, Mutter, Richter … Jeder Mensch wird einen Aspekt finden, der ihm besonders lieb ist, und mit Hilfe dieser erwählten Gottheit beginnt er den geistigen Aufstieg.

28. Der Ausdruck »mit Hilfe der erwählten Gottheit« wird deutlicher, wenn man sich noch einmal ins Gedächtnis ruft, was eine Gottheit ist. Gottheit = Energie; Energie = Shakti als Bewegung; Shakti als Bewegung = Klang; Klang = hörbare Gottheit.

»Die vielerlei Götter und Göttinnen sind die zahlreichen kosmischen Energien, die unter der einen, höchsten Energie tätig sind. Wenn diese Energien hervortreten und wirksam werden, erzeugen sie gewisse subtile Laute, die vom Geist eines Yogis gehört werden können. Diese Laute nennt man die Bîja-Mantras der verschiedenen Gottheiten.« (1)

29. Ein Bîja-Mantra wird als natürlicher Name einer Energie oder Gottheit bezeichnet. Was ist ein natürlicher Name? »Der natürliche Name eines Dinges ist der subtile Laut, der bei der Aktivität jener treibenden Kraft entsteht, die dieses Ding formt.« (1) Zum Verständnis:

»Nehmen wir an daß wir den Ton, den die schöpferische Kraftanspannung oder die formenden Kräfte (sagen wir etwa) eines Herdfeuers hervorbringen, hören könnten (was wir mit dem menschlichen Ohr nicht vermögen), dann wäre der vernommene Ton der natürliche Name des Feuers. Könnten wir die Kräfte hören, die das Aufquellen des Saftes verursachen, dann wäre dieser Ton der natürliche Name dieser vegetativen Funktion. Wäre das menschliche Ohr subtil genug, so würde sich ein lebender Baum in Form eines besonderen Klanges darstellen, der das naturgemäße Wort für diesen Baum ist.« (2)

30. Ein Bija-Mantra ist der natürliche Name einer Gottheit, einer Energie oder Form der Shakti. Unter Punkt 11 hieß es: » Die subtilen und kausalen Klänge zu hören (sich ihrer bewußt zu werden) bedeutet: Erweiterung des Bewußtseins. Dies ist: Yoga.« Ein geistig Strebender nimmt den Namen einer Gottheit zu Hilfe, um sein Bewußtsein zu erweitern.

Besteht der erste Teil des Mantra aus dem großen Bîja OM als Klang der einen Shakti, so stellt der Bîja-Mantra den besonderen Namen einer Gottheit dar, einer besonderen Form Gottes. Man spricht von der erwählten Gottheit, weil jeder Mensch einer bestimmte Form, einem bestimmten Aspekt Gottes zugetan ist. Diesen bestimmten Aspekt nennt man Gottheit. Ihr Klang ist der Bîja-Mantra.

31. Die Energien oder Gottheiten sind  im Universum tätig. Was ist das Universum, und wo ist es? In den Schriften steht: »Was im Körper ist, ist überall; was im Körper nicht ist, ist nirgendwo.« Mikrokosmos und Makrokosmos sind dasselbe, denn »der physische Körper ist die sichtbar gewordene Kundalini-Shakti« (1). Im Körper gibt es subtile Bewußtseinszentren, welche diese Energien beherbergen. »Die Chakras sind die verschiedenen Ebenen des Aufenthaltes der Shakti. Sie sind die verschiedenen Stufen oder Zentren des Bewußtseins. Die Shakti läßt bei ihrem Abstieg von einem Chakra zum anderen in den einzelnen Zentren ihre Energien zurück; bei ihrem Aufstieg absorbiert sie diese Energien wieder.« (1)

Der Körper ist, wie alle Formen der Shakti, kausal, subtil und grobstofflich, und genauso ist die Energie eines Chakras. Wenn es heißt, daß in einem Chakra Buchstaben oder Bîja-Mantras enthalten sind, dann vergegenwärtige man sich, daß sie dort in kausaler und subtiler Form bestehen, und daß die grobstofflichen Worte nur annähernd das wiedergeben, was der reine Geist eines Yogis hört. Beispiel: der Bîja-Mantra des Manipûra-Chakra ist »ram«. Die feuerbildenden Kräfte des Chakras bringen einen subtilen Klang hervor, der in seiner groben Form »ram« lautet. Die Aussprache der Silbe ram ist aber »nur eine Bewegung der Lippen und nichts anderes. Der Mantra schläft. Er muß erweckt werden, so wie jede andere Shakti, wenn sie etwas bewirken soll« (2). Das Erwecken nennt man das Erlangen des Mantra-Bewußtseins.

32. Es existieren fünfzig Arten von Energien, die im Kosmos und in den Lebewesen tätig sind. Durch ihre Aktivität werden fünfzig verschiedene Arten von Lauten erzeugt. Diese Laute nennt man die Bija-Mantras der verschiedenen Energien oder Gottheiten. Aus den fünfzig Bija-Mantras ergeben sich die fünfzig Buchstaben des Sanskrit-Alphabets. »Dieses Alphabet oder die Bîja-Mantras sind auf die einzelnen Chakras verteilt. Das bedeutet nicht, daß die Buchstaben dort geschrieben stehen wie im Sanskrit oder in irgendeiner anderen Schrift. Nein. Die Buchstaben bleiben in ihrer Klangform. Sie bestehen in ihrem subtilen und kausalen Zustand, und wenn diese Buchstaben oder Laute richtig gesprochen werden, so regen sie die verschiedenen Zentren an.« (1)

»Bîjas (z. B. Om, Ram, Kam, Hrim, Dum) haben nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch keinen Sinn. Aus diesem Grund wurden sie von denen, die das Mantra-Shastra nicht kennen, lächerlich gemacht. Die Eingeweihten dagegen wissen, daß ihr Sinn die eigene Form der besonderen Gottheit ist, deren Mantras sie sind. Der Mantra einer Gottheit ist die Gottheit selbst, denn durch Mantra-Japa wird die Gottheit dem Geistesauge des Übenden sichtbar. Durch Meditation vereint sich der Übende mit der Gottheit, die sozusagen hinter dem Mantra steht und deren Form er ist.« (2)

33. Die verschiedenen Götter und Göttinnen haben außerdem ihren bestimmten Namen, wie man sie für gewöhnlich kennt. Dieser Name bildet den dritten Teil des Mantras, den man bei der Einweihung erhält. Manche einsilbigen Bîjas werden aus den ersten Buchstaben des Namens solcher Gottheiten gebildet, wie »Gam für Ganesha, Dum für Durga« (2) usw. Die Namen haben jeweils eigene Bedeutungen. Beispiel: Vishnu als ein besonderer Aspekt Gottes (dem der Liebe, Geduld, Fürsorge) ist unter vielen Namen bekannt, die im Grunde dasselbe aussagen, in ihren Einzelheiten jedoch dem besonderen Geschmack des geistig Strebenden entsprechen. So heißt Vishnu (»der Durchdringende«) auch Krishna (»der die Menschen Anziehende«), oder Govinda »der gute Hirte«), oder Hari (»der alles Übel Entfernende«), oder Nârâyana (»Ziel der Menschen«) …

34. Aus allem Gesagten mag hervorgehen, welchen Fehler Menschen begehen, wenn sie sich Mantras aus Büchern zusammenstellen, ohne Einweihung.

35. Es sollte noch erwähnt werden. »Ein Mantra ist eine Kraft (Shakti); eine Kraft in Klangform. Er hat nichts zwangsläufig Heiliges oder Andachtsvolles auf sich.« (2)

Ein Mantra gilt als rein weil diese Bewußtseinsform keine Vrittis oder Vâsanâs enthält; heilig aber wird er erst dadurch, daß der geistig Strebende es in rechter Weise gebraucht. »In jedem Mantra liegt eine gewaltige Kraft. Wird ein Mantra in rechter Weise angewandt, so hilft er dem Menschen und führt ihn zur Gottverwirklichung; wenn aber derselbe Mantra in unrechter Weise verwendet wird, so richtet er den Menschen zugrunde und stürzt ihn ins Verderben.« (1)

Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines Gurus auf dem geistigen Pfad. Nur der Guru kann den strauchelnden Schüler vor Gefahren aller Art bewahren. Der Satz »In der Tat verleiht ein idealer Guru dem Schüler bei der Einweihung ein neues Leben und einen neuen, spirituellen Leib« (1) ist von großer Bedeutung; denn dieses neue Bewußtsein ist es, das einen Mantra in rechter Weise anwenden und so zu einer heiligen Kraft machen wird. Wir begannen mit dem Titel »Mantra – sicheres Fahrzeug zur Selbstverwirklichung«. Ein Fahrzeug aber braucht einen Fahrer, um seinen Zweck zu erfüllen, das heißt: von sich aus wirkt kein Mantra. »Der Mantra schläft. Er muß erweckt werden, so wie jede andere Shakti, wenn er etwas bewirken soll.« (2)

»Der Geist ist farb- und formlos. Er nimmt die Farbe und Form des gedachten Gegenstands an. Wie man denkt, so wird man. Denkt man darum beständig an Gott und vergegenwärtigt sich seinen Namen, so wird der Geist rein und konzentriert. Durch beständiges Denken an die Gottheit und ihren Mantra nimmt der Geist eine göttliche Form an und erfährt eine stete Wandlung, indem er unendliche Kraft, Reinheit und die Eigenschaften der Mantra-Gottheit entwickelt. Dies erklärt weshalb man sagt, daß der Kenner Brahmans selbst zum Brahman wird. Wenn der Geist rein und heilig wird, so beginnt er von selbst, in Brahman zu leben und eines mit ihm zu werden.« (1)

»Die Wiederholung des Mantra (Mantra-Japa) ist darum eine der einfachsten, zuverlässigsten, genauesten, wirksamsten und noch dazu ungefährlichsten Methoden, den Geist insgesamt zu läutern, um durch die gewonnene Subtilität zur Konzentration zu gelangen und schließlich mit dem Erreichen des Samâdhi die Befreiung zu finden.« (1)

Nur der Unwissende, der Nicht-Praktizierende wird den letzten Satz als Übertreibung ansehen. Es gibt viele Arten der Konzentration und Meditation. Um zu verstehen warum von allen Sâdhanas (geistigen Übungen) gerade das Mantra-Sâdhana als bester Weg gepriesen wird sollte man über die folgenden, zum Gesamtverständnis für die Mantra-Praxis wichtigen und wundervollen Sätze nachdenken:

»Es gibt zwei Shaktis: die Mantra-Shakti (die Kraft im Mantra) und die Sâdhana-Shakti, das heißt die Kraft des Übenden, die durch Sâdhana (Übung) entsteht. Es ist nun das Ziel, diese beiden zu vereinen. Obwohl die Substanz des Mantras Bewußtsein ist, kann dieses Bewußtsein nicht erfahren werden ohne die Verbindung der Sâdhana-Shakti mit der Mantra-Shakti, wobei letztere die mächtigere Manifestation ist. Bei anderen Sâdhanas wirkt nur die Kraft des Übenden (Sâdhana-Shakti), während im Mantra-Sâdhana die Kraft des Übenden in Verbindung mit der Kraft des Mantras tätig ist.

Diese Mantra-Shakti ist allmächtig und verleiht der Sâdhana-Shakti neue Kraft. Denn die Sâdhana-Shakti ist unvollkommen und stößt auf Hindernisse. Die individuelle Shakti gleicht dem Feuer: Ebenso wie die Wellen der Luft, wenn sie, durch Feuerflammen aufgewirbelt und beunruhigt, mit verdoppelter Kraft eine Flamme entfachen, so entwickelt sich die individuelle Shakti des Übenden, wenn sie von der Mantra-Shakti entfacht wird, in schneller Weise. Dann verbindet sich die individuelle Shakti mit der Mantra-Shakti, um letztere doppelt stark zu machen.  

Weil ein Mantra diese wunderbare Kraft besitzt, kann, wie es heißt, ein Mensch das scheinbar Unmögliche vollbringen.« (2)

 

 

Es sei abschließend hinzugefügt, was von vielen  Übenden vergessen oder ignoriert wird, obwohl alle Meister es immer wieder betonen: Wer andauernd Meditationsmethode und Meditationsobjekt wechselt, darf sich nicht wundern wenn sich kein Erfolg einstellt. Eines der Merkmale des unreinen Geistes ist: er liebt es nicht, bei einem Ding zu verweilen, sondern sucht unaufhörlich neue Eindrücke, neue Objekte. Dadurch werden seine Kräfte zersplittert. Sich von diesem ständigen Wechsel Konzentration oder gar Meditation zu erhoffen wäre nur Träumerei. Dazu diese Worte von Shrî Svâmî Nârâyanânanda:

»Wenn einmal […] ein bestimmter Weg für die Arbeit vorgezeichnet ist, sollte daran keinerlei Änderung mehr vorgenommen werden. So wie man beim Graben eines Brunnens, um an Wasser zu kommen, immer an einer Stelle graben muß, so ist es auch bei der Meditation oder beim Sâdhana. Wenn man an einer Stelle etwa sechs Fuß gräbt und dann an einer anderen Stelle zwölf Fuß gräbt und so weiter und so fort, kann man nie erfolgreich sein, den Brunnen fertigzustellen und Wasser zu bekommen. Das Gleiche gilt für das Sâdhana, wenn man immer wieder den Guru, den Mantra, die erwählte Gottheit und die Arbeitsmethode wechselt. Halte dich an einen Guru, an einen Guru-Mantra und an eine Ishta-Devatâ. Habe festes Vertrauen in sie und führe dein Sâdhana mit Geduld und Ausdauer fort, bis du das Höchste erreichst. Andernfalls ist es sicher, daß du dein Ziel verfehlst.«

»Fehler in der Meditation« ist ein Auszug aus einem Darshan mit Shrî Svâmî Nârâyanânanda vom 9. Juli 1973 im N. U. Yoga Âshrama Gylling.

Fehler in der Meditation

»Viele Menschen glauben, daß ihr Geist sich sofort konzentrieren kann, nachdem sie einen Mantra erhalten haben, und klagen dann, daß er während der Meditation hin und her wandert. Manche folgern gleich daraus, daß die Wiederholung des Mantra (Mantra-Japa) sinnlos, ohne Bedeutung sei. Dies ist ein Irrtum. Am Anfang muß jeder sich abmühen. Fährt man jedoch mit regelmäßigem und systematischem Mantra-Japa fort, dann kommt der Geist allmählich zur Ruhe, die Konzentration wird tiefer und tiefer, und man wird Freude an Mantra-Japa haben.

Jeder hat anfangs die gleichen Schwierigkeiten. Verliere also den Mut nicht! Wenn du Geduld hast, wirst du nach einiger Zeit begreifen, was wirklicher Friede ist. Dann wirst du die Meditation lieben und den Wunsch verspüren, dich ihr für immer längere Zeit hinzugeben.

Wenn du mit der Meditation beginnst, denke an die Bedeutung des Mantra. Fahre dann nur mit der Wiederholung des Mantra fort. Dadurch erlangst du leicht die Konzentration des Geistes. Denkst du aber an den Mantra, an seine Bedeutung, dann wieder an den Mantra und wieder an seine  Bedeutung, so wird dies die Konzentration sehr stören und erschweren. Wiederhole daher einfach den Mantra. Seine Bedeutung begleitet das Mantra-Japa automatisch.

Denke zur gleichen Zeit an deine erwählte Gottheit (Ishta-Devatâ) und konzentriere dich auf sie. Vertieft sich die Konzentration in diese Form, dann wird der Mantra langsamer werden und sogar aufhören. Der Geist konzentriert sich dann auf die (subtile) Bedeutung des Mantra. Auch diese wird sich auflösen und dich langsam zum letzten Punkt führen. Aber du mußt Geduld und Ausdauer haben.

Ein anderer von vielen begangener Fehler ist: Sie beginnen mit der Vorstellung der Lotusblüte, fügen dann die Ishta-Devatâ hinzu und auch noch den Mantra. Nun gibt es drei Dinge! Sie wollen alle drei Dinge gleichzeitig! Dies ist auch ein Fehler. Beginne mit der Lotusblüte. Stelle dir einen voll erblühten Lotos vor und die Ishta-Devatâ in der Mitte dieses Lotos. Vergiß dann den Lotos und denke nur noch an die Ishta-Devatâ. Der Mantra wird im Geiste automatisch weitergehen.

Konzentriere dich nur auf die Ishta-Devatâ, das heißt: auf EIN Ding. Dann wird sich der Erfolg schnell einstellen.« [Shrî Svâmî Nârâyanânanda Mahârâj]

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Reinigung und Verwandlung des Geistes durch das Sattva-Guna

Ein Auszug aus den Heilwirkungen:

Guna bedeutet »Eigenschaft, Qualität,Zustandsform, Schwingung«. Ich bevorzuge den letzten Begriff, weil er am meisten aussagt und für den Alltag praktisch ist. Die Gunas sind Zustandsformen der Natur, Schwingungsformen der Urkraft.

Es gibt drei Gunas: Sattva, die Schwingung des Lichtes, des Guten, der Wahrheit, Reinheit, Harmonie; Rajas, die Schwingung des Feuers, der Aktivität, der Leidenschaft; Tamas, die Schwingung der Finsternis, Verblendung, Unwissenheit, Trägheit. Natürlich gibt es nicht nur drei Schwingungen; die möglichen Mischformen entsprechend dem prozentualen Anteil der Gunas ergeben zahllose Schwingungen (z.B.: 10 % Sattva, 40 % Rajas, 50 % Tamas).

Der Wahrheitssucher strebt zum Licht, zum Sattva-Guna. Rajas, die Aktivität, gilt als positiv wenn sie erhebt, zum Sattva führt; dasselbe Rajas ist negativ wenn die Dynamik den Handelnden zum Schlechten, zum Tamas hinunterzieht. Am Ende des geistigen Weges aber müssen alle Gunas überwunden werden; der Befreite ist der Gunâtîta, »der über die Gunas Hinausgegangene«. Um gut zu werden, muß man gute Wünsche hegen und die schlechten aufgeben. Das Erreichen der Erleuchtung setzt voraus, daß man restlos alle Wünsche hinter sich läßt.

Wir lesen in der Bhagavad-Gîtâ: »Sattva ist wegen seiner Makellosigkeit strahlend und leidlos, aber es bindet durch Hängen am Glück und durch Hängen am Wissen. Rajas ist das Wesen der Leidenschaft; es erzeugt den Durst und das Anhaften. Es bindet den Menschen durch das Hängen am Werk. Tamas ist aus dem Nichtwissen entstanden und verblendet alle Wesen. Es bindet durch Sinnenrausch, Faulheit, Schlaf. Sattva bindet ans Glück, Rajas ans Handeln; Tamas verhüllt das Wissen und bindet an den Rausch der Sinne und der Sorglosigkeit.«

Das Wissen von den Gunas ist für jeden Menschen, der sich auf dem spirituellen Weg befindet, wichtig. Im Alltag kommt es bei den Gunas nicht darauf an den eigenen inneren Zustand festzustellen; ob man beispielsweise friedvoll und klar ist (Sattva), irgendwelchen Begierden unterworfen (Rajas), depressiv oder ängstlich (Tamas) usw., denn dies sind schnell wechselnde Schwingungen. Die Frage ist nicht, in welchem Zustand bin ich, vielmehr: Wie kann ich den grundsätzlich schlechten Tamas-Zustand verändern? Auf die Klage eines Besuchers, für den es unerklärlich war, warum der Geist derart schnell von Zustand zu Zustand wechselt, antwortete Shrî Ramana Maharshi, das sei eben das Spiel der Gunas, dem alle Wesen ohne Unterlaß ausgesetzt sind. Man dürfe sich durch ein momentanes Tamas nicht entmutigen lassen; wenn aber gerade das Sattva vorherrschend sei, »halte man sich daran und mache das beste daraus«. Dieser tröstende Satz enthält den Kern der Sache: Durch welche äußeren Dinge vermag man etwas zu ändern? Die Natur – also alles – besteht aus den drei Gunas; und je nachdem welcher Schwingung ein Mensch sich aussetzt, verändert dies den Geist.

Zweieinhalb der 18 Kapitel in der Bhagavad-Gîtâ handeln von den Gunas. Wenige Verse genügen, um den Geist des Gesagten zu erfassen. Shrî Krishna spricht zu Arjuna:

»Wenn in allen (Sinnes)toren in diesem Körper das Licht des Wissens aufleuchtet, dann hat Sattva zugenommen. Begierde, Tatendrang, Unternehmen von Taten, Unruhe, Verlangen: diese entstehen, wenn Rajas zunimmt. Finsternis des Geistes, Untätigkeit, Berauschtheit und Verblendung: diese entstehen, wenn Tamas zunimmt.«

»Eine Handlung, die ohne Anhaften und ohne Zuneigung und Abneigung von einem nicht nach ihrer Frucht Verlangenden getan wird, sie wird sattvisch genannt. Eine Handlung, die von einem nach Sinnenfreuden Begehrenden oder von Ich-Sucht Erfüllten in großer Anstrengung getan wird, sie wird rajasisch genannt. Eine Handlung, die aus Verblendung getan wird, ohne Rücksicht auf die Folgen, auf Verlust, auf Schädigung anderer, auf die eigenen Fähigkeiten – sie wird tamasisch genannt.«

»Frei vom Anhaften, kein ›Ich‹-Sager, voller Festigkeit und Tatkraft, in Erfolg und Mißerfolg unverändert bleibend – dieser Handelnde wird sattvisch genannt. Leidenschaftlich, begierig nach den Früchten der Werke, habsüchtig, von verletzendem Wesen, unrein, von Freude und Kummer erfüllt – dieser Handelnde wird rajasisch genannt. Ohne Selbstbeherrschung, von niedriger Gesinnung, starrköpfig, falsch, böswillig, faul, kleinmütig, zaudernd – dieser Handelnde wird tamasisch genannt.«

»Der Verstand, der rechtes Handeln und rechtes Sich-Enthalten, zu Tuendes und zu Unterlassendes, zu Fürchtendes und nicht zu Fürchtendes, Bindung und Befreiung erkennt – dieser ist sattvisch, o Arjuna. Der Verstand, der den Dharma (einfach ausgedrückt: das Gute) und den Adharma (das Nicht-Gute), das zu Tuende und zu Unterlassende nicht in der rechten Weise erkennt, dieser ist rajasisch. Der von Finsternis umhüllte Verstand, der den Adharma für den Dharma hält und alle Dinge verkehrt sieht, er ist tamasisch.«

»Die Festigkeit, mit der man die Tätigkeiten des Geistes, des Prâna und der Sinne beherrscht, diese durch Yogaübung unerschütterliche Festigkeit ist sattvisch, o Arjuna. Die Festigkeit, mit der man an den Wünschen und am Besitz festhält, an ihnen haftend nach den daraus erwachsenden Früchten begehrend, diese Festigkeit ist rajasisch. Die Festigkeit, mit der ein Ignorant nicht von Schlaf, Furcht, Kummer, Niedergeschlagenheit und dem Rausch der Sinne abläßt, diese ist tamasisch.«

Über sattvische, rajasische und tamasische Nahrung siehe in »Ernährung und Gesundheit«.

Das Lesen religiöser Schriften, der Biographien von Heiligen usw. erhebt und reinigt den Geist, es ist sattvisch; so kann man sich leicht vorstellen, was unter herabziehender, dem Geist schadender tamasischer Lektüre, Malerei usw. zu verstehen ist.

Dem Thema »Musik und Geist« wird im zweiten Band der Heilwirkungen ein eigenes Kapitel gewidmet; hier genügen drei Beispiele für einen Überblick (sie mögen vielleicht als zu extreme Gegensätze erscheinen; umso schneller begreift man, worum es geht): Die »Historia der Geburt Jesu Christi« von Heinrich Schütz ist musikalisch reinstes Sattva; ein feuriger Flamenco oder die kraftvollen russischen Kosakentänze sind typische Vertreter von Rajas-Musik; die zur Zeit modische Rap-Musik ist in Geräusche umgesetzte Ignoranz, finsterstes Tamas, eine Bankrotterklärung in jeder Hinsicht.

Es ist nicht nötig, weitere Beispiele anzuführen zur Klärung der Frage, was ist Sattva, was ist Rajas und Tamas. Vor allem die Aussagen der Bhagavad-Gîtâ vermitteln ein klares Bild; der Rest ist durch Betrachtung leicht herauszufinden. Am Anfang jeder Handlung steht ein Wunsch bzw. Gedanke. Alles beginnt mit dem Geist, und er beeinflußt die Materie. Es gilt aber auch umgekehrt, wie an früherer Stelle erwähnt: Der Geist (er gehört im Verständnis des Yoga zur Materie) ist durch materielle Schwingungen zu beeinflussen. Die Gunas wirken damit über den Geist auf das gesamte psychophysische System.

Zusammenfassend mag die Wiederholung einiger Sätze aus dem 6. Kapitel der Heilwirkungen angebracht sein:

Alles Positive, Harmonische, Friedvolle, Reine, Erhebende, moralisch Starke und Gute, das wir, bewußt oder unbewußt, sehen, hat eine positive, harmonisierende, befriedende, reinigende, erhebende, stärkende Wirkung auf den Geist. Der Anblick negativer, disharmonischer, unreiner, moralisch schlechter und herabziehender Dinge, Bilder von Schwäche jeder Art senken das Energieniveau und verdunkeln den Geist. Das Hören von Musik, welche den Gesetzen der Harmonie entspricht, zur Ruhe bringend und kraftvoll erhebend; von reiner Musik, in der nicht das Ego des Komponisten durchklingt; das Vernehmen der Stimme eines energiegeladenen, in sich ruhenden Menschen; von positiven, sinnvollen, heilsamen Gesprächen, bei denen es nicht um persönliche Dinge geht – dies reinigt den Geist und erhebt ihn auf die Schwingung des Sattva. Das Hören von disharmonischer Musik; von Musik leidender und orientierungsloser Menschen; Gespräche mit Personen, die nur ein Thema kennen, nämlich sich selbst; die ständig unsachlich urteilen, kritisieren, sich beklagen – dies hat die sofortige Senkung des Energieniveaus zur Folge und zieht den Geist in das verderbliche Tamas.

Vieles sieht oder hört man bewußt, weit mehr jedoch unbewußt (wir sind Tag und Nacht, das heißt zwangsläufig: meist unbewußt unter dem Einfluß zahlloser Schwingungen). Ein Wahrheitssucher strebt nach Bewußtheit; er will die sattvischen Schwingungen, er sucht sie. Und wenn er sich, was naturgemäß und unvermeidbar ist, einer Tamas-Welle ausgesetzt sieht (Zweifel, Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit, Depression, Erschöpfung und dergleichen), dann weiß er, wie dieser Zustand zu ändern ist.

Im Folgenden wird man einige Anregungen zu Dingen finden, die den aufgewühlten, verwirrten, geplagten, bedrängten Geist beruhigen, reinigen, heilen, in höhere Schwingungen erheben.

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Das Gleichnis von den Fischerfrauen und dem Blumenduft

Dieses herrliche Gleichnis von Shrî Râmakrishna Paramahamsa findet man im 1898 erschienenen Buch von Prof. Max Müller: Ramakrishna. His Life and Sayings und ist dort unter Spruch 174 verzeichnet.

174. »Eine Gruppe von Fischerfrauen, die sich an einem Nachmittag auf dem Heimweg von einem weit entfernten Markt befanden, wurden bei Einbruch der Dunkelheit mitten auf ihrem Weg von einem heftigen Hagelschauer überrollt, und sie waren gezwungen, in einem nahe gelegenen Blumenladen Schutz zu suchen. Dank der Freundlichkeit des Blumenhändlers durften sie in dieser Nacht in einem seiner Zimmer schlafen, in dem einige Körbe mit duftenden Blumen zur Versorgung seiner Kunden aufbewahrt wurden. Die Atmosphäre des Zimmers war zu gut für die Fischerfrauen, und sie konnten deshalb kein Auge zutun, bis eine von ihnen einen Vorschlag zur Abhilfe machte, indem sie sagte: ›Jede von uns sollte ihren leeren Fischkorb dicht vor die Nase halten und so verhindern, dass dieser lästige Blumenduft in unsere Nasenlöcher dringt und uns den Schlaf raubt.‹ Alle stimmten dem Vorschlag freudig zu und handelten entsprechend, und bald begannen alle zu schnarchen. Dies ist wahrlich die Macht und der Einfluss schlechter Gewohnheiten auf all jene, die ihnen verfallen sind.«

Der weltliche Mensch, »verrückt nach Sinnenfreuden und von Lust versklavt«, kann nicht lange in einer Atmosphäre des Sattva-Guna sein, ohne Unruhe und Unwohlsein zu empfinden.

Auffällig ist dies beim Thema »was durch Augen und Ohren in den Geist gelangt«. Überwältigt von einer Flut an schlechter Musik und dämonischen Bildern, findet der Mensch der modernen Gesellschaft sattvische Bücher, Filme und Musik »langweilig, altmodisch, reizlos«. Aber das Lesen guter Schriften, das Betrachten guter Filme, das Hören sattvischer Musik wird den Geist wieder umpolen.

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Anregungen zu sattvischen Büchern

»Die Zahl der Bücher ist unendlich, und die Zeit ist kurz!« [Svâmî Vivekânanda, 1863–1902]

An erster Stelle steht natürlich das Buch der Bücher, die wichtigste Schrift der Menschheit – Shrîmad-Bhagavad-Gîtâ, mit den Worten Wilhelm von Humboldts »Das Tiefste und Erhabenste, was die Welt aufzuweisen hat.« Obwohl es darin um einen Kampf (Rajas) geht, führt das Zwiegespräch von Shrî Krishna und Arjuna ins reinste Sattva – und darüber hinaus, denn am Ende müssen alle Gunas überwunden werden, um das höchste Ziel zu erreichen. Der Befreite ist der Gunâtîta, »der über die Gunas Hinausgegangene«.

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Anregungen zu sattvischen Filmen

Die wundervoll ruhig und andächtig erzählte Geschichte von Shrî Ramana Maharshi, den meisten anderen verfügbaren ähnlichen Videos vorzuziehen. Mit fantastischen Bildern des Meisters. Reinstes Sattva-Guna. Sprache: englisch. Hinweis: Die angebotenen Untertitel enthalten viele Fehler und sind daher nur bedingt zu empfehlen. [Dauer: 1.12.45]

Ein alter bengalischer Film über Shrî Râmakrishna Paramahamsa (Jahr 1955) mit leider schlechter Bild- und Tonqualität. Einen Wahrheitssucher stört das aber nicht, der Film ist ein Juwel. Hauptdarsteller Kanu Banerjee hat eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Meister. Sprache: bengalisch, mit englischen Untertiteln. Der Film ist reinstes Sattva-Guna. Falls dieser Link bei YouTube verschwinden sollte, hier eine zweite Möglichkeit, eventuell mit etwas besserer Qualität. [Dauer: 2.20.27]

»Dieser Film ist eine bescheidene Hommage an den großen Baba Neeb Karori Maharaj, der eine wundervolle Metapher für die erhabenen Wesen ist, die das Land Indien seit Jahrtausenden durchstreifen.« So heißt es in der Einleitung zu dieser bewegenden Dokumentation (Jahr 2020, Sprache indisch/englisch, Untertitel englisch) über den Heiligen Nîb Karorî Bâbâ (im Westen mehr bekannt als Neem Karoli Baba, siehe dazu meine Anmerkung hier) mit ergreifenden Schilderungen persönlicher Erlebnisse und Anekdoten, und mit schönen Bildern des Bâbâ. Es gibt eine Fassung von 129 Minuten und eine längere, noch bessere Version (166 Minuten) mit zusätzlichen Berichten. Das inspirierende, an vielen Stellen tränentreibende Werk schwingt in reinem Sattva-Guna. Da jemand den Film illegal auf YouTube hochgeladen hat entschloß sich Windfall of Love (Herausgeber) ebenfalls für einen Upload der kürzeren Version (Link) und auch der – wie gesagt: noch besseren – längeren (Link) auf YouTube, in diesem Fall ohne Werbeunterbrechungen.

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Drei Zwischenbemerkungen

1. Google (= YouTube) hat sich in den letzten 3 Jahren durch schlimmste Manipulationen bezüglich Klimawandel und Coronavirus von dem vielzitierten »Don't be evil«-Image ins Gegenteil verkehrt, Google ist böse und sollte nach Möglichkeit gemieden werden. Andererseits sind 90 Prozent der Musikvideos, insbesondere vom Genre Bhajan, nur auf YouTube zu finden ...

2. Um die bei solchen Videos stets deplatzierten Werbeeinblendungen von YouTube zu umgehen ist die Einrichtung eines Werbeblockers zwingend geboten.

3. Zur besseren Konzentration und zur effektiveren Wirkung der Schwingungen mag es bei den meisten Videos von Vorteil sein, nur die Musik – über Kopfhörer – anzuhören, also ohne Bilder.

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Anregungen zu sattvischer Musik

»Indische Musik orientiert sich ausschließlich am Zweck der göttlichen Kommunikation.« [M. S. Subbulakshmi Amma, 1916–2004]

Das berühmte »purnam adah …«, eine Anrufung des Friedens (shânti) aus der Îsha-Upanishad, ist einer der wichtigsten Mantras überhaupt. Eine genauere Erklärung dazu findet man hier. Die meisten westlichen Vertonungen des purnam adah sind schlimm, eine Verhunzung heiligster Worte. Aber auch in Indien hat man nicht immer die Garantie einer korrekten Aussprache, seltsam. Diese Rezitation ist sehr gut. [Dauer: 01.25]

Eine wundervolle Mischung von Energie (Rajas) und Transzendenz (Sattva) sind diese zeitlosen Rezitationen von Priestern aus Kashi (Benares), man fühlt sich um dreitausend Jahre zurückversetzt in das alte Indien. So bemerkt ein indischer Kommentator: »Diese Gesänge geben mir Energie und bringen mich in die vedische Welt.« [Dauer: 06.36]

Die erste Rezitation der Bhagavad-Gîtâ, auf die ich traf, ist mir nach wie vor die liebste (Svâmî Brahmânanda). Gute Aussprache in ruhiger, meditativer Schwingung.

Die Sängerin Sooryagayathri ist heute ein Star (wie man so sagt). Eine der ersten Glanztaten ist ihre frühe Version des beliebten »Hanuman Chalisa«. Wenn ein neunjähriges Kind zu einer derartigen Leistung, zu solcher Reinheit und Hingabe fähig ist, dann gibt es noch Hoffnung für diese armselige Welt. [Dauer: 10.12]

Zum Vergleich und ebenfalls ein spiritueller Genuß: »Hanuman Chalisa« von der jungen Sängerin Uthara Unnikrishnan. [Dauer: 10.42]

Perfektion aus der Werkstatt von Kuldeep M Pai, einem südindischen Musiker, Musik-Guru und Produzenten echter Juwelen spiritueller Musik. Die Schwestern Purva und Paavani Cotah demonstrieren Gesangskunst in Vollendung. Reines Sattva-Guna. [Dauer: 08.20]

Von dem Krishna-Bhajan »Mera Aap Ki Kripa Se« (»Alles was ich tue geschieht nur durch Deine Gnade«) gibt es sehr viele Versionen, dies sind die bisher schönsten, die ich gehört habe: Version 1 – männlich/weiblich [Dauer: 04.47] • Version 2 – weiblich [07.53] • Version 3 – männlich [05.51] • Version 4 – weiblich [08.04].

Ein Meisterstück indischer religiöser Musik, ein Krishna-Bhajan. Reinheit des Gesanges, Reinheit der Hingabe, Reinheit der Schwingung. [Dauer: 06.38]

♦ ♦ ♦

Um es generell zu betonen:

Die Tonqualität und andere technische Dinge sind unwichtig. Sogar die Texte muß man nicht unbedingt verstehen. Man sieht und hört Menschen, die dem Höheren hingegeben sind; das Verständnis kommt dann von selbst. Es zählt allein der Klang – die göttliche Schwingung, auf der man sich tragen lassen soll.

In diesem Video singt Sooryagayathri ein in Südindien berühmtes Lied in tamilischer Sprache, in dem Gott um Segen und Schutz gebeten wird. Eine Inderin, die kein Tamil spricht, kommentiert: »Verstehe die Sprache nicht, aber das Herz singt mit. Tränen fließen. Der Geist beruhigt sich.« [Dauer: 22.11]

In diesem Video mit Rezitation (ab Minute 04.25) des Purusha-Sûktam schreibt jemand im Kommentar: »Auch wenn ich kein einziges Wort verstehe, bringen mir diese Gesänge großen Frieden. Danke!« Ihm antwortet ein weiterer Kommentator: »Das Verstehen der Bedeutung ist dem Hören der Klänge untergeordnet – die Kraft des Veda ist Klang. Deshalb lernen die Kinder das Singen vor dem Studium der Bedeutungen.« [Dauer: 11 Minuten]

In diesem Video, ein herrlicher Bhajan von Maithili Thakur, kommentiert ein Inder: »Ich kann kein einziges Wort verstehen, aber ich habe das Lied jetzt mindestens 100-mal angehört.« [Dauer: 05.37]

♦ ♦ ♦

Ein Juwel: Kuldeep M Pai mit Sängerin Paavani Cotah bei der Vorbereitung auf das unten folgende Video. Hinreißende Erklärungen von Kuldeep zur Größe des Gurus. Das Gespräch ist typisch indisch, im besten Sinne. [Dauer: 07.14]

Paavani Cotah singt in einer von Kuldeep M Pai geschaffenen Vertonung des berühmte Poems eines südindischen Heiligen über die Größe des Gurus: »Solange du nicht Diener (Sklave) des Gurus bist, kann keine Befreiung erreicht werden.« Der hervorragende Gesang von Paavani Cotah und die Musik von Kuldeep Pai sind reines Sattva-Guna. [Dauer: 04.16]

Das Gespräch von Kuldeep M Pai mit Paavani Cotah über die Hymne »Ich verbeuge mich vor dem Sadguru«. Einmalig Paavanis Gesang, ebenso einmalig Kuldeeps hingebungsvolle Art der Erklärungen. Wer den indischen Geist verstehen will, sollte solche Videos genießen. [Dauer: 08.36]

Ein zu Herzen gehendes Paradebeispiel indischer Spiritualität. Der Meister selbst – Kuldeep M Pai – singt mit zwei seiner Schülerinnen den Mantra Om Namah Shivaya. Reines Sattva-Guna. [Dauer: 07.31]

Tulsidas' berühmtes Rudra-Asthakam (»Acht Verse über Rudra«), ein Loblied auf Gott Shiva, beginnt mit den Worten: »O Herr! Ich verneige mich vor Dir, der Du die Verkörperung des Nirvâna bist ...« Vertonungen des Rudrâshtakam gibt es viele; in meinen Ohren eine der schönsten ist jene der Sängerin Sneha Singh, die sich in großer Ruhe und Hingabe an das Göttliche richtet. Ein Verständnis des Textes ist sicherlich hilfreich, aber man lasse sich lieber von der himmlischen Schwingung der Hymne tragen. [Dauer: 05.30. Diese 5 Minuten werden dann fünfmal wiederholt, so daß das Ganze über eine halbe Stunde geht. Eine gute Idee, welche das Meditative des Gesangs noch verstärkt. Allerdings nur, wenn die wohl unvermeidlichen Werbungen zwischendrin von einem Werbeblocker neutralisiert werden können.]

Eine ergreifende, im Vergleich zur obigen Fassung traditionellere Fassung des Rudrâshtakam stammt vom Sänger Parthiv Hariyani. Große Hingabe, göttliche Schwingung. [Dauer: 11.20]

Sooryagayathri singt eine Hymne von Shrî Shankarâchârya, das Achyutâshtakam (»Acht Verse über den Unvergänglichen«). Der elektrisierende Einschub »Krishna Krishna Hare Krishna Krishna, Râma Râma Hare Râma Râma« stammt nicht von Shrî Shankara, paßt aber derart gut in den Gesang, daß man es als göttliche Fügung durch den Komponisten sehen darf. Reines Sattva-Guna. [Dauer: 07.36]

Maithili Thakur: Hingabe pur. Indien von seiner besten Seite. [Dauer: 05.03]

Shrî Tyâgarâjâ (1767–1847), einer der größten Musiker Südindiens und ein Heiliger (sein Name bedeutet »König des Verzichts, der Askese«) hat zahlreiche spirituelle Lieder und Musikstücke komponiert. Hier eines seiner Werke, gespielt von Rajesh Vaidhya auf der südindischen Langhalslaute Vînâ (Veena), welche einen schöneren Klang hat als die Sitar Nordindiens. Eigentlich empfehle ich Rajesh Vaidhya nicht, da er, wie so viele indische Musiker, auf den Zug des Modernen gesprungen ist und eine Art indischen Jazz unter Beteiligung – welch ein Graus – von westlichem Schlagzeug zelebriert, für mich eine ungesunde Mischung zweier Welten. Auf der anderen Seite ist Rajesh Vaidhya ein allseits bewunderter Großmeister der Vînâ. In diesem Video spielt er in Perfektion rein traditionell. Man beachte auch das dezente, im Vergleich zum westlichen Tschinderassabumm geradezu melodiöse »Schlagzeug« – die wundervoll klingende klassische Trommel Mridangam, und man staune über die Fertigkeit eines Könners am Ghatam (Tontopf). Drei Meister am Werk! Ein indischer Kommentator bemerkt treffend: »Die Bemühungen der letzten Zeit, die klassische Musik mit der westlichen Musik zu vermischen sind verrückt. Das Hören dieser Originalversion macht viel Freude.« [Dauer: 11.23]

Ein weiteres Werk von Shrî Tyagarâja, ausgeführt von zwei Spitzenmusikern, Ambi Subramaniam (Violine) und Patri Satish Kumar (Mridangam). Die Subtilität der karnatischen (südindischen) Musik wird an diesem Werk sehr deutlich. Beachtenswert ist hier neben der Inspiration Subramaniams die Feinfühligkeit des Mridangam-Spielers. Oft ist es in indischen Musikstücken so, daß sich Perkussionisten über Gebühr einmischen, den Solisten fast übertönen (ich habe das selbst einmal in Karlsruhe bei einem Konzert erlebt, sehr unangenehm), natürlich ein Ego-Problem des Betreffenden. Man bewundere also die edle Zurückhaltung von Patri an der erneut wundervoll klingenden Mridangam. Ein Kommentator schreibt hier dazu: »Das Spiel von Patri Satish Kumar fasst alles zusammen, was es über perfekte Begleitung zu sagen gibt. Er folgt nicht einfach dem Lied, sondern verschönert jede Zeile, Phrase und Silbe mit liebevoller Sorgfalt. Nicht ein einziges Mal übertreibt er es oder dringt in den Raum der Violine ein.« [Dauer: 06.35]

Eine wundervolle Version von »Namo Narayanaya« durch den Sänger G. Balakrishnaprasad, ganz traditionell. Die Schwingung ist reines Sattva. [Dauer: 05.00]

Shrî Purandara Dâsa (1470–1564) war Philosoph, Sozialreformer, Heiliger, Sänger und Komponist; einer der Hauptbegründer der karnatischen (südindischen) Musik, ähnlich Shrî Tyâgarâjâ. Eines seiner schönsten Werke ist das wundervolle Venkatâchala Nilayam, in dem Gott Vishnu und seine Wohnstätte, der Himmel Vaikuntha verherrlicht wird. Als eines der beliebtesten Werke gibt es entsprechend zahlreiche Versionen des Liedes. Hier werden zwei bevorzugt, und beide Sänger kommen aus der Schule von Kuldeep M Pai. 1. Raghuram Manikandans Interpretation ist die eines reifen jungen Mannes mit herrlicher Stimme, die Ausführung grenzt an Perfektion. 2. Die Interpretation von Rahul Vellal fällt aus zwei Gründen besonders auf; einmal ist es erstaunlich, wie gut die Qualität seines Gesangs in diesem Alter ist, und zum zweiten bestechen die sagenhaften Begleitmusiker. In beiden Versionen fällt der überirdische Klang der Mridangam auf, es ist wie ein Ruf aus dem Jenseits, himmlisch. Die Mridangam erklang und erklingt bei Shivas wildem kosmischem Tanz der Schöpfung und der Zerstörung (Ânanda-Rudra-Tândava des Shiva Natarâja) und erhielt deswegen den Namen Deva Vadyam, göttliches Instrument. Bei jedem Hören der Mridangam denke ich spontan an Shiva. Ein indischer Kommentator schreibt hier: »Musik in ihrer reinsten Form.« [Dauer: Raghuram 05.20; Rahul 04.50]

Ein weiteres Meisterwerk von Shrî Purandara Dâsa, »Tambûri mîtidava – Wer die Tambura spielt, überquert den Ozean der weltlichen Existenz«. Es singt erneut Raghuram Manikandan, hier noch sehr jung und schon so reif, eine verblüffende Gesangsqualität. Der schönste Kommentar steht gleich an erster Stelle, ein Inder schreibt: »Warnung! Hört dieses Lied nicht an! Hochgradig süchtig machend, ich komme nicht mehr davon los.« Die Begleitmusiker sind hervorragend. Hinreißend und pures Sattva, wie alle Kompositionen des großen Purandara Dâsa. [Dauer: 04.48]

Noch eine wunderbare Version von »Tambûri mîtidava«. Auffallend ist hier die herrliche Stimme der Sängerin Gayathri Girish, die »mühelos und makellos« (wie ein Bewunderer schreibt) Shrî Purandaras Lied meditativ zum Ausdruck bringt. [Dauer: 04.18]

»Vishweshara darshan kar chalo mana tuma kashi« – »O mein Geist, unternimm eine Pilgerfahrt nach Kashi, um dort die Vision des HERRN Vishweshwara (Shiva) zu haben …« So lautet der Beginn dieses wundervollen, bewegenden Liedes des südindischen Mahârâjas Swâti Tirunâl (König, Musiker, Komponist), der sich nach Kashi (Benares) sehnte. Die Stimmung ist entsprechend sehnsuchtsvoll im herrlichen Râga Sindhubhairavi. Die Interpretation des Sängers Sreevalsan ist die »normale« (halb)klassische, wie man sie eigentlich erwartet, meisterhaft gesungen und einfach wunderschön. Die Version der Sängerin Sivasri Skandaprasad betrachte ich als absolut hingegeben, seelenvoll, ruhig und friedenbringend. Sie geht direkt ins Herz, weil sie die Intention, die Stimmung des königlichen Komponisten am besten trifft. [Dauer: Sreevalsan = 06.24; Sivasri = 06.19]

Der geheimnisvolle Râga Sindhubhairavi steht für Trennung (vom Göttlichen), Trauer, Mitleid, Hingabe. Die göttlich-sehnsuchtsvolle Schwingung von Swâti Tirunâls Meisterwerk »Vishweshara Darshan« kommt in dieser einmaligen Violinfassung der Geschwister Ranjani und Gayatri überaus deutlich zum Vorschein. [Dauer: 08.33}

»Dhanashree Thillana«, ein weiteres wundervolles Werk von Mahârâja Swâti Tirunâl, hier in einer Fassung für Violine, makellos gespielt von Ambi Subramaniam, mit hervorragenden Perkussionisten. [Dauer: 05.53]

Der »Große Mantra« (mahâmantra) »Hare Krishna …« existiert in Hunderten von Versionen. Hier werden zwei indische vorgestellt, 1. vom Sänger Hari Om Sharan, klassisch und sehr schön, und 2. eine wundervolle Version mit der Stimme des unvergesslichen Jagjit Singh (†2011). Seine Version ist sehr lang, weil Singh neben dem Mahâmantra weitere Anrufungen Krishnas einfügt, in meinen Ohren gelungen. Beide Vertonungen atmen den wahren Geist Indiens. Es folgen zwei westliche Versionen von Krishna Das, sie besitzen eine eigene Magie im Zusammenwirken von großartigem Sänger und wunderbarem Chorus: 3. Mahâmantra Meltdown und 4. Township Krishna. Zu den beiden westlichen Versionen paßt der Kommentar eines Inders: »Das nennt man Singen aus der Seele, denn es verbindet sich mit der Seele des anderen und gibt sowohl dem Sänger als auch dem Zuhörer das Gefühl, dass alle Seelen miteinander verbunden sind und dass niemand auf diesem Planeten allein ist … Krishna Das ist ein wahrer Anhänger von Nîb Karorî Bâbâ, dem großen Heiligen … welche Freude und welcher Frieden!« [Dauer: Hari Om Sharan 07.57; Jagjit Singh 42.47; Mahâmantra Meltdown 16.05; Township Krishna 08.52]

Genauso unvergeßlich wie die Stimme von Jagjit Singh (†2011) ist jene unverwechselbare von Pandit Jasraj (†2020), ein Riese des indischen Gesangs. Beispiele seiner Kunst sind hier ein Râma-Bhajan, ein Shiva-Bhajan und eine Anrufung von Devi, der Göttlichen Mutter. Alle drei Versionen bestechen durch die Tiefe der Hingabe, durch einen mitreißenden, beinahe hypnotischen Rhythmus, durch eine wahrhaft göttliche Schwingung. Ein indischer Kommentator schreibt zum Devi-Bhajan, der sich qualitativ überdeutlich von anderen Versionen abhebt: »Es kann keine bessere Würdigung des spirituellen Flusses geben, als Tränen des Glücks zu vergießen, wenn man diesen Bhajan hört.« Ebenso gilt das für die beiden anderen hier vorgestellten Lieder; mein Liebling ist der einmalige Râma-Bhajan, insbesondere die letzten, sehr intensiven 5 Minuten – von Pandit Jasraj sollte man sich einfach tragen lassen. Ein indischer Kommentator schreibt: »Pandit Jasraj ist der größte Sänger unserer Zeit. Wir sind stolz darauf, ihn in unserem Leben zu haben. Seine Stimme wird Millionen von Menschen zur Spiritualität führen.« [Dauer: Râma-Bhajan 14.22; Shiva-Bhajan 10.36; Devi-Bhajan 08.59]

»Hey Govinda Hey Gopala« … Suman Kalyanpuri ist beliebt als Sängerin von Filmmusiken. Was sie jedoch in diesem berühmten Krishna-Bhajan des Heiligen Surdas abliefert kann man nur als göttlich bezeichnen. Die Begleitmusik ist durchschnittlich; alleine die Leistung von Suman Kalyanpuri bringt den Bhajan auf eine derart hohe Schwingung. [Daher: 06.50]

»Hey Govinda Hey Gopala« … Der Bhajan des Heiligen Surdas hier in der Version der Sängerin Gayatri Kamakoti, sehr indisch, sehr rein, ganz anders als die obige von Suman Kalyanpuri aber ebenso hingegeben, himmlisch. [Dauer: 05.06]

»Shri Krishna Govinda Hare Murari« ist einer der bekanntesten und beliebtesten Bhajans, davon gibt es sicherlich Hunderte von Versionen. Die hier ausgewählte hat zwar eine westliche Begleitung (sie ist jedoch recht dezent), aber die Hingabe des Sängers Nandlal Chhanga bringt das Lied auf eine hohe Schwingung, weswegen ich sie allen anderen gegenüber bevorzuge. [Dauer: 04.34]

»Om Namo Nârâyanâya« ist einer der Moksha-Mantras (moksha = Erlösung, Freiheit). Es existieren zahllose Rezitationen bei YouTube, und 99 Prozent davon sind nicht gut. Die westlichen Versionen sind Kitsch, typisch westlich eben, man kann sie vergessen. Was die östlichen Rezitationen angeht beklage ich aufs Neue die mangelnde Sorgfalt der Inder. Da wird der altehrwürdige achtsilbige Mantra auf sieben Silben verkürzt (Om Namo Nârâyana), unverständlich; da wird das Anfangs-Om zweisilbig gesungen, was in Liedform angehen mag, als Mantra-Rezitation aber falsch ist (siehe dazu die Anmerkung hier). Und so weiter. Hier seien drei einigermaßen befriedigende Versionen vorgestellt: Version 1 [Dauer: 22.30] • Version 2 [12.00] • Version 3 in Liedform [34.50].

»Om Namah Shivâya« ist ein anderer Moksha-Mantra. Hier gilt das gleiche wie eben gesagt: zahllose Rezitationen, 99 Prozent nicht hörenswert. Die meisten Inder reduzieren den Mantra auf «Om Namah Shivay«, aus einem geheiligten Sanskritmantra wird eine Hindi-Version, schwer verständlich. An dieser Stelle zwei befriedigende Fassungen: Version 1 [Dauer: 14.35]; Version 2 [15.20].

Hervorragende Sänger, wunderbarer Chorus, höchste Schwingung, Indien von seiner besten Seite: Hier einige der schönsten Bhajans, die ich kenne – gesungen zu Ehren von Shrî Satya Sâî Bâbâ. »Panduranga Vitthala« [Dauer: 03.38]; »Vitthala Narayana« [04.58]; »Bhajare Rama Charan« [04.28]; »Jaya Jaya Rama Jaya Raghu Rama« [04.15]; »Om Namo Bhagavate Vasudevaya« [03.14]; »Durge Durge Durge Jay Jay Ma« [03.20];

»Hriday Kutiro Dvar« ist ein herrlicher alter Bhajan aus Bengalen, der durch Paramahamsa Yogânanda weltberühmt wurde unter dem Titel »Door of my heart«. Hier zwei schöne Versionen, welche die sehnsuchtsvolle Schwingung des Liedes am besten wiedergeben. Version 1 [Dauer: 05.34] von den Gurubhakti Brothers, und Version 2 [06.41] von der Polestar Community. Der Text: »Door of my heart, open wide I keep for Thee. Wilt Thou come, wilt Thou come? Just for once come to me. Will my days fly away without seeing Thee, my Lord? Night and day, night and day, I look for Thee night and day.«

»Om Jay Lakshmi Mata« hat dieselbe Melodie wie das noch berühmtere »Om Jay Jagadisha Hare« und richtet sich an die Göttliche Mutter. Auch davon gibt es zahllose Fassungen. Ich kenne sehr viele und kann sagen: Keine ist besser als die hier vorgestellte mit der wunderbaren Sängerin Shamika Bhide. Eine schnörkellose, nicht pompöse, in der gebotenen religiösen Einfachheit vorgetragene Hymne. Reines Sattva-Guna. [Dauer: 06.28]

»Mânasa Bhajare Guru Charanam Dustara Bhava Sâgara Taranam … Verehre in deinem Geist die Füße des Gurus; das wird dich über den schwer zu überquerenden Ozean des Samsâra hinüberführen.« Als der 14jährige Satya Sâî Bâbâ im Jahre 1940 sich als Guru offenbarte und Seine Mission begann, war dies die Anfangszeile des ersten Bhajans, den Er Seine Anhänger lehrte. Diese Zeile ist die Essenz des spirituellen Weges (→ Link). Es gibt viele Fassungen des wundervollen Liedes; in meinen Ohren die schönsten sind: Version 1, sozusagen die offizielle Âshram-Version, Dauer: [04.10]; Version 2 [05.35]; Version 3 [05.37]; Version 4 [04.47]; Version 5 [04.41]; in der letzten ist anfangs kurz die Stimme von Shrî Satya Sâî Bâbâ zu hören.

Sergey Golosheykin, Gründer des YouTube-Kanals »Relax Music Meditation«, hat mit der Musik zum Video »Mein Besuch des Haidhakan Babaji Âshram« etwas Wundervolles vollbracht. Es entspricht seinem Satz zu dem Besuch des Haidhakan Âshrams: »Es war eine der tiefgreifendsten Erfahrungen der Gegenwart Gottes.« Das gesamte Video schwingt in reinstem Sattva. [Dauer: 35.43]

Pushpendra Chauhan – eine der schönsten männlichen Stimmen Indiens; Amrita Chauhan – eine der schönsten weiblichen Stimmen Indiens. Das Paar gehört zu den Interpreten der extrem populären sogenannten »neuen Bhajans«. Gemeint ist damit nicht der Gesang bzw. die Melodien, welche nach wie vor klassisch sind und gar nicht verändert werden können, sondern ausschließlich die Begleitmusik, die Arrangements – eben modern. Viele »neue Bhajans« sind für mich daher nicht mehr genießbar. Die Chauhans allerdings halten sich in dieser Hinsicht eher zurück; modern ja, aber erträglich und manchmal sogar mitreißend. Die wundervolle Stimme von Pushpendra Chauhan kommt in dieser Eigenkomposition – ein kleiner Geniestreich – zur Geltung: Ram Ram Sita Ram [Dauer: 02.54], und die himmlische Stimme von Amrita Chauhan hier: Sanware Aye Jaiyo [03.20]. Die Chauhans fallen unter anderem durch ihre – sattvische – Fröhlichkeit auf, was besonders hier zu erkennen ist: Badhai Gar Bhaje [03.37]. Schließlich zum Vergleich männlich/weiblich eine vorwiegend klassische Interpretation des Bhajans Koi Jaye Jo Vrindavan (»Jeder der nach Vrindavan geht …«), Version 1 gesungen von Pushpendra Chauhan [02.40], Version 2 von Amrita Chauhan [02.40]. Die Chauhans – einfach wundervoll.

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Eine Mahnung (Kularnava-Tantra)

zitiert aus dem im Jahre 1918 erschienenen verdienstvollen Werk Shakti and Shakta. Essays and Addresses on the Shakta-Tantrashastra von Sir John Woodroffe (Arthur Avalon).

«In the grand opening chapter of the Kularnava Tantra it is said:
In this world are countless masses of beings suffering all manner of pain. Old age is waiting like a tigress. Life ebbs away as it were water from out of a broken pot. Disease kills like enemies. Prosperity is but a dream; youth is like a flower. Life is seen and is gone like lightning. The body is but a bubble of water. How then can one know this and yet remain content? The Jîvâtman passes through lakhs of existence, yet only as man can he obtain the truth. It is with great difficulty that one is born as man. Therefore, he is a self-killer who, having obtained such excellent birth, does not know what is for his good.»

»In dem großen eröffnenden Kapitel des Kularnava-Tantra wird gesagt:
In dieser Welt leiden zahllose Wesen alle Arten von Schmerzen. Das Alter wartet gleich einer Tigerin. Das Leben fließt fort wie Wasser aus einem zerbrochenen Krug. Krankheit tötet wie ein Feind. Reichtum ist nur ein Traum; Jugend gleicht einer Blume. Das Leben blitzt auf und schwindet wieder. Der Körper ist wie eine Wasserblase. Wie kann man dies wissen und doch zufrieden sein? Der Jîvâtman (die Seele) durchläuft hunderttausende von Existenzen, doch nur als Mensch kann er die Wahrheit erlangen. Es ist sehr schwer, als Mensch geboren zu werden. Darum ist ein Selbstmörder wer nicht weiß was ihm gut tut, nachdem er solche herausragende Geburt erlangt hat.«

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Will der Mensch nicht frei sein? (Shrî Râmakrishna Paramahamsa)

Diese unsterblichen Worte von Shrî Râmakrishna Paramahamsa (1836–1886) findet man im 1898 erschienenen Buch von Prof. Max Müller: Ramakrishna. His Life and Sayings und sind dort unter Spruch 312 verzeichnet.

312. «There are men who, although they have nothing to attract them in  this world, create some attachments for themselves, and so try to bind  themselves to this earth. They do not want and do not like to be free. A  man who has no family to care for, no relatives to look after,  generally takes a cat, or a monkey, or a dog, or a bird for a pet object  and companion, and thus slakes his thirst for milk by drinking mere  whey. Such is the power of Mâyâ or Nescience over humanity.»

312. »Es gibt Menschen die, obwohl sie nichts mehr haben was sie in dieser Welt anzieht, sich selber einige Bindungen schaffen und so versuchen, sich an diese Erde zu fesseln. Sie wollen nicht frei sein und lieben es nicht, frei zu sein. Ein Mensch der keine Familie zu versorgen hat, keine Verwandten um die er sich kümmern muß, legt sich in der Regel als Haustier und Gefährten eine Katze zu, oder einen Affen, oder einen Hund, oder einen Vogel, und stillt so seinen Durst nach Milch durch das Trinken bloßer Molke. Solches ist die Macht der Mâyâ oder Unwissenheit über die Menschheit.«

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Nicht-Selbst und Selbst (Chândogya-Upanishad VIII.7)

[aus: Yoga-Sûtra. Der Yogaleitfaden des Patañjali. ©Raja Verlag]

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Eine der berührendsten, erleuchtendsten Geschichten aus den Upanishaden. Und eine der praktischsten, denn es geht um Erfahrungen, die wir alle jeden Tag und jede Nacht machen. Am Beispiel solcher Geschichten mag man erkennen, welch überragende Ebene der indische Geist erreicht hatte zu einer Zeit, als die Menschen des Westens noch in Fellen gekleidet durch die Wälder streiften auf der Suche nach Nahrung.

Welche Erkenntnis gewinnt man aus Wachzustand, Traum und Tiefschlaf? Dies ist ein Gedanke, den die Weisen Indiens bevorzugt gebrauchen, um zum Nachdenken anzuregen. Ausgegangen wird vom Yoga-Sûtra, wo Shrî Patañjali sagt (II.5): anitya-ashuchi-duhkha-anâtmasu nitya-shuchi-âtmâ-khyâtir avidyâ || »Im Nicht-Ewigen, im Unreinen, im Leidvollen und im Nicht-Selbst das Ewige, das Reine, das Freudvolle und das Selbst zu sehen ist Nichtwissen.« Und Avidyâ, das Nichtwissen, ist die Ursache für unsere Irrfahrt im Samsâra.

Das Nicht-Selbst für das Selbst zu halten (YS II.5); sich mit den Vrittis, mit dem eigenen Geist zu identifizieren (YS I.4); eine Erkenntnis aus Traum und Tiefschlaf zu gewinnen (YS I.38) – dazu nun die berühmte, wundervolle Lehrgeschichte aus der Chândogya-Upanishad. In Anbetracht der Länge des Textes wird man verstehen wenn – mit Ausnahme der Eingangsworte – auf das Sanskrit verzichtet wird: 

VIII.7: »ya âtmâ apahata-pâpmâ vijaro vimrityur vishoko vijighatso'pipâsah … iti ha prajâpatir uvâcha«

VIII.7: »Den Âtman [das Selbst], der frei ist von allem Bösen, frei von Alter und Tod, frei vom Kum­mer, von Hunger und Durst …, ihn soll man suchen, ihn soll man zu erkennen wünschen. Wer diesen Âtman findet und erkennt, erlangt alle Welten und alle Wünsche.« So sprach Prajâpati [der Herr der Geschöpfe]. 

Dies hörten die Götter und auch die Dämonen, und sie sprachen: »Wohlan! Laßt uns den Âtman suchen …«; und von den Göttern wurde Indra, von den Dämonen Virochana ausgesandt. Ohne voneinander zu wissen, erschienen beide vor Prajâpati.

Nachdem sie zweiunddreißig Jahre bei ihm im Stande der Schülerschaft gelebt hatten, fragte Prajâpati, in welcher Absicht sie gekommen wären; und sie sagten, sie wollten von Ihm über das Selbst hören.

Prajâpati sprach [sich zunächst auf ihre Ebene stellend]:

»Der Purusha [Mensch], welcher [als Spiegelbild] im Auge gesehen wird, er ist das Selbst, das Unsterbliche, Furchtlose, das Brahman!« Indra und Virochana [Seher und Gesehenes gleichsetzend – siehe Yoga-Sûtra II. 6 – fragten zur Bestätigung]: »Wer ist jener, der im Wasser und im Spiegel zu sehen ist?« Prajâpati: »Betrachtet euch in einem Gefäß mit Wasser. Was seht ihr?« – »Wir sehen vollständig uns selbst als Spiegelbild.« – »Nun schmückt euch, legt prächtige Kleider an und blickt erneut ins Wasser.« Die Schüler [mit dem Wechsel ihrer selbst auch das Selbst als wechselnd ansehend]: »Ebenso geschmückt und prächtig gekleidet, wie wir es sind, o Herr, ist das Selbst geschmückt und gekleidet.« – »Dies«, sprach Prajâpati, »ist das Selbst, das Unsterbliche, Furchtlose, das Brahman!« Da zogen Indra und Virochana friedlichen Herzens fort. Prajâpati aber sah ihnen nach und sprach: »Da gehen sie hin, ohne das Selbst gefunden zu haben. Wer von den Göttern oder Dämonen dieser Lehre folgt, wird verloren sein.«

Zufrieden kam Virochana zu den Dämonen zurück und verkündete ihnen [Körper und Geist für das Selbst haltend]: »Man soll sich glücklich machen, sich selbst dienen! Wer dies tut, erlangt beides, diese Welt und die jenseitige.« Daher nennt man hier auf Erden heute noch einen, der nicht spendet, nicht glaubt und nicht opfert, einen Dämonen; denn dies ist die Lehre der Dämonen. Sie richten sogar den Körper von Verstorbenen mit schönen Kleidern und mit Schmuck her, weil sie glauben, dadurch die jenseitige Welt zu gewinnen.

Indra aber kam auf dem Weg, noch ehe er bei den Göttern angekommen war, dies Bedenken: »So wie das [angebliche] Selbst schön gekleidet und geschmückt ist, wenn der Körper schön gekleidet und geschmückt ist, ebenso muß ja das Selbst blind in einem blinden, lahm in einem lahmen, verstümmelt in einem verstümmelten Körper sein. Es geht zugrunde, wenn der Körper zugrundegeht. Ich sehe darin nichts Erfreuliches.« Und er kehrte um.

Prajâpati sagte zu ihm: »Du zogst doch mit Virochana friedlichen Herzens von dannen. Mit welchem Wunsch kehrst du zurück?« Und Indra legte sein Bedenken vor … »So wie du sagst, o Indra«, sprach Prajâpati, »genauso ist es! Ich will es dir nun weiter erklären. Bleibe bei mir.« Und Indra blieb weitere zweiunddreißig Jahre bei Prajâpati.

Dann sprach dieser zu ihm: »Das, was im Traumzustand glücklich umherstreift – das ist das Selbst, das Unsterbliche, Furchtlose, das Brahman.« Friedlichen Herzens zog Indra von dannen. Noch ehe er aber bei den Göttern angekommen war, kam ihm das Bedenken: »Wenn auch das Selbst nicht blind ist, wenn der Körper blind ist, noch lahm, wenn dieser lahm ist; wenn auch das Selbst von den Gebrechen des Körpers nicht in Mitleidenschaft gezogen wird …, so scheint es [im Traum] dennoch, als würde es getötet, als würde es bedrängt, als würde es Unangenehmes erfahren, als würde es weinen. Ich sehe darin nichts Erfreuliches.« Und er kehrte abermals zu Prajâpati zurück.

»O Indra! Du bist doch friedlichen Herzens von hier gegangen; welcher Wunsch bringt dich zurück?« Und Indra legte erneut sein Bedenken vor … »Genauso ist es, Indra! Nun will ich es dir weiter erklären. Bleibe noch zweiunddreißig Jahre bei mir.« Dann sprach Prajapati zu ihm: »Wenn man im (Tief)schlaf sich befindet, ganz in sich zurückgezogen [wenn der Geist in die Lebenskraft eingegangen ist], vollkommen friedlich, ohne Traum – dies ist das Selbst, das Unsterbliche, Furchtlose, das Brahman!«

Friedlichen Herzens zog Indra wieder von dannen. Noch ehe er aber bei den Göttern angekommen war, kam ihm das Bedenken: »In diesem Zustand [des Tiefschlafs] hat man doch keinerlei Bewußtsein, man weiß nicht: ›Dies bin ich‹, noch kennt man die anderen Wesen. Man ist wahrlich wie ausgelöscht. Darin sehe ich nichts Erfreuliches.« Und abermals kehrte er zu Prajâpati zurück. Dieser sah ihn kommen und sprach: »O Indra, friedlichen Herzens bist du doch von hier gegangen; warum kommst du wieder?« Und Indra legte ihm seinen Zweifel vor …

Prajâpati sprach: »So ist es! Ich will dir eine letzte Aufklärung geben; bleibe noch fünf Jahre bei mir.« Und so blieb Indra insgesamt hundertundein Jahre bei Prajâpati. Am Ende sprach dieser: »O Indra, sterblich fürwahr ist dieser Körper, vom Tod umfangen. Er ist der Sitz des unsterblichen, körperlosen Selbst. Dieses ist den Erfahrungen von Freude und Leid ausgesetzt, solange es in einem Körper wohnt. Der Verkörperte vermag Freude und Leid nicht abzuwehren. Wer aber körperlos ist, der wird von Freude und Leid nicht berührt … Körperlos ist der Wind, körperlos sind Wolken, Blitz und Donner. So wie diese sich aus dem Raum erheben, in das höchste Licht eingehen und in ihrer eigenen Gestalt hervortreten, ebenso erhebt sich ›die vollkommene Ruhe‹ [die Seele] aus diesem Körper, geht in das höchste Licht ein und tritt in der eigenen Gestalt hervor. Dies ist der höchste Purusha.

Wenn das Auge sich auf den Raum richtet, so ist es der Purusha im Auge, welcher sieht; das Auge ist nur das Werkzeug zum Sehen. Und wer sich bewußt ist: ›Dies will ich riechen‹, das ist das Selbst; die Nase ist nur das Werkzeug zum Riechen. Wer weiß: ›Das will ich sagen‹, das ist das Selbst; die Stimme ist nur das Werkzeug zum Sprechen. Wer sich bewußt ist: ›Dies will ich hören‹, das ist das Selbst; das Ohr ist nur das Werkzeug zum Hören. Und wer weiß: ›Das will ich denken‹, das ist das Selbst; der Geist ist sein göttliches Auge. Mit diesem göttlichen Auge, dem Geist, schaut das Selbst auf die Wünsche und freut sich in der Welt.

Die Götter verehren dieses Selbst; darum sind alle Welten ihrer und die Erfüllung aller Wünsche. Derjenige erlangt alle Welten und alle Wünsche, der das Selbst findet und erkennt. So sprach Prajâpati, so sprach Prajâpati.« [Chândogya-Upanishad VIII.7–12]

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Freundschaften sind karmisch bedingt (Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj)

«We meet only those people with whom our meeting is predestined. Duration of association with each person is also preordained. One should not grieve if one is separated or if the association does not last long.» [Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj]

»Wir treffen nur jene Menschen, mit denen unser Treffen prädestiniert ist. Auch die Dauer des Zusammenseins mit jeder Person ist vorherbestimmt. Man sollte nicht trauern wenn man getrennt wird, oder wenn das Zusammensein nicht von langer Dauer ist.«

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Höhere Ebenen … (Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj)

«When a man has reached the point where he can sit in meditation for six months, there is no need of eating, no need of latrine or of rest. Only one drop of amrit nectar from the top of the head to the body keeps him alive. If a tiger eats that body there is no care, but only when the life comes back to the body will there be pain.» [Shrî Nîb Karorî Bâbâ Mahârâj]

»Wenn ein Mensch den Punkt erreicht hat, an dem er sechs Monate lang in Meditation sitzen kann, erübrigen sich Nahrungsaufnahme, Ausscheidungen oder was sonst noch. Nur ein Tropfen Amrita-Nektar vom Kopf in den  Körper hält ihn am Leben. Wenn ein Tiger diesen Körper frisst ist das egal; nur wenn das Leben zum Körper zurückkehrt wird es Schmerzen geben.«


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Bildnachweis
Shrî Shankarâchârya = Gemälde von Raja Ravi Varma, 1904
Shrî Râmakrishna = Wikimedia Commons, Bild von 1885

Svâmî Shivânanda = von der Webseite rkmbaranagar.org
Shrî Nîb Karorî Bâbâ = Internet

Svâmî Nârâyanânanda, Cover »The Gist of Religions« = Foto von Helmuth Maldoner
andere Bilder von
 Svâmî Nârâyanânanda = N. U.Yoga Trust Gylling 

Diese Seite wurde am 20.09.2023 zuletzt geändert.

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