Aus der Atemschule von Dr. Parow
Die Wichtigkeit der vollständigen Atmung
Atmung in Ruhe und Atmung in Bewegung
Die beiden korrekten Ruheatmungen
Merksatz für Hyper- und Hypotoniker
Buteyko-Atmung: die beste spezielle Übung
Eine Präzisierung zur Buteyko-Atmung
Die Buteyko-Atmung und die Yoga-Methode (Dr. Krauter)
Buteyko-Atmung: »Die Geschichte der Entdeckung«
Vor allem der erste der folgenden Punkte sorgt für Verwirrung, weil man uns von Kindheit an das Gegenteil gelehrt hat. Die Prinzipien des Arztes Julius Parow harmonieren mit der Essenz des Yoga-Atmens. Tatsache ist, dass heute die meisten Menschen in ständiger Ausatmungsschuld sind (sie atmen zuviel ein und zuwenig aus), bewirkt durch chronischen Stress und die dadurch entstehenden Verspannungen.
Im Ruhezustand, so liest man, atmet der Erwachsene etwa 15mal pro Minute. Man mag dagegen argumentieren (ob dies wirklich Ruhe bedeutet) oder nicht; der Yogin jedenfalls bemüht sich den Atem zu verlangsamen, zur Förderung der Gesundheit, des harmonischen Fließens des Prâna. So mancher ist hier verunsichert und sagt: Ich kriege nicht genug Sauerstoff, wenn ich »weniger« atme! Diese Äußerung beweist, dass er weder über die westliche Physiologie noch über das Yoga-Atmen nachgedacht hat.
Das ist viel Theorie; hier geht es an die Praxis, an die wichtigsten 7 Punkte aus Dr. Parows Empfehlungen:
nur mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft atmen
so langsam wie möglich die Luft einziehen
so drucklos wie möglich die Luft herauslassen
den Brustkorb beim Atmen nicht heben und senken
die Lenden beim Einatmen weich nachgebend ausdehnen
die Schultern durch Hängenlassen entspannen
Gesicht und Zunge ganz entspannt
Wird das genau eingehalten, ist es nach Dr. Parow nur eine Frage der Zeit und des Übens (!), bis sich diese im Ruhezustand normale (!) Atmung so gut eingeprägt hat, dass sie als Gewohnheit automatisch abläuft.
Die zwei Ausrufezeichen beziehen sich darauf: Einerseits ist die von Dr. Parow beschriebene Art des Atmens die Naturatmung, an sich also keine Übung. Andererseits ist zu sagen: Viele Menschen haben das natürliche Atmen verlernt; Zitat aus einem Klassiker der Atemheilkunde (Dr. Johannes Ludwig Schmitt. Atemheilkunst) zur heutigen Situation: »Kein Mensch atmet richtig.« Daher muss eben auch die Naturatmung wieder »eingeübt« werden.
Dr. Parow betont unmißverständlich, und all dies harmoniert mit dem Yoga-Atmen:
Grundsätzlich falsch ist es, so viel wie möglich zu atmen. Jede willkürliche Vermehrung des Luftwechsels ist eine Belastung für den Kreislauf.
Tiefstes Ein- und Ausatmen darf nur unter langsamstem Atem geschehen. Es kräftigt übrigens die Atemmuskulatur ebensowenig wie lange Schritte die Beinmuskulatur, ganz zu schweigen von den Lungen.
Sinnlos sind alle Atemübungen, die mit Hilfe der Arme oder des Rückens ausgeführt werden. Sie fördern die Fehlatmung.
Sinnlos ist auch, das Zwerchfell durch Belastung der Bauchwand kräftigen zu wollen; das Koppeln von Atem und Bewegung; das Ausatmen auf einen Ton.
Ausgesprochen schädlich sind das Nachdrücken beim Ausatmen; Bauchatmung unter (aktivem) Hervorstrecken des Bauches beim Einatmen und (aktivem) Einziehen des Bauches beim Ausatmen.
Zum letzten Punkt: der Begriff »aktiv« ist eine Hinzufügung meinerseits. Der Bauch bewegt sich von alleine; es ist ein Fehler, ihn aktiv zu wölben, denn dadurch entstehen noch mehr Spannungen. Ein noch größerer Fehler wäre es, beim Ausatmen nachzuhelfen; es gilt die Luft drucklos gehenzulassen.
»Der Prâna fließt gut durch Körperübungen; er fließt noch besser durch Atemübungen; am besten fließt er durch das friedliche Sitzen in Meditation.« In diesem Merksatz steckt das Geheimnis: Je ruhiger der Atem fließt, desto ruhiger fließen die Energieströme. Somit klärt sich alles, wenn man an den Merksatz denkt: »Gesundheit ist das harmonische Fließen der Lebensenergie; ihr gestörter, zu starker und zu schwacher Fluss bedeutet Krankheit.«
»Je ruhiger der Atem fließt« heißt: je langsamer er fließt; dies ist die Essenz des Yoga-Atmens. So wird verständlich, warum das stille Sitzen derart hoch angesehen wird; der Meditationsatem ist der extrem langsam fließende, flache, fast unmerkliche Atem, der den Eindruck des Stillstands vermittelt. Er geht über das bewusste Atmen, über das Üben hinaus, führt zur inneren Ruhe und öffnet das Tor zur Konzentration.
Viele Atemtherapeuten kritisieren den Ausdruck »flach atmen«, sie verbinden dies mit einer ungenügenden Arbeit des Zwerchfells. So mag man das sehen. Ich dagegen habe in »Heilwirkungen des Yoga« und auch auf dieser Webseite hoffentlich zur Genüge klargemacht, dass ich das flache Atmen (niemals zu verwechseln mit der negativen verminderten Atmung!) als Gegenpol zum Tiefatmen und damit positiv verstehe. Ganz im Sinne des Experten Dr. Parow, dessen oberster Satz für das Atmen lautet: »Atme mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft!«
Es gibt noch ein zweites mögliches Missverständnis. Viele Atemtherapeuten sprechen positiv (!) von »Tiefatmung«, wenn sie die (natürliche, gesunde) reine Zwerchfellatmung meinen. Denn wie sie es nennen, dadurch atmet man ja »tief« in die Bauchgegend. Sie bezeichnen die (natürliche, gesunde) Bauchatmung als »tief«. So mag man das sehen, wenn man an die Richtung (!) der Atmung denkt – man atmet »hinunter«, daher »tief«. Für mich ist das ein Wortspiel und hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was ich als schädliche »Tiefatmung« bezeichne!
Im Ruhezustand, so liest man, atmet der Erwachsene etwa 15mal pro Minute. Man mag dagegen argumentieren oder nicht; der Yogin jedenfalls bemüht sich den Atem zu verlangsamen, zur Förderung der Gesundheit. »Atme mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft (Dr. Parow).« So mancher erwidert: Ich kriege nicht genug Sauerstoff, wenn ich flacher atme! Diese Äußerung beweist, dass er weder über das Yoga-Atmen noch über die westliche Physiologie nachgedacht hat: Dass wir in Ruhe viel Sauerstoff brauchen ist ein Missverständnis, welches die Idee mit sich bringt, das Kohlendioxyd als schlecht zu betrachten, als ein Abfallprodukt, das durch Tiefatmen aus dem Körper zu entfernen ist. Ein physiologischer Gehalt an Kohlendioxyd im Blut ist lebenswichtig, und der unter chronischem Stress stehende Mensch, der sich in ständiger Ausatmungsschuld befindet (er atmet zuviel ein und zuwenig aus), bringt das natürliche Wechselspiel zwischen Sauerstoff und Kohlendioxyd aus dem Gleichgewicht.
Die Yoga-Logik anhand der vollständigen Atmung: Wer hier geübt ist, atmet etwa 3- bis 2mal pro Minute; bei fünfminütiger Übung sind das 10–15 Atemzüge – so viel, wie der normale Mensch in nur einer Minute benötigt. Im Hinblick auf die Gesundheit ist das sehr gut, wie aus der tiefgründigen Lehre vom Prâna hervorgehen sollte.
Man mag sich mit den vielen einzelnen Atemtechniken beschäftigen; sie sind abwechslungsreich und gewinnbringend. Man mag sich aber auch nur an die Essenz der Sache halten: Ich atme jetzt einige Zeit lang so fein, so ruhig, so langsam wie möglich ein und aus!
Man wird übrigens feststellen, dass alleine schon die Bewusstheit das Atmen langsamer macht. Sobald der Atem beobachtet wird, fließt er von selbst ruhiger. Und dadurch kommt automatisch die innere Ruhe. Das ist ein natürliches Phänomen, welches man nutzen sollte. Es ist überaus einfach – jedes Kind kann das – und hochwirksam. Das Atembewusstsein spielt im Yoga die größte Rolle.
Viele Menschen sagen: »Atme ich einige Male tief und energisch ein, dann wird mir schwindlig« – ein klares Zeichen dafür, dass Tiefatmen nicht gesund ist. Besonders das allseits gepriesene Tiefatmen im Verbund mit Bewegungen wie dem Heben der Arme usw. ist als unnatürlicher Vorgang abzulehnen. Fehlatmungen können durch Tiefatmen nicht korrigiert werden; im Gegenteil, es wird alles noch schlimmer, denn die Spannungen nehmen zu.
Das Missverständnis mit dem Tiefatmen entsteht, wenn die Sache mit dem Sauerstoff und Kohlendioxyd nicht bedacht wird, und wenn man die Ruheatmung nicht von der Atmung in Bewegung abgrenzt. Das sind zwei verschiedene Welten mit unterschiedlichen Prinzipien. Hier ist von der Ruheatmung die Rede, und von ihr gilt: Man atme ruhig, entspannt, gelöst. Mit den Worten von Dr. Parow: »Atme mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft.« Einatmen = Spannung; Ausatmen = Entspannung (die Rede ist von der Ruheatmung. Das Anspannen mit dem Ausatmen, wie es bei Anstrengung und z.B. in der Kampfkunst gemacht wird, ist etwas anderes).
Tiefatmen ist eine vermehrte Spannung. Die meisten Fehlatmungen entstehen durch zuviel Spannung. Wie soll sich durch Tiefatmen eine Fehlatmung bessern? Und falls jemand argumentiert »durch Tiefatmen erhält der Körper mehr Sauerstoff«, dann ist er gut beraten, sich mit Dr. Buteyko zu beschäftigen. Je mehr Sauerstoff man einatmet, desto mehr Kohlendioxyd wird aus dem Körper entfernt. Je geringer das Kohlendioxyd wird, desto schlechter trennt sich der Sauerstoff von seinem Träger, dem Hämoglobin des Blutes, desto weniger Sauerstoff steht den Zellen zur Verfügung (der paradoxe »Verigo-Bohr-Effekt«*). Das gilt für die Atmung im Zustand der Ruhe, also für den größten Teil des Tages und für die ganze Nacht.
* benannt nach den beiden Forschern B. Verigo (Russland) und C. Bohr (Dänemark), welche unabhängig voneinander diese Tatsache entdeckten (Verigo 1892, Bohr 1904). Das ist in der Tat »paradox«: Je tiefer/intensiver geatmet wird, je größer also die Menge an eingeatmetem Sauerstoff wird (und – worum es ja hauptsächlich geht – je geringer dadurch die Menge an CO2!), desto stärker ist der Mangel an verwertbarem (!) Sauerstoff im Organismus.
Regeln haben Ausnahmen. Manchmal tief zu atmen ist gut, das sagt der gesunde Menschenverstand. Kommt man aus dem überhitzten Saunaraum ins Freie, dann ist es gut, einige Male tief einzuatmen. Reckt und streckt man sich morgens vor dem Aufstehen, dann ist es natürlich, einige Male tief zu atmen. Gähnt man herzhaft, dann atmet man tief, und es ist gesund, weil der Körper danach verlangt. Kommt man aus der Entspannung des Yoga, dann streckt man sich energisch und atmet dabei einige Male tief, um den Kreislauf anzukurbeln: ein natürlicher Vorgang. Weiter ist Tiefatmen gesund in Form des Bhastrika-Prânâyâma und der vollständigen Atmung; bei beiden aber geht es um die korrekte Ausführung: Nach dem Tiefatmen hält man den Atem zur Vermehrung des Kohlendioxyds an; damit ist der Prânâyâma ein geniale Technik zur Förderung der Zellatmung. Es sollte nicht schwierig sein, dies alles von dem zu Unrecht gepriesenen generellen Tiefatmen zu unterscheiden.
Wenn es heißt »nicht tief atmen; nur mit wenig Luft atmen«, könnte man denken dass die vollständige Yoga-Atmung schädlich ist. Sie ist jedoch die Mutter aller Atemübungen, eine grundlegende Technik und darf nicht vernachlässigt werden.
Es gibt 1. die ruhige, recht verstanden »flache« Normalatmung des gesunden, entspannten Menschen; 2. die verminderte Atmung des nicht mehr Gesunden bzw. Kranken. Wenn man die flache, ruhige Normalatmung auch als verminderte Atmung ansieht, dann ist man Opfer eines Missverständnisses geworden.
Viele Atemtherapeuten kritisieren den Ausdruck »flach atmen«, sie verbinden dies mit einer ungenügenden Arbeit des Zwerchfells. So mag man das sehen. Ich dagegen habe in »Heilwirkungen des Yoga« und auch auf dieser Webseite hoffentlich zur Genüge klargemacht, dass ich das flache Atmen (niemals zu verwechseln mit der negativen verminderten Atmung!) als Gegenpol zum Tiefatmen und damit positiv verstehe. Ganz im Sinne des Experten Dr. Parow, dessen oberster Satz für das Atmen lautet: »Atme mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft!«
Es gibt noch ein zweites mögliches Missverständnis. Viele Atemtherapeuten sprechen positiv (!) von »Tiefatmung«, wenn sie die (natürliche, gesunde) reine Zwerchfellatmung meinen. Denn wie sie es nennen, dadurch atmet man ja »tief« in die Bauchgegend. Sie bezeichnen die (natürliche, gesunde) Bauchatmung als »tief«. So mag man das sehen, wenn man an die Richtung (!) der Atmung denkt – man atmet »hinunter«, daher »tief«. Für mich ist das ein Wortspiel und hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was ich als schädliche »Tiefatmung« bezeichne!
Die Ursachen für eine verminderte, krankhafte Atmung sind zahlreich. Zu ihnen gehören das Übergewicht, Darmprobleme, der Blutstau im Unterleib, das blockierte Zwerchfell, Probleme mit Herz, Lungen und Nieren. Über den Kern der Sache, die Blut- und Energiestauung im Bauchraum, habe ich in den »Heilwirkungen« ausführlich geschrieben.
Bei verminderter Atmung ist die regelmäßige, tägliche Praxis der vollständigen Atmung extrem wichtig. Die von Prof. Tirala empfohlene Dauer der Übung war: 3–4 mal täglich 10–15 Minuten!
Erstens in der klassischen Art, siehe in »Heilwirkungen des Yoga«, Seite 226, zweitens bei Bedarf nach Prof. Dr. Tirala. Dazu heißt es in den »Heilwirkungen«: »Der Autor hält die Anwendung der ›übertriebenen‹ (energischen) vollständigen Atmung für wichtig, beschreibt sie aber nicht im Detail weil er glaubt, dass sie nur im Unterricht korrekt zu erlernen ist.
Über die volle therapeutische Wirkung hat Prof. Tirala ein wunderbares Buch geschrieben: »Heilatmung bei Blutdruck-, Herz- und Kreislaufkrankheiten«, erstmals erschienen im Jahre 1935. Von 1935 bis 1981 erschien sein Buch in 25 Auflagen. Jetzt ist es vergriffen. Es gibt eine Neuauflage, welche ich nicht kenne und auch nicht kennenlernen will, da es sich um eine »Neubearbeitung« handelt und ich grundsätzlich auf Originalschriften Wert lege.
Prof. Tirala – ein schwieriger Charakter – war kein Freund des Yoga. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass »seine« Atmung praktisch identisch ist mit Sarala-Prânâyâma, mit der vollständigen Yoga-Atmung.
Am Ende des erwähnten Buches listet Prof. Tirala alle medizinischen Effekte der Atmung auf. Man steht hier erneut vor demselben Berg wie bei der Nasenreinigung: Alles Grübeln und Studieren ist sinnlos, man muss die wundervolle Atmung fleißig praktizieren. In diesem Sinne ist es zu verstehen, warum in den klassischen Yogaschriften bis auf eine kurze Erwähnung nichts über die genauen Wirkungen steht, dieses Phänomen betrifft alle Techniken des Yoga.
♦ ♦ ♦
A. Alle Krankheiten, die auf ursprünglicher allgemeiner Gefäß- und Blutdruckstörung beruhen:
I. Blutdruckkrankheit (genuine Hypertonie)
II. Hypotonie (Unterdruckkrankheit)
III. allgemeine Arteriosklerose
IV. auf Einzelorgane beschränkte Gefäßverkrampfung:
1. Angina pectoris, Herzkrampf
2. Lunge: Emphysem, chron. Bronchitis
3. Darmspasmen, Blähsucht, chronische Obstipation infolge Darmträgheit
4. Leberanschoppung, Gallenstauung, beginnende Leberzirrhose, Diabetes des reifen Alters
5. Nierenstauung, chron. Hyperämie, Nierenischämie und Nierensklerose
6. Niereninsuffizienz (-schwäche)
7. Potenzabnahme infolge verminderter Blutversorgung der Genitalien
8. Gefäßkrämpfe im Gehirn, Atherosklerose des Gehirnes, Hirnschlag und darauffolgende Lähmungen, krankhafte seelische Veränderungen
9. Retinopathie (Krämpfe in den Netzhautgefäßen)
10. Atherosklerotische Prozesse im inneren Ohr (Schwindel)
11. Dysbasia angiospastica (Hinken infolge von Krampfzuständen der Gefäße der Muskulatur)
12. Akroparästhesien, Neuralgien auf arteriosklerotischer Grundlage
V. Diabetes mellitus. Die Zuckerkrankheit des mittleren und reifen Lebensalters
B. Alle Krankheiten, die durch Tonisierung und Kräftigung des Herzens gebessert und geheilt werden:
1. Herzinsuffizienz
2. Pankarditis und Endokarditis (subakut, chronisch oder im Abheilen begriffen)
3. alle Klappenfehler (auch die dekompensierten, die gleichzeitig medikamentös oder durch physikalische Maßnahmen behandelt werden)
4. Myocarditis
5. Myodegeneratio
6. Fettherz
7. Basedowherz
C. Alle Nierenerkrankungen, die durch eine abklingende infektiöse Nephritis mit Blutsteigerung hervorgerufen sind
D. Lungenerkrankungen, und zwar besonders die chronische Bronchitis und das Lungenemphysem
E. Pleuritische Exsudate, Verwachsungen und Schwartenbildung zwischen Lunge und Rippenfell
F. Lösung und Beseitigung der Verwachsung des Zwerchfells
G. Veränderungen am Skelett, im besonderen Verbiegungen an der Wirbelsäule und den Rippen
H. Veränderungen in der Psyche, besonders im Kindesalter, wenn durch minderwertige und schlechte Mundatmung Intelligenzdefekte auftreten
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Hinweis:
Die wichtigste spezielle Atemübung ist → die Buteyko-Atmung. Die wichtigste Atemübung insgesamt jedoch ist und bleibt → die vollständige Atmung.
In diesem wahrlich himmlischen Text ist jeder Satz eines alten chinesischen Gelehrten und Dichters von Bedeutung. Man stoppe daher tatsächlich nach jedem einzelnen Satz und bedenke ihn gründlich. Anhand der ersten Aussage erkennt man bereits die Wichtigkeit des Gesagten. Esse ich wirklich nur, wenn ich hungrig bin? Und höre ich wirklich auf zu essen, bevor ich satt bin? Dies wäre bereits der Weg zur alles regelnden Darmgesundheit. Sozusagen nebenbei, denn hier ist ja eigentlich vom Atmen die Rede …
Auch beim Atemabschnitt darf man nicht zu schnell weiterlesen. Ist einem etwa klar was das heißt, 1000 Atemzüge zu zählen (nicht wirklich zu zählen, sondern bewusst zu atmen, siehe unten)? Wie lang man dafür stillsitzen muss? Die zunächst zu überwindende Schwierigkeit ist ja die körperliche Fähigkeit des Sitzens.
In den »Heilwirkungen« wird zur Übung Nr. 59 (»Still sitzen, ruhig atmen«) vermerkt: »Man sehe die Übung zweiteilig: 1. das rein Körperliche; 2. das Bewusstsein des Atmens.
Zu 1. »Einfach nur« still dazusitzen, dies wird in der Regel, von den meisten Menschen gewaltig unterschätzt; spätestens beim ersten Selbstversuch ändert sich das. Vollkommen bewegungslos 30 Minuten lang, und später beliebig länger zu verharren ist eine der größten Künste, eine der edelsten Disziplinen – und die Conditio sine qua non für einen Einstieg in die Welt des Geistes, der Meditation.«
Zu 2. Hat man keinerlei körperliche Probleme mehr (hier speziell: keine Schmerzen in Füßen, Knien, Hüften; keine Verspannungen in Rücken, Schultern, Nacken; und keine generellen körperlichen Störungen), in aller Klarheit: beschäftigt sich der Geist nicht mehr mit dem Grobstofflichen, dann geht es weiter mit dem Atmen. »Ich bin mir des Einatems bewusst, ich bin mir des Ausatems bewusst.« Das ist nicht einfach. Im besten Fall hat man nur noch zwei Gedanken: einatmen, ausatmen. Schafft man dies wirklich (!) nur wenige Atemzüge lang (d.h.: ohne daß sich andere Gedanken dazwischenschieben), dann hat man bereits viel erreicht.
Nun zum Text.
Der japanische Weise Hakuyûshi zitiert in seiner Einsiedelei als Belehrung für den kranken Zenmönch Hakuin den chinesischen Gelehrten und Dichter Su Shih (1037–1101):
»Sonaikan Sotôba, chinesisch Su Shih, sagt: Man soll nur essen, wenn man hungrig ist, aber ehe man satt ist, soll man aufhören zu essen. Man soll spazierengehen so viel, bis der Bauch entleert ist, und wenn dies geschehen ist, soll man in sein stilles Zimmer gehen, sich in der rechten Weise hinsetzen und dann schweigend den Atem zählen, bis zehn, dann bis hundert, dann bis tausend. Dann wird der Körper so unerschütterlich fest, die Seele so still und ruhig wie ein leerer Himmel. Wenn man länger in diesem Zustand verweilt, dann hört allmählich das Atmen auf, und wenn es kein Ausatmen und Einatmen mehr gibt, als ob der Atem durch die vierundachtzigtausend Haarlöcher wie Wolken und Nebel aus- und einziehe, dann wird einem klar, dass alle seit anfangloser Ewigkeit bestehenden Krankheiten von selbst verschwinden, und vielerlei Schäden und Schwächen sich wie von selbst auflösen. Das ist dann so, wie wenn ein Blinder plötzlich sehen könnte. Man braucht dann nicht mehr zu fragen, wo der Weg den man geht, hinführt, man braucht nur die eigene Kraft zu pflegen, ohne zu sprechen. Darum heißt es: Wer wirklich daran ist, seine Augen zu pflegen, der macht die Augen zu, und wer seine Ohren pflegen will, wünscht nichts mehr zu hören. Wer seine Seele und die wahre Kraft pflegt, der verweilt im Schweigen.«
[aus dem Yasen-Kanna des Zenmeisters Hakuin]
Quelle: Karlfried Graf Dürckheim. Hara – die Erdmitte des Menschen.
Man soll bei Atemübungen nicht spitz, sondern rund atmen. »Spitz, zackenförmig« bedeutet: Man macht nach dem Einatmen nicht die geringste Pause, atmet sofort wieder aus. Nach dem Ausatmen atmet man sofort, ohne die geringste Pause zu machen, wieder ein. Das ist überwiegend ein Zeichen von Verspannung und stellt eine typische Fehlatmung dar. Zum Verständnis des Begriffs »rund, wellenförmig« stelle man sich vor: Man wirft einen Stein in den Himmel. Zuerst steigt er schnell, aber wegen der Schwerkraft wird er langsamer, bis er am Ende gleichsam stehenbleibt, um dann zu fallen. Man atmet also ruhig ein, der Atem wird am Ende etwas langsamer, am Höhepunkt der Einatmung bleibt man kurz – gerademal eine Sekunde – still, um in den nächsten Ausatmen zu »fallen«. Umgekehrt atmet man ruhig aus, fällt am Ende des Ausatmens sozusagen in eine kleine Vertiefung, verweilt kurz mit leeren Lungen, holt gleichsam neuen Anlauf und atmet erst dann wieder ein. Dies spricht für eine naturgemäße kurze Entspannung des Hauptatemmuskels Zwerchfell. So muß es sein, und es sollte im Interesse der Gesundheit von allen angestrebt werden.
Um Missverständnissen vorzubeugen sei erneut bemerkt: Die Rede ist selbstverständlich von Atemübungen, bei denen also bewusst geatmet wird, nicht vom normalen Atmen tagsüber und nachts, denn da gibt es nach dem Einatmen keine Pause.
Es gibt eine Atemübung, die im Westen Entspannungsatmung genannt wird, in Indien gilt sie als kleiner, harmloser Prânâyâma. Harmlos, weil man nach Ausatmen lediglich ein bis zwei Sekunden leerbleibt; verglichen mit den klassischen Prânâyâmas ist das ja so gut wie nichts. Konkret: Man atmet ruhig ein, noch ruhiger (länger) aus, bleibt zwei Sekunden leer, es folgt der nächste ruhige Einatmen und so fort, einige Minuten lang.
Dass man dieses an sich natürliche Atmen heute als Übung bezeichnet weist darauf hin, wie verbreitet Fehlatmungen sind. In der Tat tun sich viele Menschen damit schwer; zumindest empfinden sie es nicht als »natürlich«, nach dem Ausatmen eine kurze Pause einzulegen. Nun, dann muss man es eben wieder einüben, denn erneut: Das Zwerchfell spannt sich beim Einatmen, entspannt sich beim Ausatmen – so die Theorie. Die Frage lautet aber: Entspannt es sich wirklich? Eine große amerikanische Studie bewies vor Jahren, daß wir alle zuviel ein- und zu wenig ausatmen, bedingt durch den Stress des modernen Lebens und in diesem Fall durch Verspannungen des Zwerchfells. Das Fazit der Studie möge man sich eindringlich vergegenwärtigen: Wir sind in chronischer Ausatmungsschuld (!). Es sei hier wiederholt, was bereits an anderer Stelle geschrieben steht:
Viele Menschen haben das natürliche Atmen verlernt; Zitat aus einem Klassiker der Atemheilkunde (Dr. Johannes Ludwig Schmitt. Atemheilkunst) zur heutigen Situation: »Kein Mensch atmet richtig.« Das ist durch die Lebensführung bedingt: eine schlechte Verdauung, zuwenig Bewegung, chronischer Stress, mangelnde Beherrschung der Gefühle.
Die Kunst des Atmens besteht im absolut gelösten Ausatmen mit kurzem Leerbleiben. Das Ausatmen ist passiv, ohne jeden Druck; man achte aber darauf, die Luft ganz gehenzulassen, wirklich leer zu werden. Es liegt an psychophysischen Spannungen, wenn man damit Probleme hat. Ruhig auszuatmen bedeutet vor allem innerlich loslassen zu können, und dies fällt den meisten Menschen schwer. Solange das gelöste Ausatmen nicht perfekt funktioniert, so lange sind alle anderen Atemübungen sinnlos und schädlich.
8 von 10 Menschen welche hören, man müsse generell weniger atmen, erwidern spontan: »Ich brauche doch mehr Sauerstoff, wenn ich laufe, arbeite, usw.!« Versteht sich das nicht von selbst? Das Missverständnis mit dem Tiefatmen entsteht, wenn man die Sache mit dem Sauerstoff und Kohlendioxyd nicht bedenkt und wenn man die Ruheatmung nicht von der Atmung in Bewegung abgrenzt. Das sind zwei Welten mit unterschiedlichen Prinzipien. Hier ist von der Ruheatmung die Rede, und von ihr gilt: Man atme langsam, ruhig ein und aus; mit wenig, nicht mit viel Luft.
Oberster Punkt des westlichen gesundheitlichen Denkens ist die Zellatmung. Energie ist das Ergebnis chemischer und elektrischer Vorgänge in den Zellen. In ihnen wird die im Darm in ihre kleinsten Bestandteile zerlegte Nahrung weiter abgebaut zu einer Grundsubstanz, aus welcher in den Mitochondrien der Wasserstoff herausgelöst wird. In der sogenannten Atmungskette werden der Wasserstoff und der über das Blut in die Zellen gebrachte Sauerstoff durch Übertragung von Elektronen »aktiviert«. Am Ende der Atmungskette verbrennt (oxydiert) der Sauerstoff den Wasserstoff zu Wasser. Die dabei freiwerdende Energie wird, sofern nicht sofort als Wärme verbraucht, in Form der chemischen Verbindung ATP wie in einer Batterie gespeichert, bis sie für alle nötigen Vorgänge im Körper abgerufen wird. Das wird innere Atmung, Zellatmung, biologische Oxydation genannt. Jede Störung derZellatmung führt zur Krankheit.
Die Zellatmung hängt vom guten elektrischen Potential der Zellen und der Zwischenzellflüssigkeit ab; darunter versteht man die Kraft der Bewegung, mit deren Hilfe die Zellen optimal ernährt und entgiftet werden. Entscheidend dafür ist die Zellmembran, das Tor, durch welches die Ernährung und die genauso lebenswichtige Entschlackung einer Zelle gewährleistet wird. Durch mehrere Faktoren werden Zellmembranen geschädigt und zerstört; die schlimmsten sind: Tausende von Umweltgiften und eine falsche Ernährung. Mit der Schädigung der Membranen kommt es zu Auflösungserscheinungen in den Zellen und schließlich zum Zerfall der Enzymsysteme in den Zellen – die Zellatmung bricht zusammen.
Die Zellatmung ist die alles überragende Sache; sie kann hier nur angedeutet werden. Der Organismus besitzt zwei Methoden zur Energiegewinnung: die primitive anaerobe Gärung (Abbau von Glukose zu Milchsäure ohne Sauerstoff) und den höheren, weit mehr Energie liefernden aeroben Atmungsstoffwechsel. Durch Schädigung der Zellmembranen und durch Zerstörung der in den Zellen befindlichen Atmungsenzyme schaltet die normalerweise atmende Zelle, um zu überleben, auf den anaeroben Vorgang der Glykolyse um; sie gärt. Eine gärende Zelle aber wird, wie wir seit Jung, Warburg und Seeger wissen, zur Krebszelle.
Die Ursache für das Umschalten der Zellen von Atmung auf Gärung ist die mangelnde Verwertung des Sauerstoffs und der damit verbundene Überschuss an Wasserstoff. Dafür verantwortliche Faktoren sind: eine falsche Ernährung und schlechte Verdauung (Wasserstoffüberschuss, Bildung pathogener Substanzen); mangelnde Bewegung und ungenügende Atmung (Sauerstoffarmut); Umwelt- und Nahrungsgifte (Schädigung der Zellmembranen, Verminderung des elektrischen Potentials); chronischer Stress (er führt durch Entgleisungen des Hormonsystems zum Zuckerüberschuss in den Zellen, zur ungenügenden Verbrennung des Wasserstoffs und damit zur milchsauren Gärung). Die Hauptursache für (fast) alle Krankheiten ist die Verschlackung des Blutes und der Gewebe, die Erstickung der Zellen durch Abfallsubstanzen eines gestörten Stoffwechsels, durch Gärungs- und Fäulnisprodukte eines insuffizienten Darms, durch Gifte und Fremdstoffe aller Art. Die verschiedenen Krankheiten zeigen den Ort und den Grad der Belastung an und sind der Versuch des Körpers, sich von diesen Giften zu befreien. Es kann daher nur eine ursächliche Therapie geben: die Ausleitung der Fremdstoffe, die Entgiftung des Organismus mit Hilfe natürlicher Methoden (Diät; Fasten; therapeutisches Erbrechen; Purgieren und andere Darmreinigungen; Wasseranwendungen; Schwitzkuren; Massagen; die Einnahme von Heilkräutern und anderen Naturmitteln).
Von den aufgezählten Faktoren sei hier nur die Sauerstoffarmut genannt. Und genau dieser Begriff wird missverstanden. Man denke an den großen Satz von Dr. Seeger: »Nicht der Mangel an Sauerstoff ist die Ursache des Krebses. Sauerstoff ist zur Genüge vorhanden, er kann jedoch nicht utilisiert werden!« Durch noch so viel Atmen wird es nicht gelingen, die biologische Oxydation anzuregen, wenn der gewonnene Sauerstoff in den Zellen nicht verwertet werden kann. Diese Feststellung ist sowohl für die Ruheatmung als auch für die Atmung beim Sport bedeutsam.
Da bei ihr die Muskeltätigkeit – ein Hauptgrund für die Bildung des Kohlendioxyds – auf ein Minimum beschränkt ist, wird auch nur ein Minimum an Sauerstoff gebraucht. Im Zustand der Ruhe tief zu atmen ist unnatürlich und schädlich. Dadurch vermehrt sich der Sauerstoff und vermindert sich das Kohlendioxyd im Blut. Je niedriger dessen Konzentration ist, desto schlechter trennt sich der Sauerstoff von seinem Träger, dem Hämoglobin des Blutes. Je mehr man atmet, desto weniger Sauerstoff steht den Zellen zur Verfügung (der paradoxe »Bohr-Effekt«). Im Ruhezustand soll man langsam und ruhig atmen; mit wenig, nicht mit viel Luft. Dadurch vermehrt sich das Kohlendioxyd, lockert sich die Bindung des Sauerstoffs ans Hämoglobin, gelangt mehr Sauerstoff in die Zellen, um dort den Wasserstoff zu verbrennen.
Auch bei ihr geht es um nichts anderes als um eine funktionierende Zellatmung; der Sinn von mehr Bewegung ist die Steigerung des Sauerstoffs zur Verbrennung des vermehrt anfallenden und deswegen schädlichen Wasserstoffs. Durch die beim Sport auf höchstem Niveau arbeitenden Muskeln, durch den hochgradig aktiven Stoffwechsel wird ein Vielfaches an Sauerstoff benötigt, um das Gleichgewicht im Organismus aufrechtzuerhalten. Es gilt aber, um die Königsdisziplin des Laufens zu nennen, zu bedenken: Man laufe aerob, man gerate nie in Sauerstoffschuld. Dies wird von vielen Läufern nicht beachtet, erkennbar an den roten, schweißüberströmten Gesichtern und am hechelnden Atem. So kann man durch falschen Ehrgeiz, durch nicht korrekt betriebenen Sport den Körper schädigen, indem man die Zellatmung behindert.
Alle Atemübungen sind kontraproduktiv, solange die beiden Ruheatmungen nicht perfekt ablaufen. Kurz:
ist die gelöste Bauchatmung. Nur das Zwerchfell bewegt sich (und die unteren Rippenmuskeln), die Atemhilfsmuskeln im oberen Rumpf sind nicht aktiv. Bewegt sich in Rückenlage etwas anderes als nur der Bauch, zeugt dies von körperlichen und psychischen Spannungen. Der Bauch bewegt sich von alleine; es ist ein Fehler, ihn aktiv zu wölben, denn dadurch entstehen noch mehr Spannungen. Ein noch größerer Fehler wäre es, beim Ausatmen nachzuhelfen; es gilt drucklos die Luft hinauszulassen, damit das Lungengewebe elastisch bleibt.
Senkt sich einatmend das Zwerchfell, weitet sich der ganze untere Rumpf. Man kann in Rückenlage spüren, daß mit dem Heben der Bauchdecke sich die Flanken weiten, wenn auch nicht so deutlich wie im Sitzen.
ist nicht identisch mit der Bauchatmung im Liegen. »Im Bauch loslassen« wäre in aufrechter Position ein unnatürlicher, den Fluss des Prâna störender Vorgang, während die Lendenatmung mit Tonus der Bauchdecke den Energiefluss im Unterleib harmonisiert. Den Bauch nicht extra anspannen, wohl aber den Tonus halten – die natürliche Muskelspannung im aktiven Zustand, welche nur in Rücken- und Seitenlage sich löst, in der dann die Atmung mit weichem Bauch fließt. Wenn man im Sitzen und Stehen »im Bauch losläßt« geht der Prâna falsche Wege, da sollte man sich nicht wundern wenn es zu Problemen kommt.
Bei der Lendenatmung weitet sich neben der Nierengegend auch etwas der Oberbauch; vom Nabel abwärts jedoch halte man den Tonus, und eine leichte Spannung des Beckenbodens (genauer: das natürliche rhythmische Spannen und Entspannen des Beckenbodens beim Aus- und Einatmen darf nicht durch eine Schwäche des Beckenbodens verlorengehen).
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Die Ruheatmung im Liegen und im Sitzen unterscheiden sich: darauf wird im Yoga Wert gelegt. André van Lysebeth, einer der Pioniere des Hatha-Yoga in Europa, zitiert Svâmî Kuvalayânanda vom indischen Yoga-Institut Lonavla zur Atmung im Sitzen und im Stehen: »Es gibt zwei Möglichkeiten, um einzuatmen. Westliche Atemgymnastik empfiehlt, dass der Bauch entspannt und ausgewölbt werde. Der Yoga verlangt, dass im Gegenteil die Bauchmuskulatur kontrahiert bleibt.«
Atemübungen beeinflussen den Prâna noch schneller als die Âsanas. Falsch praktizierte Körperübungen können schädlich sein; falsch praktiziertes Atmen ist immer schädlich. Man sollte wissen, was man tut.
Viele Menschen haben das natürliche Atmen verlernt; Zitat aus einem Klassiker der Atemheilkunde (Dr. med. Johannes Ludwig Schmitt. Atemheilkunst) zur heutigen Situation: »Kein Mensch atmet richtig.« Das ist durch die Lebensführung bedingt: eine schlechte Verdauung, zuwenig Bewegung, chronischer Stress, mangelnde Beherrschung der Gefühle. Ein Yogalehrer muss darauf reagieren, selbst wenn damit die gewohnten Vorstellungen vom Atmen in Yogakursen über den Haufen geworfen werden. Eine Atemtherapie beginnt stets damit, die Fehlatmungen abzustellen.
Alle Atemübungen mit Ausnahme der Bauchatmung im Liegen und der Lendenatmung im Sitzen sind schädlich, solange die Verspannungen nicht gelöst sind. Die zwei natürlichen Atmungen sind keine Übungen; man bezeichnet sie anfangs dennoch als solche, bis die Fehlatmungen abgestellt sind.
ist die Bauchatmung im Liegen, die reine Zwerchfellatmung. Herzpatienten und Übergewichtige lagern den Oberkörper höher (Herzpatienten verzichten gar auf die Rückenlage), damit die Bauchorgane die Bewegung des Zwerchfells nicht behindern. Die Essenz ist: Man lässt es atmen; man spürt, wie die Nabelgegend sich von alleine weitet und senkt; wie der Bauchraum weich wird. Man ist sich bewusst, wie der Atem ruhig und gleichmäßig fließt; wie das Zwerchfell sich bewegt; wie Bauch und Gesicht entspannen. Mit Autosuggestion vervielfacht sich die gute Wirkung: Ruhe und Gelöstheit ziehen in den Körper; der Prâna fließt harmonisch; Frieden erfüllt den Geist.
ist die Lendenatmung im Sitzen. Beim Einatmen bewegt man die Schultern nicht und hält den Tonus der Bauchdecke; so fließt die Luft nach hinten unten, die Lendengegend bewegt sich, es entsteht ein sanfter Druck im Abdomen. Das ist die normale Ruheatmung im Sitzen und Stehen.
Willentlich bedeutet nicht natürlich (das kann wohl missverständlich sein, heißt aber nichts anderes als: diese Art des Atmens muß man wollen); dennoch ist das willentliche, minutenlange Atmen wertvoll. Alle indischen Atemübungen sind willentlich. Hier muss man sich entscheiden zwischen westlicher und östlicher Anschauung; das willentliche Atmen kann nicht von Nutzen sein wenn man ständig die Befürchtung hat, etwas Schädliches zu tun.
ist angenehm und heilsam. Korrekt ist sie, wenn sie unterschieden wird im Sitzen und im Liegen; wenn sie zwar tief aber zum Ausgleich langsam und mit kurzem Leerbleiben gemacht wird; so gleicht sich die erhöhte Zufuhr von Sauerstoff durch eine Vermehrung des Kohlendioxyds aus. Die vollständige Atmung ist damit ein Förderer der Zellatmung. Ihr Hauptzweck ist dennoch nicht die Steigerung des Sauerstoffs, vielmehr die durch die Wellenbewegung des Rumpfes (im Liegen und Sitzen) und durch die Bauchspannung (im Sitzen) bewirkte Beseitigung der pathogenen Blutfülle im Bauch. So wie sich die natürliche Atmung im Liegen/Sitzen durch die Sache mit der Bauchspannung unterscheiden, so ist es bei der vollständigen Atmung. Im Sitzen soll es nicht zu der Wellenbewegung kommen, denn dazu müsste man den Bauch weiten, bevor die Luft in den Brustkorb strömt. Im Sitzen ist das jedoch ein Fehler – von einer Ausnahme abgesehen: Es ist therapeutisch sinnvoll, einige Male eine übertriebene Wellenbewegung des Rumpfes mit anschließendem Vorbeugen zu provozieren, um die Blutfülle des Bauchraums zu beseitigen. Dann folgt die normale Technik im Sitzen mit Tonus der Bauchdecke.
ist die beste senkende Übung (gegen Bluthochdruck, Herzbeschwerden, Augen- und Ohrenprobleme, innere Unruhe), eine Erholung für Körper und Geist.
darf nur praktiziert werden, wenn man sich an das willentliche Atmen gewöhnt hat. Das rhythmische Atmen ist die unerläßliche Vorbereitung für jene, die in den Prânâyâma einsteigen wollen. Das rhythmische Atmen umfaßt ein gutes Dutzend Übungen.
besteht im absolut gelösten Ausatmen mit kurzem Leerbleiben. Das Ausatmen ist passiv, ohne jeden Druck; man achte aber darauf, die Luft ganz gehenzulassen, wirklich leer zu werden. Es liegt an psychophysischen Spannungen, wenn man damit Probleme hat. Ruhig auszuatmen bedeutet vor allem innerlich loslassen zu können, und dies fällt den meisten Menschen schwer. Solange das gelöste Ausatmen nicht perfekt funktioniert, so lange sind alle anderen Atemübungen sinnlos und schädlich.
Zu Beginn des willentlichen Atmens sind eventuelle Störungen normal (Kreislauf, Herzklopfen, Unwohlsein). Sind die anfänglichen Probleme durch eine korrekte Praxis überwunden, gilt: Das Atmen sei angenehm, heilsam, energieaufladend. Anstrengung = Fehler gemacht; Druck im Kopf = Fehler gemacht … Für das Atmen ist, wie für die Körperübungen, entscheidend: Es sollte einem nach der Yogastunde besser gehen als vorher; andernfalls hat man nicht gut gearbeitet.
1. Der Lehrer kann aus zeitlichen Gründen unmöglich zehn und mehr Personen kontrollieren. Entweder atmen die Übenden also richtig, oder man läßt es besser bleiben. Atemübungen sind Therapie; diese gelingt nur bei Überwachung jeweils einer Person. 2. Therapeutisches Atmen ist nur sinnvoll wenn man täglich daheim praktiziert. Einmal in der Woche im Kurs zu üben macht aus heilsamen Dingen das Gegenteil: ungewohntes Atmen, Stress, Unwohlsein, jede Woche neu und unbefriedigend. 3. Atmen erfordert Bewusstheit. Von der Arbeit erschöpft, haben dies jedoch nur wenige Menschen. Kursteilnehmer, die bereits bei der ersten Atemübung einschlafen darf man nicht aufwecken, sie seien sich selbst überlassen; so entspannen sie zumindest und atmen natürlicherweise in den Bauch. Atmen mit vorgegebenem Rhythmus ist für Fortgeschrittene wertvoll. Für Anfänger ist das Gleichschalten unterschiedlicher Frequenzen nicht therapeutisch.
das Erkennen der Fehlatmungen; das Einprägen der Normalatmung; das Loslassen von Spannungen; das Bewusstmachen der feineren Vorgänge im Organismus; das Umpolen durch positive Autosuggestionen. Sobald die Fehlatmungen beseitigt sind, die natürliche Ruheatmung wieder fließt, gelten auch andere Regeln – falls man Interesse daran hat, weiterzugehen.
Auf dieser Webseite, in »Heilwirkungen des Yoga« und im täglichen Unterricht liegt der Schwerpunkt beim Atmen auf der Verlängerung des Ausatmens, sogar mit folgendem kurzem Leerbleiben, praktisch als »Verlängerung der Verlängerung«. Das sollte verständlich sein, da es ungleich mehr Menschen mit zu hohem als mit zu niedrigem Blutdruck gibt. Immer aufs Neue betont: Die »senkenden« Übungen sind Medizin bei Hypertonie.
Es sollte ebenso verständlich sein, dass für echte Hypotoniker (mit nachgewiesenem erheblich niedrigem Druck) das Umgekehrte positiv ist. Sie sollten das Leersein vermeiden (ein, zwei Sekunden – wie es die Regel ist – sind harmlos, gemeint ist ein längeres Leerbleiben) und die Einatmung betonen, sogar mit Anhalten des Atems nach der Einatmung. Wobei zur Sicherheit erneut gesagt werden soll: Ein längeres Halten der Luft mit vollen Lungen (das beginnt bei acht Sekunden) ist typisch für den Prânâyâma und damit allgemein nicht empfohlen. Ein Anhalten auf drei, vier Zähler hingegen ist therapeutisch wertvoll bei Hypotonie und sollte praktiziert werden.
Der Merksatz lautet zusammenfassend: Hypertoniker → Verlängerung der Ausatmung; Hypotoniker → Verlängerung der Einatmung.
Die Yoga-Atmungen müssen zweigeteilt werden:
1. Die fließenden Übungen, bei denen der Atem, speziell nach dem Einatmen nicht angehalten wird. Sie fördern das harmonischen Fließen des Prâna, sind therapeutisch wertvoll. Die fließenden Übungen fallen unter den großen Begriff »Heilatmen«.
2. Prânâyâma, die Techniken mit Anhalten des Atems, speziell nach der Einatmung. Sie sind auch gesundheitlich gut, ihr eigentliches Ziel aber ist die Erweckung der Kundalinî-Shakti. Damit ist der Prânâyâma ein Teil des geistigen Yoga und darf nur unter Anleitung eines wahren Meisters praktiziert werden. Pranayama-Übungen gehören nicht an die Öffentlichkeit [→ Link].
[Als beste spezielle Übung bezeichne ich die unten angedeutete milde Form. Nur der Vollständigkeit halber wird die intensive Art erwähnt, welche zum problematischen Pranayama gehört; sie darf als echtes, längeres Anhalten des Atems nur persönlich erlernt werden.]
Zur Überschrift: Es gibt nicht nur eine Art, gesundheitlich zu atmen, und es wird unterschieden in Naturatmung und Übung. Die Essenz des Yoga-Atmens, das ruhige Atmen im Sitzen und Stehen, ist natürlich eine Heilatmung, eine der besten. Obwohl hier mancher einwendet, dass man sich sogar dazu zwingen muss, sollte sie nicht als Übung bezeichnet werden, denn es ist die Normalatmung eines gesunden, entspannten Menschen mit geordneten Gedanken, eine auffallend langsame, flache Atmung.
Viele Atemtherapeuten kritisieren den Ausdruck »flach atmen«, sie verbinden dies mit einer ungenügenden Arbeit des Zwerchfells. So mag man das sehen. Ich dagegen habe in »Heilwirkungen des Yoga« und auch auf dieser Webseite hoffentlich zur Genüge klargemacht, dass ich das flache Atmen (niemals zu verwechseln mit der negativen verminderten Atmung!) als Gegenpol zum Tiefatmen und damit positiv verstehe. Ganz im Sinne des Experten Dr. Parow, dessen oberster Satz für das Atmen bekanntlich lautet: »Atme mit möglichst wenig, nicht mit viel Luft!«
Es gibt noch ein zweites mögliches Missverständnis. Viele Atemtherapeuten sprechen positiv (!) von »Tiefatmung«, wenn sie die (natürliche, gesunde) reine Zwerchfellatmung meinen. Denn wie sie es nennen, dadurch atmet man ja »tief« in die Bauchgegend. Sie bezeichnen die (natürliche, gesunde) Bauchatmung als »tief«. So mag man das sehen, wenn man an die Richtung (!) der Atmung denkt – man atmet »hinunter«, daher »tief«. Für mich ist das ein Wortspiel und hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was ich als schädliche »Tiefatmung« bezeichne!
Dass der Erwachsene angeblich »15–20mal pro Minute« atmet, wie kam diese Norm zustande? Nehmen wir die untere, »bessere« Zahl = 15 Atemzüge, das heißt: Man atmet in 2 Sekunden ein, in 2 Sekunden aus und macht nach dem Ausatmen nicht die kleinste Pause; dies kann nicht normal sein. Man mag einwenden: Die meisten atmen so! Das stimmt; man darf es trotzdem nicht als Norm festlegen. Auch für das Atmen gilt: Wenn das Schlechte normal geworden ist, ist es noch lange nicht natürlich. Im Ruhezustand 10 Atemzüge pro Minute, das ist besser; 8–6mal, das ist optimal.
Auch an dieser Stelle sei auf den Unterschied zwischen natürlichem und willentlichem Atmen hingewiesen. »Willentlich« bedeutet »nicht natürlich« (das kann durchaus missverständlich sein, heißt aber nichts anderes als: diese Art des Atmens muß man wollen); dennoch ist das minutenlange willentliche Atmen wertvoll. Alle indischen Atemübungen sind willentliche Atmungen. Hier muss man sich entscheiden können zwischen westlicher und östlicher Anschauung, denn das willentliche Atmen kann nicht von Nutzen sein wenn man dabei die permanente Befürchtung hat, etwas Schädliches zu tun.
Man lehrt: Tiefatmen ist gesund, weil der Organismus mehr Sauerstoff bekommt. Dem liegt die Idee zugrunde: Sauerstoff ist gut, Träger des Lebens; Kohlendioxyd ist als Abfallprodukt schnell aus dem Körper zu entfernen. Da muss es verwundern wenn man hört: Der chronisch verspannte Mensch atmet zuviel ein und zuwenig aus. Einatmen ist Spannung, Ausatmen ist Entspannung, niemand widerspricht diesem Merksatz, jeder kann es spüren (die Rede ist von der Ruheatmung. Das Anspannen beim Ausatmen, wie es bei Anstrengung und in der Kampfkunst gemacht wird, ist etwas anderes). Das wird als Atmen in ständiger Ausatmungsschuld bezeichnet und ist selbstverständlich falsch und schädlich. Gleichzeitig bedeutet diese Fehlatmung: viel Sauerstoff, wenig Kohlendioxyd.
Viel Sauerstoff, wenig Kohlendioxyd = Gesundheit – so stimmt es eben nicht. Der wegweisende Satz des Forschers Dr. Paul Seeger lautet: »Nicht Sauerstoffmangel ist die Ursache des Krebses. Sauerstoff ist zur Genüge vorhanden, er kann jedoch nicht utilisiert werden!« Warum der Sauerstoff in den Körperzellen nicht utilisiert werden kann (er oxydiert dort zum Zwecke der Energiegewinnung den Wasserstoff), das ist ein endloses Thema mit vielen Einzelpunkten, welche hier nicht besprochen werden können bis auf eine Ausnahme: das falsche Atmen. Eine der Definitionen für »Gesundheit« ist das Gleichgewicht der biochemisch-energetischen Prozesse im Organismus, und dazu gehört das Wechselspiel zwischen Sauerstoff und Kohlendioxyd.
Mancher Yogafreund wendet ein: Einer der Prânâyâmas ist Bhastrikâ, der Blasebalg. Bei ihm wird in schnellen, fortlaufenden Stößen energisch ein- und ausgeatmet, um auf diese Weise »viel Sauerstoff zu tanken«. Irrt der Yoga? Nein. Erstens führt man diese willentliche Atmung täglich nur wenige Minuten lang aus; zweitens, besonders wichtig, kommt es auf die korrekte Ausführung an: Nach etwa zehnmal »Schnüffeln« wird die Luft lange angehalten, dadurch das Kohlendioxyd vermehrt und der Wasserstoff in den Zellen durch den auf diese Weise (durch Erhöhung des CO2) freiwerdenden Sauerstoff oxydiert; erst dann folgen die nächsten energischen Atemzüge, erneut die Vermehrung des Kohlendioxyds durch Anhalten und so fort. Genial – wie der gesamte Yoga es ist. Bhastrikâ ist ein Förderer der Zellatmung.
Gleicher Einwand bei der vollständigen Atmung. Der Ausdruck »vollständig« sagt es, sie gehört zum Tiefatmen. Es gilt auch hier: Erstens führt man sie nur wenige Minuten aus; zweitens kommt es auf die korrekte Ausführung an. Man atmet zwar tief, aber sehr langsam, und man macht eine deutliche Pause nach dem Ausatmen; somit gleicht sich die erhöhte Sauerstoffzufuhr durch eine Vermehrung des Kohlendioxyds aus. Auch diese Atmung ist damit ein Förderer der Zellatmung. Ihre eigentliche Absicht ist aber nicht die Steigerung des Sauerstoffs, vielmehr die durch die Wellenbewegung des Rumpfes bewirkte Beseitigung der pathogenen Blutfülle im Bauch.
Wie der Sauerstoff hat auch das Kohlendioxyd wichtige Aufgaben im Organismus. Die erste Anregung dazu bekam ich vor 35 Jahren von Boris Sacharow, einem der Pioniere des Hatha-Yoga in Deutschland. In seinem Buch »Yoga aus dem Urquell« (Günther-Verlag Stuttgart 1957) gibt es im Kapitel über den Prânâyâma einen Abschnitt, der ein tieferes Nachdenken verdient:
»Abgesehen von (…) bewirken die indischen Atemübungen, was bis jetzt nirgends hervorgehoben wurde, in nicht minderem Maße die seelische Gesundung durch erhöhte Zufuhr des Kohlendioxydgases – eine besondere Methode, welche zuletzt in Amerika … eingeführt und durch einen Kongreß der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung bestätigt und nunmehr allgemein anerkannt wurde und welche darin besteht, daß der Patient ein Gasgemisch von 70 % Sauerstoff und 30 % Kohlendioxyd etwa 5 Minuten einatmet und nach 30–100 solcher Behandlungen von Hysterie, Schwermut, Alkoholismus, Sprachfehlern und mindestens 80 % sonstiger neurotischer Erkrankungen restlos – und dabei ohne Anwendung von Psychoanalyse, Hypnose und dergl. – geheilt werden soll. Im Falle der indischen Atemübungen erlangt man dasselbe Resultat lediglich durch das besonders dosierte, steigende Atemanhalten, wobei das notwendige Kohlendioxyd auf natürliche Weise in der Lunge selbst durch Verbrennung von größerer Menge eingeatmeten Sauerstoffes gebildet wird [ein Lapsus, Anm. von H. Maldoner; »verbrannt« wird der Wasserstoff]. So heilt der uralte indische Yoga auch Nervenleiden auf natürlichste – und doch modernste – Weise.«
Die zweite Anregung kam später durch Dr. Konstantin Pavlovich Buteyko (1923–2003), einem Forscher aus der Ukraine, der als praktizierender Arzt zu dem Schluß kam, dass die wahre Ursache von Asthma, Allergien und vielen anderen Zivilisationskrankheiten die Verminderung der CO2-Konzentration im Blut ist, hervorgerufen durch chronisches (!) Hyperventilieren. Prof. Buteyko (russisch: Buteiko) lehrte seine Patienten »weniger zu atmen« und auf diese Weise langfristig die Atmung wieder zu normalisieren. Im Jahr 1988 gründete er die Buteyko-Klinik in Moskau. Die als Buteyko-Atmung bekannte, sehr erfolgreiche Methode ist in Russland offiziell anerkannt und verbreitet sich nun in vielen Ländern.
Dr. Konstantin Pavlovich Buteyko
[1923–2003]

Prof. Buteyko hat seine Methode als »willentliche Normalisierung der Atmung« bezeichnet, man bemerke auch hier den scheinbaren Widerspruch – ich muss, um die natürliche Atmung zu erreichen, willentlich eingreifen. Da nach Dr. Buteyko das Problem in einer Verminderung des Kohlendioxyds liegt, besteht die Lösung darin, dessen Gehalt im Blut anzuheben; dies geschieht durch ein »Bremsen« der Atmung generell und durch das Einhalten einer gewissen Leerphase nach dem Ausatmen speziell. Das Anhalten des Atems mit leeren Lungen kann anfangs nur kurz sein (mehrere Sekunden), soll aber durch tägliches Üben kontinuierlich gesteigert werden. In ihrer fortgeschrittenen Art hat diese Übung, technisch gesehen, große Ähnlichkeit mit einer uralten Yoga-Atmung, Mûrchâ-Prânâyâma.
Zum letzten Satz: Dies ist meine Meinung. Die Mehrheit der Yogalehrer sieht das nicht so.
Die Buteyko-Methode ist schwieriger als das einfache, sanfte Yoga-Atmen; man soll nach dem Ausatmen so lange wie möglich, unter Aufbietung großer Willenskraft nicht mehr atmen, um eine entsprechende Vermehrung des Kohlendioxyds zu erreichen. Wobei hier anzumerken ist: Die sogenannte Maximalpause ist umstritten; Prof. Buteyko ging es weniger um das kurze intensive Üben, etwa zur Abwehr eines Asthma-Anfalls, als vielmehr um eine Normalisierung der Atmung – um das langsame, flache, gelöste Atmen, im Sinne des Yoga. Die Maximalpause hat einige Gegenanzeigen und darf nur unter persönlicher Anleitung praktiziert werden
Dr. Buteykos Lehre ist hochwissenschaftlich, erfordert ein gründliches Studium – über 150 Krankheiten sollen auf die Therapie ansprechen – und kann aus diesem Grunde an dieser Stelle nur gestreift werden. Es ist unter anderem eine Frage des Respekts, eine so verdiente Persönlichkeit nicht verkürzend und daher vielleicht missverständlich zu präsentieren. Das Nichtwissen unserer Ärzte über Dr. Buteyko ist typisch für die Schlafmützigkeit der Deutschen. Man halte sich auch hier an das Yogaprinzip von Selbststudium und Selbstbehandlung.
Die Erwähnung der Buteyko-Atmung liegt mir am Herzen. Man wird aber verstehen wenn ich zum Yoga-Atmen, hier in Verbindung mit dem Kohlendioxyd zurückkehre. Ich teile die Meinung von Boris Sacharow, dass alle anderen Prozeduren überflüssig sind, »wenn der Kranke es versteht, seinen Atem nach der indischen Methode anzuhalten und auf diese Weise allmählich den Kohlendioxydgehalt … beliebig zu steigern.«
(mit kurzem Leerbleiben) kann »das verlängerte Ausatmen« genannt werden – eine der besten senkenden Übungen (Hypertonie, Herzprobleme, Kopfdruck, Tinnitus, Schlaflosigkeit), eine der schnellsten und einfachsten Methoden, um zur körperlichen und psychischen Ruhe zu kommen, um den harmonischen Fluss des Prâna zu erreichen – und eben auch, um das Kohlendioxyd im Blut zu vermehren und so die richtige Ausnutzung des Sauerstoffs zu ermöglichen (der paradoxe »Verigo-Bohr-Effekt«*). Etwas Übung vorausgesetzt, führt diese Art des Atmens zu einem befriedenden Gefühl des scheinbaren Stillstandes der inneren Maschinerie. Das Leerbleiben ist eine Erholung für die Organe, selbst bei kurzer Dauer; die geistige Wirkung kommt dann richtig zur Geltung, wenn man es schafft, länger leer zu bleiben und sich im Sinne des Yoga auf gewisse Dinge zu konzentrieren.
* Verigo-Bohr-Effekt = vor über hundert Jahren entdeckten die Forscher B. Verigo (Russland) und C. Bohr (Dänemark) unabhängig voneinander (Verigo 1892, Bohr 1904): Je mehr Sauerstoff man einatmet, desto mehr Kohlendioxyd wird aus dem Körper entfernt. Je geringer das Kohlendioxyd wird, desto schlechter trennt sich der Sauerstoff von seinem Träger, dem Hämoglobin des Blutes, desto weniger Sauerstoff steht den Zellen zur Verfügung. Das ist in der Tat »paradox«: Je tiefer/intensiver geatmet wird, je größer also die Menge an eingeatmetem Sauerstoff wird (und – worum es ja hauptsächlich geht – je geringer dadurch die Menge an CO2!), desto stärker ist der Mangel an verwertbarem (!) Sauerstoff im Organismus.
Aus Gründen der Fairness gegenüber jenen die so freundlich waren die »Heilwirkungen des Yoga« zu erwerben, sei an dieser Stelle selbst die milde Form der Übung nicht genauer erklärt.
(mit langem Leerbleiben) heißt – erneut: meiner Meinung nach – Mûrchâ-Prânâyâma, die alte indische Technik, oder Buteyko-Atmung, die moderne Art. Damit sage ich nicht, dass der geniale Prof. Buteyko einen Prânâyâma übernommen hat; er kam durch jahrelanges eigenes Studium auf die Sache. Die Ähnlichkeit beider Techniken ist auffallend; bei der Buteyko-Atmung geht es um den gesundheitlichen Aspekt, Mûrchâ-Prânâyâma gehört zum spirituellen Yoga. Meist wird »Mûrchâ« mit »Ohnmacht, Betäubung« übersetzt. Das ist irreführend, denn die in Frage kommende Bedeutung ist »Ausschaltung der Sinne«, ein Zustand innerer Stille und Seligkeit. In Mûrchâ wird der Atem lange ausgesetzt unter Anwendung einer bestimmten Konzentration; eine hohe und damit auch problematische Technik, nur für Eingeweihte. Ähnliches gilt für die intensive Buteyko-Atmung: Hier muß der Therapeut neben dem Patienten sitzen und ihn überwachen; alles andere wäre nicht in Ordnung. Die milde Form der Übung ist unproblematisch; ich kann es vertreten sie zu lehren. Der angenehme Moment des Loslassens beim Ausatmen; das angenehme Leersein verlangsamt den Atemrhythmus (= die Essenz des Yoga-Atmens), führt zur Entspannung der Muskeln, zur Beruhigung der Nerven, ist eine Erholung für den Organismus und vermittelt einen Funken geistiger Ruhe.
Mûrchâ ist ein toter Prânâyâma. Seit langem weiß niemand mehr, wie genau das eigentlich geht. Schon die Beschreibung in den Schriften ist missverständlich, aber das könnte Absicht sein, typisch für tantrische Werke. Jedenfalls: Was im Internet als Mûrchâ vorgestellt wird zeigt sich mir als skurril und größtenteils sinnlos, im schlimmeren Fall als schädlich, nämlich als Hyperventilation und damit der Idee von Prof. Buteyko entgegengesetzt.
Angesichts der unklaren Beschreibungen ist man auf Interpretationen angewiesen. Bei Mûrchâ dominiert die Meinung, die Luft nach dem Einatmen anzuhalten. Auch hier folge ich Boris Sacharow, welcher das im Originaltext (Gheranda-Samhitâ) stehende Wort »angenehm, behaglich« auf das langsame Ausatmen und Anhalten mit leeren Lungen bezieht. Die Technik gehört zum geistigen Yoga, sie wird im Yoga-Sûtra des Weisen Patañjali erwähnt (I.34): »Oder durch Ausstoßen und Anhalten des Atems erlangt man die Ruhe des Geistes.« Ähnliche Beschreibungen findet man in anderen Schriften. Eine der klassischen Anweisungen findet sich in meiner Übersetzung des Yoga-Sûtra: »Wenn der Atem ganz draußen ist und von selbst anhält, in solch einer Pause verschwindet das ›kleine Selbst‹ (das Ego).«
Der einzige Autor, der sich halbwegs konstruktiv zu Mûrchâ geäußert hat ist Theos Bernard in seinem wundervollen »Hatha Yoga. Ein Erfahrungsbericht aus Indien und Tibet (das beste Hatha-Yoga-Buch aller Zeiten)«. Er schrieb darin: »Die Luftwege nach dem Einatmen mit Jâlandhara-Bandha fest schließen und die Luft langsam ausstoßen, wird Mûrchâ genannt … Ich lernte das auch in der Weise, dass mit dem Atmen nach der Ausatmung ausgesetzt wird.« Persönlich glaube ich, daß das letzte (= nach der Ausatmung) korrekt ist und finde diesbezüglich Bestätigung bei Yoga-Sûtra I.34.
Man findet im Internet schwer eine genauere Anleitung zur Buteyko-Atmung; überall wird man auf Schulen und Kurse verwiesen. Das ist verständlich, zumal Prof. Buteyko selber ein Gegner der Do-it-yourself-Methode war. Dementsprechend habe ich diesen Artikel als Information ins Internet gestellt, nicht als Anleitung.
Von Sebastian Kneipp ist bekannt wie schockiert er war als sich Patienten über »von Pfarrer Kneipp empfohlene« Wasseranwendungen beklagten, die sie »noch kranker machten« – und es sich herausstellte, dass diese Anwendungen völlig falsch ausgeführt wurden. Die meisten Leser lesen einen Text nicht aufmerksam genug; es ist die Regel, dass Ratschläge aus Büchern nicht annähernd so in die Praxis umgesetzt werden wie sie gegeben wurden.
Bezogen auf diesen Artikel sei damit gesagt: Selbst das an sich unproblematische Anhalten des Atems mit leeren Lungen kann schädlich sein, wenn es nicht korrekt ausgeführt wird. Wieso hält ein Mensch bei der Übung daheim den Atem dreißig Sekunden lang an, wenn ihm gesagt wurde: drei Sekunden? Wieso macht er die Übung eine halbe Stunde lang, wenn ihm gesagt wurde: wenige Minuten? Mit welchem Recht beklagt er sich dann, dass es ihm während und nach der »empfohlenen« Übung schlecht gegangen sei? Der unberechenbare menschliche Faktor hat schon so manchen Verfasser von Ratgebern ratlos gemacht.
In diesem Sinne: Es ist hilfreich mit dem Thema Heilatmung in Berührung zu kommen. Hat man verstanden worum es geht, und hält man es für wichtig, dann suche man einen Atemtherapeuten oder Yogalehrer, lasse sich unterweisen und überprüfen, und dann übe man.
Die wichtigste spezielle Atemübung ist die an dieser Stelle beschriebene. Die wichtigste Atemübung insgesamt jedoch ist und bleibt → die vollständige Atmung.
Der immer wieder anzutreffende Gedanke »Ich muss jetzt nach dem Ausatmen so lange wie möglich leer, ohne Luft bleiben!« ist ein Fehler, der die gesamte Übung ad absurdum führt. Was soll das bringen, dass man den Atem »so lange wie möglich« aussetzt? Eine solche Art des Übens der Buteyko-Atmung ist für die meisten nichts als Stress, aber gleichzeitig ist man stolz »auf das Erreichte«.
Man kann es nicht oft genug sagen: Professor Buteyko ging es weniger um das kurze intensive Üben, etwa zur Abwehr eines Asthma-Anfalls, als vielmehr um eine langfristige Normalisierung der Atmung – um das langsame, gelöste Atmen. Wenn man es nach täglicher, monatelanger, geduldiger und vernünftiger Übung geschafft hat, 8mal pro Minute zu atmen anstatt 15mal: Dies ist ein Erfolg, dies ist im Sinne von Dr. Buteyko und im Sinne des Yoga.
Ja, 60 Sekunden in der »Kontrollpause« den Atem anhalten zu können bedeutet nach Dr. Buteyko, dass die Alveolarluft (die Lungenbläschen) die optimale Menge an CO2 hat. Aber das ist erstens nur ein Test, den man einmal täglich macht und der zweitens weniger aussagt als manche glauben, denn der geringste Stress und Dinge wie Ernährungsfehler (wir essen zuviel, zu schnell, zu schlecht), um nur diese zwei von mehreren Faktoren zu nennen, verschlechtern sofort die CO2-Toleranz – und wer hat heutzutage keinen Stress und macht keine Ernährungsfehler? Buteyko-Therapeuten empfehlen den Test frühmorgens, nach dem Aufwachen zu machen. Kein Wunder, denn da ist man nach hoffentlich gutem Schlaf am entspanntesten, noch hat der Stress des Alltags nicht begonnen …
Und ja, auch die Yogis vermögen die Atmung sehr lange anzuhalten, aber das ist eben der höhere Pranayama, eine wahrlich heldenhafte Disziplin [→ Link], für 99 Prozent der Menschheit nicht praktikabel. Es gibt eine »sanfte« Form der Buteyko-Atmung und eine »harte«. Die letzte darf nur im Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden und ist vor allem für schwere Asthmatiker gedacht. Gehören 60 Sekunden Atempause zur sanften oder zur harten Methode? Nun, wie alle Genies war auch Dr. Buteyko etwas weltfremd. Das mag man an eine seiner berühmten Aussagen zu der Frage erkennen, »wie lange« man üben sollte.
»K. P. Buteyko sagte dazu in seiner Vorlesung im Februar 1970 in Moskau Folgendes: „Das hängt von dem Schweregrad der Krankheit ab. Aber je öfter im Verlauf des Tages (unter entsprechenden Umständen auch in der Nacht), desto besser. Die Schwerkranken sollten insgesamt 5–6 Stunden lang üben. Zum Beispiel 2 Stunden morgens, 2 Stunden mittags und 1 Stunde vor dem Abendessen. Diejenigen, bei denen die leichte maximale Atemanhaltung 30 Sekunden und mehr beträgt, können täglich 3 Stunden lang üben. Die übermäßige Atmung beginnt sich erst dann zu normalisieren, wenn die tägliche Gesamt-Übungszeit mehr als 2 Stunden beträgt – auch stückweise.« [Zitat aus dem Büchlein von Dr. med. Viktor Krauter → Link].
Ich kenne niemanden, der 2 Stunden lang (um nur das Buteyko-Minimum zu nehmen!) täglich übt. Und unter meinen Kursteilnehmern gibt es niemanden, der eine Atempause von 60 Sekunden schafft – eben weil nicht »genug« geübt wird. Ich sehe hier einen Vergleich zu Prof. Tirala, welcher zur Praxis seiner »alles heilenden« vollständigen Atmung sich so äußerte: »3mal täglich 15 Minuten!« Nun, ich kenne niemanden, der regelmäßig (!) jeden Tag (!) 45–60 Minuten lang die Vollatmung praktiziert. Soviel zur liebenswerten Weltfremdheit aller Genies.
Jemand der sagt »Ich kann den Atem bei leeren Lungen 1 Minute lang anhalten« (was zugegeben sehr gut ist) muss sich fragen lassen: Wie atmest du für den Rest des Tages und der Nacht? Schnell und ungleichmäßig wie gewohnt? Dann war all dies verschwendete Zeit und Energie. Und gesundheitsschädlich.
Siehe oben »Die Essenz des Yoga-Atmens«. Dies soll man anstreben, in stetiger Übung erreichen, und für diesen Zweck ist die milde Form der Buteyko-Atmung ideal. Erreicht werden soll das Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxyd, das Verhindern der Ausatmungsschuld, schlicht: die gelöste, ruhige Atmung eines entspannten, gesunden Menschen.
Alles andere läuft unter dem Motto »schneller, höher, stärker«. Atemübungen sind aber kein Sport.
Im Jahr 2005 erschien in einem Karlsruher Verlag eine kostbare Schrift über die Atmung nach Prof. Buteyko. Der Autor, ein russischer Arzt namens Viktor Krauter, lebte in Karlsruhe und gründete dort die Gesellschaft für die Einführung der Buteyko-Atmung in Deutschland. Selbst in Karlsruhe lebend, hatte ich vor, Dr. Krauter persönlich kennenzulernen. Leider schob ich diese Absicht immer wieder hinaus, bis ... ich einige Zeit später feststellen musste, dass Dr. Krauter nicht mehr aufzufinden war. Ich vermute, dass er in seine Heimat zurückgekehrt ist. Für kurze Zeit bot er seine Schrift als PDF im Internet an – dieses PDF ist spurlos verschwunden, und auch die Suche nach seinem Namen ergibt keinerlei brauchbare Informationen mehr.
Da es so ist, erlaube ich mir, aus seinem hervorragenden Büchlein wenigstens den folgenden Abschnitt über »Buteyko und Yoga« zu zitieren, zusammen mit der Auflistung von Störungen und Leiden, welche laut Prof. Buteyko auf seine Atmung ansprechen.
Wo sind Sie, lieber Herr Dr. Krauter?
♦ ♦ ♦
Aus dem Büchlein von Dr. med. Viktor Krauter
»Die Buteyko-Methode der willentlichen Kohlensäure ansammelnden Atmung«
Problembewältigungs-Verlag Krauter, Karlsruhe 2005
Betrachten wir die Yoga-Methode unter dem Kohlensäure-Aspekt. Dabei können wir feststellen, dass fast alle Yoga-Übungen zur Ansammlung der Kohlensäure im Organismus führen, und zwar:
Die meisten körperlichen Yogaübungen sind Körperstellungen, die das Funktionieren der Atmungsmuskulatur erschweren. Darum kann bei ihnen von einer überschüssigen Atmung keine Rede sein. Die Yogis sammeln also die Kohlensäure im Organismus unter anderem mit Hilfe von den Atmung hemmenden Körperpositionen an.
Ein Teil der Asanas sind isometrische Kraftübungen, bei denen eine große Menge Kohlendioxyd entsteht. Andererseits wird bei ihnen dieser wertvolle Stoff nur sehr sparsam abgeatmet und im Körper angesammelt.
Außerdem sammeln die Yogaübenden die wertvolle Kohlensäure im Organismus durch die Meditation an. Die Atmung wird automatisch angebremst, wenn man sich auf ein Meditationsobjekt konzentriert. Dieses psycho-körperliches Phänomen kennen wir gut aus dem Autogenen Training.
Was die sogenannte volle Atmung der Yogis anbelangt, so sei angemerkt, dass bei ihr ganz langsam eingeatmet, ganz langsam ausgeatmet und dann eine längere Pause eingelegt wird. Sie ist also nicht häufig und mit genügend großen Atmungspausen. Wobei sie so täglich nur etwa 3–5 Minuten lang atmen.
Auch die anderen Atemübungen der Yogis werden in langsamem Tempo durchgeführt, so dass es bei ihnen trotz des tiefen Atems zu keiner Überventilation und zu keiner übermäßigen Abatmung des Kohlendioxyds kommt.
Und was die Atemübung betrifft, bei der die Yogis energisch tief und dabei schnell atmen, so wird sie eine ganz kurze Zeit gemacht (10–15 Sekunden). Wobei die Yogis nach ihr wieder sehr oberflächlich und langsam atmen. Man sagt hier, dass durch sie eine Art von kurzer Arteriolen-Gymnastik gemacht wird.
In der Yoga-Lehre gibt es die Vorstellung, dass jedem Menschen in seinem Leben eine bestimmte Anzahl von Atemzügen zur Verfügung steht. Das heißt, die Yogis meinen, je schneller ein Mensch atmet, desto schneller geht sein Leben zu Ende. Deshalb streben sie danach, möglichst langsam zu atmen – anstatt der bei uns »üblichen« 16–18 Atemzüge pro Minute nur 5–6 zu machen.
Sie sagen etwas überspitzt (um den Gedanken hervorzuheben), dass das Nicht-Atmen die Unsterblichkeit bedeute. Dieser ihr Spruch zeigt, dass sie der oberflächlichen Atmung bzw. der Atemanbremsung eine große Bedeutung beimessen. Damit haben sie genialerweise den Kern der gesunden Atmung – die Kohlensäure ansammelnde Atmung – erkannt bzw. entdeckt. Auch wenn sie vor ein paar tausend Jahren von dem Kohlendioxyd und der Kohlensäure und ihrer Rolle in dem Organismus nichts gewusst haben. Sie sammeln bei ihren Übungen die Kohlensäure an, auch wenn sie sagen, sie würden bei ihnen die Lebensenergie ansammeln und vermehren.
Die Buteyko-Methode und die Yoga-Methode haben ein gemeinsames Fundament – die Kohlensäure ansammelnde Atmung. Der Unterschied besteht nur darin, dass die Yogis die Kohlensäure durch bestimmte atmungshemmende körperliche Übungen und Meditation ansammeln und die Buteyko- Übenden durch die atmungszügelnde und anbremsende Willensanspannung.
Außerdem haben die Yogis erkannt, dass nicht nur ein ruhiger und gelassener Gemütszustand einen ruhigen Atem zur Folge hat, sondern auch umgekehrt – ein durch bestimmte Körperstellungen angebremster, langsamer Atem zur inneren Ruhe, zur Gelassenheit und zur harmonischen Beziehung zu der Umwelt verhilft. Sie haben erkannt, dass man durch die Stabilisierung der Atmung die Psyche stabilisieren kann.
Wie wir wissen, machen die Yogis bereits seit ein paar tausend Jahren solche Übungen, wie Drehsitz, Pflug, Kobra, Bogen usw. Die alten Yogis wussten nicht, dass sie dabei Kohlensäure im Organismus ansammeln. Sie wussten auch nichts von Dingen wie Blut-pH, Säure-Basen-Gleichgewicht, Kohlensäure-Arteriolenlumen-Phänomen, Kohlensäure-Anastomosen-Phänomen, Kohlensäure-Sauerstoff-Phänomen. Aber durch ihre Beobachtungsgabe haben sie erkannt, daß die betreffenden Körperstellungen auf das Befinden und auf die Gesundheit gut wirken.
Die Methode der willentlichen Kohlensäure ansammelnden Atmung hat also nicht nur eine feste physiologische bzw. theoretische Grundlage. Sie hat sich im Grunde genommen schon längst durch seine verwandte Form, durch die jahrtausendealte Yogamethode auch praktisch bewährt.
Buteyko hat bereits im Jahr 1952 die große Schädlichkeit der chronischen übermäßigen Atmung und die Vorteile der atmungshemmenden körperlichen Yogaübungen erkannt. Danach hat er den Wirkungsmechanismus der die Lungenventilation optimal vermindernden Atmung wissenschaftlich erforscht und erklärt.
Er hat erkannt, dass die Kohlensäure im Organismus im Grunde genommen die Energie bedeutet und dass ihr Mangel verschiedene Gesundheitsstörungen und Krankheiten verursacht – bzw. dass der Kohlensäuremangel eine generelle sekundäre Krankheitsursache ist. Er hat deutlich erkannt, dass man durch die Anbremsung der Atmung und Ansammlung der Kohlensäure im Organismus wie durch ein Wundermittel etwa 180 Gesundheitsstörungen und Krankheiten bekämpfen, lindern und besiegen kann (siehe im folgenden).
Buteyko hat erkannt, dass man die Atmung auch auf eine andere Weise (nicht nur mit Hilfe der die Atmung behindernden yogischen Körperstellungen) hemmen bzw. zügeln kann und muß. Und hat seine »Methode der allmählichen willentlichen Normalisierung der Atmung« entwickelt. Seine Idee der willentlichen Zügelung, Anbremsung der Atmung scheint heute jenen, die sich mit den physiologischen Grundlagen seiner Methode bekannt gemacht haben, ganz einfach. Nicht umsonst sagt man: Alles Geniale ist einfach.
Es geht um rund 180 Störungen und Krankheiten, von denen hier einige kurz aufgezählt werden:
schnelle Ermüdbarkeit bzw. chronische Müdigkeit, Schlafstörungen, allgemeine Ängstlichkeit bzw. Angstneurose, Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, chronische dumpfe Augenschmerzen, Spannungskopfschmerz, Migräne, Bluthochdruck-Krankheit, niedriger Blutdruck mit Beschwerden, Brustbeklemmungen, Herzneurose, Angina pectoris, arterielle Verschlusskrankheit der Beine, Parodontose, chronischer Schnupfen, Infektanfälligkeit, chronische Mandelentzündung, chronische Kehlkopfentzündung und Heiserkeit, Ess-Brech-Sucht, Fettleibigkeit, starke psychisch bedingte Abmagerung, bestimmte Funktionsstörungen der Schilddrüse, Magengeschwür-Krankheit, chronische Darmverstopfung, nervöser Darm, Reizblase, nervöse Harnverhaltung, psychisch bedingte Kreuzschmerzen, Potenzstörungen, vorzeitiger Samenerguss, Sexualstörungen bei der Frau, vorzeitige Arthrose mehrerer Gelenke, Gicht, Polyarthritis, Rheuma, Ekzem, Neurodermitis, bestimmte Allergien, erhöhte Gerinnungsfähigkeit des Blutes, erhöhter Cholesterinspiegel (man hat die Gesetzmäßigkeit festgestellt, dass je überschüssiger die Atmung ist, desto höher ist der Wert des Cholesterins des Blutes), psychisch bedingter Diabetes mellitus, psychisch bedingte Schwerhörigkeit, unwillkürliche Muskelzuckungen, verschiedene Missempfindungen, Neigung zum erhöhten Schwitzen, Neigung zum Frieren und zum Kalt-Werden der Glieder und und und.
»Ich habe gesagt, dass wir gelernt haben, etwa 180 Krankheiten zu heilen. Das ist eigentlich nicht so. Wir behandeln nur eine Krankheit: die überschüssige Atmung, die ungefähr 180 Symptome hat. Diese Symptome werden durch Unwissen für selbständige Krankheiten gehalten. Darum werden sie nicht verstanden und schlecht behandelt. Unsere Methode heilt nur eine Krankheit aus: die chronische überschüssige Atmung. Nichts anderes. Aber diese Krankheit schließt 90 Prozent aller Krankheiten in sich ein.«
»Während der 9 Jahre bei uns in der Klinik und in rund 40 Städten der UdSSR haben wir kein einziges Mal gesehen, dass ein Mensch, der unsere Methode angewendet und seine Atmung verringert hat, keine Erleichterung erlebt hat. So etwas gibt es nicht.«
Dr. Konstantin Pavlovic Buteyko
[1923–2003]

♦ ♦ ♦
Wie Dr. Viktor Krauter hat auch Sergej Georgievitsch Altuchov, außergewöhnlich engagierter, ganz auf die Praxis ausgerichteter Leiter des südrussischen »Buteyko-Zentrum in Kuban«, auf seiner – auch deutschsprachigen – Webseite alle Störungen und Leiden aufgezählt, welche auf die Buteyko-Atmung ansprechen. Er sagt: »Folgende Krankheiten werden mit der EA-Methode (Eukapnisches Atmen) des Akademiemitglieds K. P. Buteyko geheilt oder zumindest sehr stark gelindert« [→ Link].
Sollte es, wie unten erwähnt, nicht mehr möglich sein die Webseite zu öffnen, werde ich die umfangreiche Liste hier wiedergeben.
→ Erneut: Man beachte die feine, von Verantwortung zeugende Formulierung von Sergej G. Altuchov, »… werden geheilt oder zumindest sehr stark gelindert«.
!!! → Und man beachte auch, um dem großen Professor Buteyko gerecht zu werden, was er über die Häufigkeit und Dauer seiner Atemübung sagte – ich wiederhole an dieser Stelle die weiter oben zitierte Aussage [→ Link] zur Frage, wie lange man üben sollte:
»K. P. Buteyko sagte dazu in seiner Vorlesung im Februar 1970 in Moskau Folgendes: „Das hängt von dem Schweregrad der Krankheit ab. Aber je öfter im Verlauf des Tages (unter entsprechenden Umständen auch in der Nacht), desto besser. Die Schwerkranken sollten insgesamt 5–6 Stunden lang üben. Zum Beispiel 2 Stunden morgens, 2 Stunden mittags und 1 Stunde vor dem Abendessen. Diejenigen, bei denen die leichte maximale Atemanhaltung 30 Sekunden und mehr beträgt, können täglich 3 Stunden lang üben. Die übermäßige Atmung beginnt sich erst dann zu normalisieren, wenn die tägliche Gesamt-Übungszeit mehr als 2 Stunden beträgt – auch stückweise.«
Ich kenne niemanden, der 2 Stunden lang (um nur das Buteyko-Minimum zu nehmen!) täglich übt. Und unter meinen Kursteilnehmern gibt es niemanden, der eine Atempause von 60 Sekunden schafft – eben weil nicht »genug« geübt wird. Ich sehe hier einen Vergleich zu Prof. Tirala, welcher zur Praxis seiner »alles heilenden« vollständigen Atmung sich so äußerte: »3mal täglich 15 Minuten!« Nun, ich kenne niemanden, der regelmäßig (!) jeden Tag (!) 45–60 Minuten lang die Vollatmung praktiziert.
Bevor man also – wie es in der Regel der Fall ist – die von Dr. Krauter erwähnte Liste (180 heilbare Krankheiten) oder jene von Sergej Altuchov (über 100 heilbare oder stark zu lindernde Krankheiten) vorschnell als übertrieben abtut, sollte man der Fairness halber an obige Worte denken.
Vorbemerkung
Kuban ist eine Region im Süden Russlands rund um den Fluss Kuban. Ich nehme an, dass sich das »Buteyko-Zentrum in Kuban« im Gebiet der Hauptstadt Krasnodar befindet. Seit vielen Jahren gibt es eine deutschsprachige Version der Webseite des Zentrums [→ Link]; daraus habe ich den motivierenden Abschnitt »Die Geschichte der Entdeckung der Krankheiten der tiefen Atmung« entnommen. Warum?
Weil die Webseite des Buteyko-Zentrums als »nicht sicher« gilt und von den Internet-Browsern nicht immer (!) geöffnet wird … Sollte sie nicht auf neueren technischen Stand gebracht werden wird sie wohl bald »out« sein. Damit zumindest die besonders wertvolle »Geschichte der Entdeckung …« nicht verlorengeht erlaube ich mir daher, sie an dieser Stelle – gekürzt – wiederzugeben.
Kompliment und Dank an den außergewöhnlich engagierten Leiter des »Buteyko-Zentrum in Kuban« und Betreiber der Webseite, Sergej Georgievitsch Altuchov.
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Es folgt der Originaltext der russischen Webseite:
Am 2. Mai 2003 starb ein großer russischer Wissenschaftler, Arzt und Akademiemitglied Konstantin Pavlovitsch Buteyko. Ein schwerer Kampf für die Popularisierung seiner für die Menschen so dringend notwendigen Entdeckung führte ihn im Alter von 81 Jahren ins Grab. Millionen Erkrankter in der ganzen Welt haben ihren größten Retter und Berater verloren. Ich bitte alle, die jetzt diese Zeilen lesen, aufzustehen und in einer Schweigeminute meines genialen Lehrers zu gedenken. Ich bin ein treuer Schüler und langjähriger Anhänger des Akademiemitglieds K. P. Buteyko und es ist mir sehr bewusst, was für ein Verlust für die gesamte Menschheit das ist.
Konstantin Pavlovitsch Buteyko wurde am 27. Januar 1923 in der Ukraine, im Verwaltungsgebiet Tschernigov, geboren. Im Jahre 1952 schloss er sein Studium an der 1. Hochschule für Medizin in Moskau ab und im Oktober desselben Jahres machte er seine große medizinische Entdeckung.
Im Jahre 1952 war Buteyko 29 Jahre alt. Damals war er noch ein ziemlich junger Mann, aber leider auch ein unheilbar kranker Mensch. Er hatte eine bösartige Hypertonie. Bei einem gesunden Menschen im Normalzustand ist der Blutdruck 120/80 mm Hg hoch. Bei Buteyko schoss der Blutdruck oft auf bis zu 260/120 mm Hg. Solche Kranken leben nicht länger als ein Jahr. Konstantin Pavlovitsch wusste das und hat sich ständig innerlich auf den Übergang ins Jenseits vorbereitet.
Der 7. Oktober 1952 ist für ihn zu einem ganz besonderen Tag geworden. Denn gerade am Abend dieses Tages ist ein Wunder geschehen, das den Todgeweihten gerettet hat. An dem besagten Abend hatte Buteyko seinen Nachtdienst im Krankenhaus geleistet. Er machte Abendvisite in Begleitung von jungen und hübschen Studentinnen im Grundstudium. Diese haben sich darüber amüsiert, dass Buteyko den Patienten, die er in den Krankenzimmern vorfand, Diagnosen nur auf Grund ihres Erscheinungsbildes stellte, ohne diese vorher zu befragen. Dabei hat er sich kein einziges Mal geirrt. Seine Diagnosen stimmten mit den Angaben im Journal und der Krankenkarte des jeweiligen Patienten überein.
Und plötzlich sieht Buteyko, wie ihm im Gang ein sportlich aussehender junger Mann in einem Krankenanzug entgegenkommt und dabei mit weit offenem Mund nach Luft schnauft. »Nun, liebe Genossinnen«, sagte Konstantin Pavlovitsch und drehte sich mit dem Gesicht zu seinen Begleiterinnen, »hier haben wir ein typisches Beispiel eines Asthmakranken. Seht nur, wie er schon fast am Ersticken ist.« »Ja, ja, wir sehen«, antworteten die Studentinnen und wollten schon die Diagnose mit den Angaben in der Krankenkarte vergleichen. Doch dazu sind sie nicht gekommen. Der Kranke neigte sich zu Buteyko und sprach ihm ganz leise ins Ohr. »Entschuldigung, Doktor, aber Sie haben sich geirrt … Ich leide nicht an Asthma, sondern an bösartiger Hypertonie.« Für Konstantin Pavlovitsch fühlte sich das wie ein Stromschlag an. »Wie konnte mir nur ein solcher Fehlschlag passieren?! Ich habe meine eigene Krankheit nicht erkannt. Was für ein großartiger Diagnostiker ich doch bin!«, dachte er. Der plötzliche Misserfolg hat Buteyko so tief getroffen, dass er kurz darauf seine hübschen Begleiterinnen verlassen und nach oben in das Assistenzarztzimmer gehen musste.
»Wie konnte das nur passieren?«, fragte sich der junge Wissenschaftler. »Man hält ja Asthma und bösartige Hypertonie für völlig unterschiedliche Krankheiten. Die sind auch in verschiedenen Lehrbüchern beschrieben, werden mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt, allerdings beides ohne Erfolg. Und plötzlich stellt sich heraus, dass diese beiden schwersten, angeblich unterschiedlichen, Krankheiten ein gemeinsames und sehr starkes Symptom – die tiefe Atmung – haben!« Den jungen Wissenschaftler überkam eine Hitze. Die größte medizinische Entdeckung traf ihn wie ein Blitz. Was ist, wenn tiefe Atmung tatsächlich eine besondere und eigene Krankheit ist und Asthma, Hypertonie, Stenokardie usw. in Wirklichkeit nur Symptome dieser Hauptkrankheit sind? Das heißt, die tiefe Atmung ist der dicke Stamm eines großen Baumes und verschiedene Krankheiten, die offensichtlich mit der tiefen Atmung verbunden sind, sind nichts anderes als seine Zweige. Dieser Gedanke war dermaßen dreist und stellte sich dem Standpunkt aller führenden Medizinwissenschaftler in der ganzen Welt entgegen, die sich bei den Lobpreisungen der angeblichen Heilwirkung ausgerechnet der tiefen Atmung einig waren, dass Buteyko das Gefühl hatte, er verliere seinen Verstand.
Es war am späten Abend des 7. Oktober 1952. In dem Assistenzarztzimmer wurde es dunkel. Konstantin Pavlovitsch spürte, dass sein allabendlicher Anfall der bösartigen Hypertonie sich ankündigt. Das Herz begann zu rasen, sein Puls beschleunigte sich und dröhnte in den Schläfen. Seine rechte Niere fing an zu schmerzen. Er maß sich den Blutdruck, dieser schoss nach oben. Noch vor kurzem hatte er etwa 160 mm Hg, jetzt aber schon 240 mm Hg. Konstantin Pavlovitsch wollte wie gewöhnlich eine Tablette holen, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. »Stop«, sagte sich Buteyko, »wenn das Übel die tiefe Atmung ist, wozu brauche ich dann Medikamente. Ich soll lieber versuchen, die Tiefe der Atmung zu reduzieren.« Und er setzte das sofort um. Heute erklärt ein Methodiker seinem Patienten Stunden lang Theorie und Praxis der EA-Methode (Eukapnisches Atmen) und dennoch kommen Fragen. Der 29jährige Wissenschaftler erfand diese praktisch in nur zwei, drei Minuten! Und die, wie er selbst später betonte, ist fast unverändert geblieben.
Konstantin Pavlovitsch setzte sich bequemer hin und wurde still, wie eine Maus. Er atmete ganz leise und nur durch die Nase. Und es ist ein Wunder geschehen! Das dunkle Zimmer wurde wie vom strahlenden Sonnenlicht überflutet. Zum ersten Mal in den langen Monaten seiner Krankheit, die ihn eindeutig auf den Friedhof führte, hörte der Anfall ohne Tabletten und Spritzen auf. Sein Herz beruhigte sich, sein Puls war wieder normal und der Schmerz in der rechten Niere war weg. Sein Blutdruck sank bis auf 170 mm Hg. Das verblüffte ihn dermaßen, dass er sich selbst nicht glauben konnte. Innerhalb der nächsten Stunde wiederholte er seinen Versuch drei Mal und jedes Mal funktionierte es. Atmete er einige Minuten lang tief, so wurde es sofort schlecht mit dem Herz, sein Puls raste, die rechte Niere tat weh und der Blutdruck schoss nach oben. Atmete er ganz leise durch die Nase, so verschwanden diese Symptome so wie Schnee unter den heißen Sonnenstrahlen im Frühling schmilzt.
Der junge Wissenschaftler war so erschüttert, dass er sich entschloss, seine Entdeckung unverzüglich an Patienten zu testen. Er ging schnell in das Krankenzimmer der Reanimation. Dort quälte sich bereits seit zwei Tagen ein 48jähriger Asthma-Kranker namens Sidorenko, der die ganze Zeit fast am Ersticken war. Zwei Tage und Nächte lang war es diesem Menschen nicht möglich einzuschlafen. In seinem weit geöffneten Mund steckten sogar zwei Schläuche von zwei Sauerstoffkissen. Die Krankenschwester bereitete gerade den nächsten 1-Liter-Tropf vor. Und plötzlich sah sie zu ihrem Schrecken, wie ein junger Arzt, der gerade seinen Nachtdienst leistete, beide Schläuche aus dem Mund des erstickenden Märtyrers herausreißt und laut schreit. »Machen Sie sofort Ihren Mund zu und hören Sie auf, die Luft zu verschlingen! Ihr Anfall hört nicht auf, weil Sie tief atmen!« Sidorenko war wohl kaum in der Lage, dieses Geschrei bewusst wahrzunehmen. Er hat sich einfach erschrocken, machte den Mund zu und versuchte unter den wütenden Blicken des aufgeregten Arztes die Luft nicht in riesigen Portionen zu verschlingen. Und wieder ist ein Wunder geschehen! Einige Minuten später krümmte sich Sidorenko direkt auf dem Kachelboden zusammen und schlief selig ein! »Er konnte doch zwei Tage lang auch nach Spritzen nicht einschlafen«, der erstaunten Krankenschwester fiel sogar das Tropfglas aus der Hand.
Aber Buteyko achtete nicht mehr auf sie. Er eilte in das dritte Stockwerk. Dort, in einem Einzelzimmer quälte sich in einem schrecklichen Stenokardie-Anfall Wasilij Wladimirovitsch Dmitriev, Leiter einer Betriebsabteilung in einem Rüstungswerk. Konstantin Pavlovitsch kam gerade rechtzeitig. Dmitriev saß auf seinem Krankenbett, hielte die rechte Hand am Herz und stöhnte laut. Bei Stenokardie kann es bei einem Anfall zu solchen höllischen Schmerzen im Brustbereich kommen, dass neben diesen manchmal sogar die Zahnschmerzen verblassen. Die Krankenschwester hielt schon die Spritze bereit und war gerade dabei, mit Ammoniumchlorid befeuchtete Watte dem Patienten unter die Nase zu halten. Buteyko schob ihre Hand hastig zur Seite, beugte sich zum Ohr von Dmitriev und sagte: »Richten Sie sich auf! Krümmen Sie sich nicht. Setzen Sie sich bequem hin und atmen Sie ganz leise nur durch die Nase. Leise, noch leiser …« Als einige Minuten später auch dieser Arme ganz ohne Spritze einschlief, begann die Krankenschwester selbst an ihrer Watte mit Ammoniumchlorid zu riechen, weil es ihr von dem, was sich vor ihren Augen abgespielt hatte, einfach schlecht wurde. Es war so überwältigend!
Bis sechs Uhr morgens suchte er die noch immer nicht schlafenden Patienten mit Hypertonie, Magengeschwüren und Krampfaderleiden auf und in jedem einzelnen Fall funktionierte seine Methode in dieser Nacht einwandfrei! Wenn auch nicht für eine lange Zeit, es war trotzdem eine große Erleichterung für die Leidenden. »Weil es doch alles spastische Erkrankungen sind! Und die Ursache der Spasmen die tiefe Atmung ist!« hämmerte es im Kopf des Entdeckers. In dieser Nacht wollte er die ganze Welt umarmen. Er hat damals so sehr gehofft, dass alle berühmten Mediziner ihn sofort unterstützen werden! Die arbeiten doch für das Wohlergehen der Patienten. Und wenn es so ist, dann werden sie doch in der Lage sein, ihre Bevorzugung der tiefen Atmung zu überwinden und sich von den dadurch entstandenen Stereotypen zu verabschieden. Konstantin Pavlovitsch dachte, dass die Professoren alles schnell in der Praxis überprüfen und seiner EA-Methode (Eukapnisches Atmen) grünes Licht geben werden.
Doch er hat sich furchtbar getäuscht! Seine neu erfundene Behandlungsmethode schwerer Erkrankungen war nichtmedikamentös. Dabei werden Medikamente weltweit, darunter auch in seinem Land, tonnenweise verkauft! Die bescheren jeder Regierung Einnahmen, mit denen nur Alkohol und Zigaretten mithalten können. Ein plötzlicher Einbruch einer solchen Einnahmenquelle wäre keine einfache Sache gewesen. Deshalb hat die Entdeckung des Neuerers bei sämtlichen Medizinern und gleichzeitig Akademiemitgliedern eine äußerst ablehnende Haltung bewirkt.
Sechs Jahre – noch weitere lange sechs Jahre – bis in das Jahr 1958 hat Konstantin Pavlovitsch zahlreiche verzweifelte Versuche unternommen, die Wand des Unverständnisses durchzubrechen. Doch diese blieb weiterhin unberührt stehen. Immer wieder starben in den Krankenhäusern Asthma- und Hypertoniekranke. Unter furchtbaren Qualen litten Stenokardiekranke. Dennoch wurden diese entweder auf den OP-Tischen aufgeschnitten oder mit nutzlosen Tabletten vergiftet. Keiner der medizinischen Elite dachte daran, die nichtmedikamentöse EA-Methode (Eukapnisches Atmen) zu akzeptieren. Noch mehr, dem hartnäckigen Buteyko drohten bereits administrative Sanktionen und so war er gezwungen, im Jahr 1958 die Hauptstadt zu verlassen und nach Sibirien zu gehen.
Nach Akademgorodok bei Novosibirsk, eine sich gerade im Aufbau befindende Satelliten-Stadt für Wissenschaftler. Ein bekannter Professor hatte ihm dort ein großartiges Labor für Funktionsdiagnostik versprochen, wo er in angeblich völliger Freiheit seine Neuerungen untersuchen könnte.
Hier endet der (vollständige) Teil 1.
Teil 2 in gekürzter Form:
Zwar wurde Konstantin Pavlovitsch von dem Professor ein uneingeschränkter wissenschaftlicher Spielraum versprochen, doch leider hielten diese wohlwollenden Versprechungen nicht lange.
In Sibirien schraubte Buteyko eigenhändig ein einmaliges medizinisches Aggregat, welches er »Komplexator-Anlage« nannte. Das war ein wunderbares bahnbrechendes technisches Werk eines Arztes, welches alle Anwesenden in Staunen versetzte. Der Patient legte sich auf eine spezielle Liege, unter der sich die wichtigsten Module der Wunderanlage befanden. Auf den Körper des Untersuchten wurden dutzendweise Sensoren draufgeklebt und alle Messungen wurden nicht nur auf einem Papierband aufgezeichnet, sondern auch gleichzeitig an die nebenan stehenden Oszillographen geleitet, wo man die Signale sehen konnte. Bis zu vierzig Werte eines untersuchten Patienten haben die ausgeklügelten Geräte von Buteyko registriert. […]
[…]
Die Ergebnisse ließen nicht auf sich warten. Man legte also den Patienten auf die Liege und befestigte zahlreiche Sensoren an seinem Körper. Dann bat man ihn einige Zeit lang tief zu atmen. Und sofort verschlechterte sich sein Zustand erheblich, was sämtliche Geräte der Anlage gleichzeitig registrierten. Bei Asthmakranken begann sofort ein Asthmaanfall. Bei Hypertoniepatienten schoss der Blutdruck nach oben. Bei Stenokardieerkrankten beschleunigte sich der Herzrhythmus. Kurz und gut, infolge der tiefen Atmung verschlechterte sich der Zustand des Patienten.
Unmittelbar nachdem Buteyko die Untersuchten bat die Tiefe der Atmung zu reduzieren, geschah die Heilung direkt vor den Augen der begeisterten Mitarbeitern des Labors. Bei Asthmakranken hörte der Asthmaanfall ganz ohne Medikamente auf. Bei Hypertoniepatienten ging der Blutdruck nach unten und bei Stenokardieerkrankten normalisierte sich die Arbeit des Herzens wieder. Da bei jeder Behandlung sämtliche Daten auf Papierbändern aufgezeichnet wurden, sammelte Konstantin Pavlovitsch ziemlich schnell genügend unwiderlegbares Beweismaterial für die Richtigkeit seiner Entdeckung. Denn diese Richtigkeit (Schädlichkeit der tiefen Atmung) bewiesen sogar Geräte und mit denen lässt es sich schlecht streiten …
Und siehe da, plötzlich vergaß der Professor seine Versprechungen, mit denen er Buteyko nach Sibirien lockte. Plötzlich begann er dem Leiter des Labors für Funktionsdiagnostik Hindernisse in den Weg zu legen. Mann könnte ihn rein menschlich auch verstehen. Denn der Professor war ein geschickter Kardiochirurg. Sein ganzer Ruhm beruhte auf komplizierten Herzoperationen. Und obwohl 50 % seiner Patienten unter seinem Skalpell starben, priesen die Überlebenden den Fachmann. Die Buteyko-Methode machte aber die meisten dieser OPs überflüssig. Man müsste nicht mehr unter dem Skalpell sterben, es würde reichen, nur flacher atmen zu lernen.
Das ging dem Professor entschieden zu weit! Schließlich wurde das Labor im Jahre 1968 aufgelöst. Man hat Buteyko sein Arbeitsbuch weggenommen und vogelfrei auf die Straße rausgeworfen. Die Wunderanlage wurde von wütenden Chirurgen auf eine barbarische Art und Weise restlos vernichtet. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt Konstantin Pavlovitsch seine EA-Methode (Eukapnisches Atmen) bereits vollständig entwickelt und verfeinert hatte. […]
Seit er an dem besagten Abend 1952 die Methode bei sich selbst angewandt hatte, setzte er sein Training ununterbrochen fort. Seine Ausarbeitungen bezog er ausschließlich auf Patienten. Konstantin Pavlovitsch wollte ihnen das Training der flacheren Atmung maximal vereinfachen. Und er hatte dabei viel Erfolg! Aber dann hatte man ihm die Flügel gestutzt! Als ob es nicht frech genug wäre, dass er mit Hilfe seiner Anlage ausreichend Material – den Beweis der Richtigkeit seiner Methode – in der Hand hatte, nein, er entwickelte auch noch eine solide theoretische Grundlage seiner Entdeckung.
[…]Eine solche EA-Methode (Eukapnisches Atmen) schuf das Akademiemitglied Buteyko. Und allein für diese Methode hat man ihn 1968 aus dem Institut rausgeworfen und vorgeschlagen, auf der Straße zu sterben. Trotzdem ist er damals nicht gestorben. Gestorben sind aber seine Feinde. Das Akademiemitglied Buteyko lebte 81 Jahre lang, was man ruhig, unter der Berücksichtigung seines überdurchschnittlichen und unermüdlichen Einsatzes für die offizielle Anerkennung seiner Entdeckung, mit 300 Lebensjahren eines Durchschnittsmenschen gleichsetzen könnte. Konstantin Pavlovitsch hat es geschafft und Sie werden es auch schaffen, wenn Sie sich seine Theorie wie das Vaterunser einprägen! Falls es Ihnen schwer fällt, die Theorie auf Anhieb zu lernen, dann führen Sie doch bitte ein kleines Experiment durch. Atmen Sie drei bis fünf Minuten lang so tief wie möglich durch den Mund. Und sollten Sie dabei keine Kopfschmerzen bekommen, sollte sich Ihr Blutdruck nicht erhöhen oder sollte es Ihnen nicht einfach schlecht gehen, dann brauchen Sie die Buteyko-Methode nicht. Aber falls es Ihnen doch schlecht gehen sollte, dann kann Ihnen die EA-Methode (Eukapnisches Atmen) helfen. Dieses Experiment nennt man Tiefatemprobe. Ich habe manchmal mit sturen Patienten arbeiten müssen, die zwei Minuten lang tief atmeten und behaupteten, es gehe ihnen gut. In der dritten Minute verloren sie das Bewusstsein … Diese Trotzköpfe tun mir leid.
[…]
Ich denke, dass das markanteste Beispiel einer Heilung von einer unheilbaren Krankheit mit der Hilfe der EA-Methode (Eukapnisches Atmen) das Akademiemitglied Konstantin Pavlovitsch Buteyko selbst ist. Mit 29 Jahren erkrankte er an bösartiger Hypertonie in schwerster Form – bei Anfällen schoss sein Blutdruck auf bis zu 260 mm Hg. Mit einer solchen Krankheit hatte Konstantin Pavlovitsch keine Hoffnung auf Heilung und sollte mit höchstens 30 Jahren sterben. Und es hat kein Mittel gegeben, das ihn retten könnte. Dabei war er am Lehrstuhl des führenden Therapeuten der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts, Professor Tateev, beschäftigt. Doch dank seiner eigenen Entdeckung der Krankheiten der tiefen Atmung und der auf dieser Grundlage entwickelten EA-Methode (Eukapnisches Atmen) ist er nicht nur nicht gestorben mit 29 Jahren, sondern hat sich selbst geheilt. Er lebte 81 Jahre lang und starb nicht an Infarkt oder Insult – er schlief einfach still auf seinem Kissen ein, sodass die anwesende Krankenschwester erst 15 Min. später seinen Tod feststellen konnte. Diese 50 Jahre (1952–2003) führte Konstantin Pavlovitsch keinesfalls ein ruhiges und geregeltes Leben. Man hat ihn gefeuert, er musste Not leiden und wurde ständig für seine Versuche die eigene Entdeckung zu verteidigen verfolgt. Für Versuche mit seiner Wundermethode den Patienten das Leben zu retten. Jeden anderen Entdecker hätte ein solcher Kampf in etwa fünf Jahren mit einem galoppierenden Infarkt ins Grab gebracht. Mit der Buteyko-Methode hat das Akademiemitglied Konstantin Buteyko ein halbes Jahrhundert durchgehalten. Diese 50 Jahre könnte man, im Vergleich mit einem geregelten Leben eines gewöhnlichen Menschen, mit mindestens 250 Jahren gleichstellen. Also man könnte mit Recht behaupten, dass dieses Beispiel in der Tat das markanteste Beispiel der Heilung mit der EA-Methode (Eukapnisches Atmen) ist.
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Dr. Buteyko = Internet
Diese Seite wurde am 11.11.2025 zuletzt geändert.