Yoga Helmuth Maldoner Karlsruhe - Fragen/Hinweise
Yoga-Institut Helmuth Maldoner Karlsruhe

Fragen/Hinweise

 

Was heißt Prasâda?

Was bedeutet Meditation im klassischen Yoga?

»Lehren Sie Meditation?«

Der Zugang zur spirituellen Welt

Die Rückengesundheit

Was ist therapeutischer Yoga?

»Lehren Sie den Prânâyâma?«

Die tägliche Übung

Traditioneller, klassischer Yoga

Kein Yoga während der Regel

»Warum bieten Sie keinen Kinder-Yoga an?«

Das Atmen im Yogakurs

Wieviele Übungen gibt es?

Hinweise zum Üben

Worauf es beim Üben ankommt

Zur Korrektur im Unterricht

Verbotene Übungen

Zehn Yogalehrer, zehn Methoden

Die 12 therapeutisch wichtigsten Körperübungen

Nachtrag: Die wirkliche »Hitparade« des Hatha-Yoga

Yoga und Bluthochdruck

Was bedeutet Yoga und Hatha-Yoga?

Hatha-Yoga und spiritueller Yoga

Worauf es beim Üben ankommt

 

Was heißt Prasâda?

Aus dem Sanskrit-English-Dictionary von Sir M. Monier-Williams:

prasâda = Klarheit, Helligkeit, Glanz, Durchsichtigkeit, Reinheit, Ruhe, Abwesenheit von Aufregung, heitere, abgeklärte Gemütsruhe; Gnade, Güte, Gunst, Hilfe.

Heute denkt man bei prasâda vor allem an die letzten vier Begriffe (Gnade etc.). Prasâda ist jedoch ein alter, zentraler Ausdruck aus der spirituellen Welt und bedeutet »Klarheit, Reinheit, Ruhe, Frieden« des Geistes. Wie in der Bhagavad-Gîtâ gesagt wird:

prasâde sarvaduhkhânâm hânir asyopajâyate
»In der Ruhe entsteht das Schwinden aller Leiden.« [II.65]

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Was bedeutet Meditation im klassischen Yoga?

Fragt man mehrere Personen, was Meditation ist, erhält man mehrere Antworten. »Wir gehen zur Meditation« – dieser Ausdruck ist in der allgemeinen Bedeutung praktisch, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß nur die wenigsten Menschen während der Zeit ihrer »Meditation« sich wirklich mit dem beschäftigen, was der klassische Yoga darunter versteht.

Meditation (dhyâna) ist der Folgezustand einer überragenden Fähigkeit zur Konzentration (dhâranâ). In der Regel ist es so, daß ein »Meditierender« nur versucht, seinen Geist auf einen Punkt zu richten und dort zu halten; man hat am Ende, im idealen Fall einen einzigen Gedanken (dies wäre dann die Meditationsstufe) und kann dank der geistigen Kraft verhindern, daß sich andere Gedanken dazwischenschieben. Konzentration ist die Vorstufe zur Meditation, und auch über diese Fähigkeit gibt es eine Vielzahl von Meinungen, dabei kann man die Sache eigentlich nicht falsch verstehen: Wie lange vermag ich meinen Geist in einem Gedanken, in einem Punkt zu halten, ohne daß sich andere Gedanken, andere Bilder dazwischenschieben?

Shrî Patañjali sagt: »Yoga ist die Stillegung der Bewegungen des Geistes.« Und im nächsten Satz versichert er uns: Dann ruht man in der eigenen wahren Natur, im Zustand der Selbst-Erkenntnis. Was aber heißt »dann«? Hier macht sich so mancher Übende falsche Vorstellungen von seinen Fortschritten. Für die Dauer von wenigen Sekunden (!) alle Kräfte des Geistes in einem Punkt halten zu können, das ist eine überragende Stufe; Aussagen anderer Art zeugen von einer fehlerhaften Selbstbeobachtung (zu ihr gehört beispielsweise die Behauptung, man schaffe es, den Geist für einige Zeit leer zu machen, also an nichts zu denken. Das ist in diesem Stadium unmöglich; selbst »die Leere« ist nur eine Vorstellung des Geistes, ein Gedanke).

Unter Konzentration versteht der Yoga die Fähigkeit, den Geist zwölf Sekunden lang in einem Punkt, im Objekt der Konzentration halten zu können: eine überragende Stufe, ein himmelhoher Gipfel. Vermag man die Konzentration auf die Dauer von zwölf Dhâranâs (mehr als zwei Minuten) zu verlängern, dann erst ist man bei der Meditation. Läßt man den Geist, durch nichts mehr abgelenkt, weiter sich vertiefen und schafft eine alle menschlichen Dimensionen sprengende Dauer von zwölf Dhyanas (etwa eine halbe Stunde), dann geht man in den Zustand der vollkommenen Versenkung (samâdhi) ein.

In der landläufigen Bedeutung mag Meditation auch aus Gebeten bestehen, aus Fantasiereisen in die höheren Welten, aus Betrachtungen über die Größe der Gurus, aus dem Sich-Vertiefen in die wundervollen, reinigenden Bhajans und ähnlichem, das ist wichtig und wertvoll.

Die Essenz des Yoga ist dennoch die Fähigkeit zur willentlichen Konzentration; es gibt auf dem spirituellen Weg nichts Höheres, denn erst sie führt irgendwann, nach langer Übung, zur echten Meditation.

Wirkliche Konzentration, so hören wir von Swami Narayanananda, ist »die Mutter des Friedens und der Glückseligkeit«.

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»Lehren Sie Meditation?«

Nein und ja. Eine Einweihung in die klassische Meditation (mantra-dîkshâ) ist die spirituell größte Sache und steht nur dem Erleuchteten zu; alles andere wäre ein gefährliches Spiel mit dem Karma. Eine Unterweisung in das einfache Atembewußtsein und ähnliches ist aber im Rahmen des Erlaubten (→ Link).

Unter Meditation kann vieles verstanden werden, so zum Beispiel auch ein bewußter Waldspaziergang, die Betrachtung gewisser Aussagen der Heiligen Schriften und vieles andere. Hier jedoch ist immer die klassische Meditation im Sinne des Ur-Yoga gemeint, also: Konzentration. Und Konzentration ist immer, ob man will oder nicht, ein direkter Angriff auf die Kundalinî-Shakti. Das ist im Grunde positiv gemeint, aber es gilt dennoch vorsichtig zu sein. Meditation im Sinne des Yoga: → Link.

Es zeugt von Unreife jemanden in die eigene geistige Welt hineinführen zu wollen. Sich anzumaßen andere Menschen zu leiten, während man im selben Ozean der Unwissenheit schwimmt, das ist die wahre Verblendung. Die Welt ist voll von »Meistern«, die in ihrem Halbwissen nicht verstehen wollen, was sie durch solche Aktivitäten anrichten. Der Yoga sagt: »Gib niemals ungebeten Ratschläge, und wenn dich jemand um Rat fragen sollte, überlege sorgfältig, was du äußern wirst, denn du wirst dafür karmisch verantwortlich sein. Warum mischst du dich in das Karma anderer ein, wo du deine eigenen Verstrickungen noch nicht gelöst hast?«

Yoga-Lehrer sind gut beraten, lediglich Kursteilnehmer zu haben, nicht Schüler, damit sie nicht in die Gefahr geraten, Guru zu spielen. Wohl ist es so, daß in Indien unter guru traditionell jeder Lehrer verstanden wird; nehme ich also dort etwa Musikunterricht, bin ich Schüler eines Gurus, selbst wenn er ein gewöhnlicher, weltlicher Mensch ist. Aber in Indien wird sorgfältig unterschieden: Es gibt viele Gurus, aber nur einen sadguru – der erleuchtete, wahre Guru. Ihm steht es zu, Führer auf dem spirituellen Pfad zu sein und Schüler anzunehmen, indem er sie in die Meditation einweiht. Er ist der einzige der weiß, was im Moment der Einweihung wirklich geschieht.

Ein Yogalehrer mag einem Kursteilnehmer die klassische Sitzhaltungen zeigen. Zehn Minuten oder länger (je nach Übung) mit geradem Rücken vollkommen unbeweglich zu sitzen ist eine – bereits recht schwierige – Grundübung, die zur Disziplin des therapeutischen Yoga zählt. Eng damit verwandt ist die äußerst wertvolle Übung »Still sitzen und ruhig atmen«. Siehe dazu die Anleitung in einem wundervollen alten Text [→ Link]. Das Reich der echten, strengen Meditation dagegen (noch einmal: das ist der extrem mühevolle Weg der Konzentration, das Schwierigste überhaupt) darf man nicht ohne die Hilfe eines Gurus betreten. Die Frage, warum die Welt überquillt von Unwissenden, die sich für erleuchtet halten und meinen, der Menschheit »helfen« zu müssen, ist ein anderes Thema.

Es gibt keine unverbindliche »Einweisung« in die Meditation, sie ist eine Einweihung; ein verborgener Vorgang, bei dem es zur Karmavermischung, zur Seelenverbindung kommt. Nur der Erleuchtete vermag ohne Schaden das schlechte Karma seiner Schüler auf sich zu nehmen. Warum weiht dann ein gewöhnlicher Mensch Menschen ein? Wieso glaubt ein Blinder, andere Blinde führen zu können? Welche Gründe es sein mögen, sie wurzeln im »Ich« und »Mein«. Auch die ohne Anleitung durch einen wahren Meister praktizierte Meditation führt nur zum gefahrvollen teilweisen Aufstieg der Kundalini-Shakti, der die ohnehin vorhandenen Probleme auf dem religiösen Pfad vervielfacht.

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Der Zugang zur spirituellen Welt

Jeder Mensch muß von selbst auf den für ihn richtigen Pfad gelangen, durch eigenes Wissen, vorangetrieben durch das eigene Karma. Wenn es jemandes Schicksal ist, auf diesen oder jenen Weg zu kommen, dann wird er zwangsläufig diese Richtung einschlagen; da braucht es niemanden der ihn überzeugen muß.

Wir lesen in der Bhagavad-Gita:

sadrisham cheshtate svasyâh prakriter jñânavân api |
prakritim yânti bhûtâni nigrahah kim karishyati || 

»Selbst der Einsichtige handelt gemäß seiner eigenen Natur.
Die Wesen folgen der Natur. Was soll (angesichts dessen) die Unterdrückung (der eigenen Natur) bewirken?« [III.33]

»prakritim yânti bhûtâni – Die Wesen folgen der Natur« (das heißt: ihrem Karma) – diese tiefgründigste Aussage gehört zu den funkelnden Sternen der göttlichen Bhagavad-Gita; sie erklärt alle sonst unerklärbaren Dinge.

Wer sie verinnerlicht hat ist nicht mehr fähig andere zu belehren, beeinflussen und überzeugen zu wollen; er hält sich sogar mit Ratschlägen zurück und kann nur den Worten von Shrî Krishna folgen: Lasse jeden tun, wozu ihn sein Karma zwingt; lasse jeden gehen, wohin es ihn treibt, während du selbst versuchst, im Geist des Yoga zu handeln! Das »rechte Verstehen« (buddhi) ist der Weg zur Erlösung, und diesen Weg muß jeder für sich gehen.

Es mag sein, daß ein kleiner Anstoß von außen hilfreich ist. Dann kann man auf mehrmalige Nachfrage eine Buchempfehlung aussprechen, eine Adresse vermitteln oder Ähnliches. Das ist alles; jedes tiefere Eingreifen in die Seelenwelt anderer wäre von Übel.

Ich führe niemanden in die klassische Meditation ein [→ Link]. Wer sich zum Spirituellen hingezogen fühlt wird nicht abgewiesen; er sollte aber verstehen daß es schwierig ist die wahre geistige Welt zu betreten, und daß ich dabei nur indirekt helfen könnte.

In der Yogaschule ist es möglich, sich dem geistigen Yoga anzunähern:

→ 20 Minuten »still sitzen, ruhig atmen«. Eine körperliche Disziplin, keine »Meditation«.

→ Anschließend sprechen wir 60 Minuten über den Yoga.

Zu den 60 Minuten: Ich verspüre nicht den geringsten Drang, von meiner Seite aus irgendetwas zu sagen, beantworte aber gerne Fragen. Sollten keine Fragen da sein, dann lesen wir, um die Stunde sinnvoll zu gestalten, aus den einzigartigen Büchern von Swami Narayanananda. Wir reden nicht über »Gott und die Welt«, nicht über persönliche Dinge (!), nicht über andere Religionen und Lehren, nur über den klassischen Yoga.

Das ist für ernsthaft Interessierte; für jene wenigen, die genau wissen was sie wollen.

Ein Vorgespräch wird vorausgesetzt.

Das Angebot gilt nur in Verbindung mit dem allgemeinen Unterricht.

Bis auf einen kleinen Beitrag für die Teekasse ist der geistige Yoga kostenlos.

 

 

Wie oben angemerkt [→ Link], gibt es heutzutage über den Begriff »Meditation« viele verschiedene Ansichten. Als Anhänger des Ur-Yoga betone ich auf dieser Webseite nur die klassische Auffassung. In diesem Sinne sei klargestellt:

Wer sagt »Ich will meditieren, um zur Ruhe zu kommen«, der hat nicht verstanden worum es beim spirituellen Yoga geht. Wer vom Alltag abschalten, in diesem Sinne ruhig werden will, sollte im Liegen zwanzig Minuten entspannen, oder zehn Minuten bewußt atmen, oder bei beruhigender Musik eine Tasse Tee trinken, aber gewiß nicht »meditieren«.

Der wahre geistige Yoga ist der größte Streß; hier geht es in der Hauptsache um Konzentration (= die willentliche Konzentration auf einen Punkt, es gibt im gesamten Universum nichts Schwierigeres), weiter um Selbstbeherrschung, Askese, Verzicht; um das Elend des Kreislaufs der Geburten und Tode, um die Überwindung dieser armseligen Welt, um die Sehnsucht nach Freiheit, um das Finden eines echten Gurus; um das alles beherrschende Thema Karma, um Religion, um das Heil der Seele.

Wer diese Begriffe nicht zu seinem Wortschatz zählt sollte sich nicht mit Meditation und geistigem Yoga beschäftigen.

Der moderne Yoga dreht sich um »alles ist gut«, »alles ist leicht«, »alle haben sich lieb« und ähnliches. Wie oft ist zu erleben, daß Liebhaber dieses degenerierten Yoga schockiert sind und oft sogar aggressiv reagieren wenn sie mit 3000 Jahre alten Sätzen aus den Upanishaden konfrontiert werden, wie dem Klassiker (Katha-Upanishad I.3.14): »Erhebe dich! Erwache! Erlangt habend die Gnade der Besten, sei wachsam! Schwer zu gehen ist auf des Messers Schneide; ebenso schwer ist der unwegsame Pfad des Yoga.« Der Yoga ist wie der Gang auf des Messers Schneide? Nein, das möchten viele weder verstehen noch akzeptieren.

Ebensowenig wie die kristallklaren Worte aus der Bhagavad-Gita [XVIII.37]: »Das Glück des Yoga schmeckt am Anfang wie Gift, und erst am Ende wie Nektar.«

Und wie die unmißverständliche Feststellung aus der Katha-Upanishad [II.1]: »Das eine ist das Gute, das andere ist das Angenehme; beide führen zu verschiedenen Zielen. Wer sich an das Gute hält wird gut; wer das Angenehme wählt verliert das Glück.«

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Die Rückengesundheit

Gegen Rückenschmerzen gibt es nichts Besseres als den Hatha-Yoga. Wählt man aber die ungeeigneten Übungen, oder praktiziert man die geeigneten Übungen nicht korrekt, kann man sich schaden. Dieser Umstand erklärt auch die Tatsache, daß viele Ärzte negativ darüber denken. Man sieht in vielen Stellungen gelenkschädigende Überdehnungen und rückenfeindliche Haltungen. Der Vorwurf ist objektiv falsch und zum Teil dennoch berechtigt.

Warum falsch? Die richtigen Körperübungen, korrekt ausgeführt, sind niemals gelenk- und rückenfeindlich, vielmehr von höchstem therapeutischem Wert. Warum zum Teil berechtigt? Man stelle sich vor: Jemand klagt beim Orthopäden, daß ihm während einer Yogaübung ein heftiger Schmerz in den Rücken gefahren sei. Der Arzt läßt sich die Übung zeigen und reagiert negativ: In seinen Augen ist sie unphysiologisch, rückenfeindlich. Wie kann er auch wissen, daß sie entweder nicht zum therapeutischen Yoga gehört oder zu diesem gehört, jedoch nicht korrekt ausgeführt wurde. Die Erfahrung des Patienten genügt ihm für ein Urteil, und fertig ist das Bild vom schädlichen Hatha-Yoga. Den Ärzten ist kein Vorwurf zu machen. Woran sollten sie sich halten? Der Yoga ist ein Selbstbedienungsladen; zehn Yogalehrer, das sind zehn Methoden. Selbst wenn man eine therapeutisch sinnvolle Übung vor sich hat, ist noch nichts gewonnen; sie muß eben auch korrekt ausgeführt werden.

Die korrekte Ausführung der therapeutisch wertvollen Übungen – darum geht es in der Yogaschule.

Was korrekt hinsichtlich des Rückens bedeutet, sei an der Rumpfbeuge im Stand geklärt. Mit rundem Rücken den Rumpf zu beugen, nach vorne zu sinken, ist der schlimmste Fehler, die größte Gefahr für die Bandscheiben. Bei allen Rumpfbeugen liegt der Drehpunkt nicht im Rücken, sondern in den Hüftgelenken. Den Rumpf mit hängendem Kopf, ohne Spannung im Rücken, Wirbel für Wirbel runder werdend schwer sinken zu lassen – dies ist ein fahrlässiges Spiel mit der Gesundheit des Rückens. Und noch gefährlicher ist die Rückkehr aus dieser falschen Haltung. Wirbel für Wirbel, rund bei einem derart instabilen Zustand der Wirbelsäule und der Rückenmuskulatur hochzukommen: verrückt. Dagegen ist die Rumpfbeuge mit gespreizten Beinen und mit geradem Rücken eine physiologisch korrekte und wichtige Dehn-Kraft-Übung des Hatha-Yoga. Dieses eine Beispiel genügt für ein Verständnis. 

Aus einer Mail 2012:
»Sehr geehrter Herr Maldoner, dieses Buch ist ein wahres Meisterwerk. Erst mit seiner Hilfe weiß ich, was für eine Kraft im Yoga steckt. Leider bedeutet dies auch, daß ich jetzt wenig Nutzen aus Standardyogakursen ziehe. Ich lasse nun viele Übungen aus und mir geht es damit wesentlich besser. Ich habe seit 15 Jahren Probleme mit dem unteren Rücken. Dank Ihres Buches sind sie nach nur 2 Wochen verflogen, weil ich die Übungen jetzt richtig mache und Schädliches weglasse. Die Beschreibungen der Reinigungen und der Atemtechnik sind auch einmalig. (…) Mit freundlichen Grüßen, [Name].«

2 Monate später:
»Hallo Helmuth, Dein Buch hat wirklich viel bewirkt und ich bin immer noch begeistert von den positiven Veränderungen in meiner täglichen Yogapraxis. Meinem Rücken geht es übrigens nach wie vor blendend. Ich kann mich nicht mehr zurückerinnern wie das ist, keine Probleme im unteren Rücken zu haben. Bezüglich der Âsanas ist Dein Buch übrigens nach wie vor das einzige Buch das ich benutze. Ich übe täglich ca. 1 Stunde und um so mehr ich mich auf die Punkte einlasse die Du hervorhebst, um so mehr merke ich, daß Du genau die wichtigsten Aspekte ansprichst; eindeutig viel besser als andere Yogabücher die ich gelesen habe! Vielen Dank nochmals, daß Du Deine Erfahrungen in Buchform mit uns teilst. Herzliche Grüße, [Name].«

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Was ist therapeutischer Yoga?

Die Bezeichnung eignet sich, um diesen Aspekt von den anderen Aspekten des Hatha-Yoga zu unterscheiden. Auch der Ausdruck traditionell ist keine Garantie dafür, daß im Laufe der Zeit alles seine Richtigkeit bewahrt.

Wenn man unvoreingenommen auf die überlieferten Übungen des Hatha-Yoga blickt, fallen einige Ungereimtheiten auf. Wie lange z.B. soll man in einem Âsana verweilen? Das häufig zu lesende »so lange wie möglich« ist in gesundheitlicher Hinsicht niemals korrekt. Viele der Âsanas erkennt man auf Anhieb als für den Rücken nicht physiologisch. Wie harmoniert dies mit den therapeutisch wertvollen Rückenübungen? Die Antwort liegt auf der Hand: Sie müssen aus anderen Disziplinen stammen. Im Lauf der Zeit haben sich durch mangelnde Sorgfalt und durch die pragmatische Natur des Menschen Dinge vermischt die nicht zusammengehören.

Es haben sich Zirkus-Elemente in den Yoga eingeschlichen. Zwei Beispiele: 1. In Bauchlage beugt man die Knie und zieht die Füße so weit über den Rücken zu sich, bis sie vor dem Gesicht stehen (merudandâsana): eine schädliche Überstreckung des Rückens mit Belastung der HWS. 2. Man sitzt auf dem Steißbein in schädlicher Lendenkyphose, zieht die Beine nach oben bis die Füße am Hinterkopf überkreuzt werden und drückt sich hoch, so daß nur noch die Hände den Boden berühren (dvipâda kandharâsana). Mit so etwas kann man in der Tat auf dem Marktplatz sein Geld verdienen.

Man mag das als artistische Leistung bewundern; mit der Gesundheit ist es unvereinbar. Von jeder Übung kann gesagt werden, sie kräftige hier, sie dehne dort, aber welcher ist ihr eigentlicher Sinn? Die Praxis des Hatha-Yoga sei: vernünftig, sinnvoll, heilsam. Ist dies der Fall, wenn eine Übung nur um ihrer Schwierigkeit willen gemacht wird? Man sollte nicht alles glauben, was in vielen Büchern steht. Von der Kopfbrücke (setubandhâsana) wird gesagt, sie stärke den Nacken, belebe Kopf und Gehirn, usw. De facto stellt diese alte Übung ignoranter, übermütiger Krieger und Mönche eine hochgradig schädliche Belastung der Nackenwirbel dar.

Die Aufzählung weiterer negativer Beispiele erübrigt sich. Wer mit gesundem Menschenverstand auf die angebotenen Stellungen blickt, dem kann nicht verborgen bleiben, was für den Körper gut und was schädlich ist.

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»Lehren Sie den Prânâyâma?«

Nein. In alter Zeit war es verboten öffentlich den Pranayama zu lehren, und ich halte mich daran.

Die Yoga-Atmungen sind zweierlei: a) die fließenden, sanften Übungen, bei denen die Luft nach der Einatmung nicht angehalten wird. Sie fördern den harmonischen Fluß des Prâna und sollten von allen an der Gesundheit Interessierten praktiziert werden; b) Prânâyâma, die Techniken mit längerem Anhalten der Luft. Sie sind auch therapeutisch, ihr eigentliches Ziel aber ist die Erweckung der Kundalinî-Shakti. Daher darf der Prânâyâma nur von völlig gesunden, intensiv Übenden unter Anleitung eines Meisters praktiziert werden, er gehört nicht an die Öffentlichkeit.

Die Pranayamas sind Kumbhakas (= Anhalten der Luft), speziell nach dem Einatmen. Jedes längere Atemanhalten erhitzt die im untersten Chakra schlafende Urkraft, zwingt sie zum Aufsteigen. Falsch praktiziert können diese Übungen gefährliche Folgen haben. Sollte jemand daran denken in den Prânâyâma einzusteigen, muß ihm klar sein:

1. Primäres Ziel des Prânâyâma ist nicht die Gesundheit, vielmehr das Erwachen und der Aufstieg der Kundalini, und damit gehört er zu den geistigen Übungen.

2. Der Aufstieg ist nur möglich, wenn Körper, Energieleitbahnen (Nâdis) und Geist durch lange intensive Übung des gesamten Yoga die nötige Reinheit erlangt haben. Daher gehören die Einhaltung der ethischen Gebote, ein Leben in Reinheit und Enthaltsamkeit, die Praxis der Meditation und die Atemübungen zusammen. Der Prânâyâma darf nicht für sich geübt werden, losgelöst von den anderen Teilen der Yogapraxis.

3. Niemals darf der Prânâyâma ohne Führung durch einen Meister praktiziert werden. Er allein kennt die Gefahren des spirituellen Weges. Ein vernünftiger Schüler läßt sich persönlich unterweisen, er lernt nicht aus Büchern; und mit gutem Grund verweigert er in einem Yogakurs Pranayama-Übungen, die ihm ein unwissender Lehrer beibringen will.

4. Wenn man die zum Schutze des Übenden aufgestellten Regeln und Warnungen in egozentrischer Besserwisserei und Arroganz vom Tisch fegt, sind Probleme unvermeidbar. Bedingt durch die Unreinheit von Körper und Geist steigt die zu früh erweckte Urkraft nur teilweise auf, und ihre Ströme fließen chaotisch durch den Körper. Die Folgen sind Störungen der Verdauung, Herz- und Lungenprobleme, allerlei Schmerzen, Schlaflosigkeit, psychische Probleme, geistige Verwirrung.

Das letzte sei besonders betont. Krankheiten, Schmerzen, Schlaflosigkeit sind schlimm genug, aber sie betreffen eine einzige Person; damit verglichen hat die geistige Verwirrung die tragischeren Folgen. Menschen, in denen Teilströme der Urkraft das Gehirn erreicht haben, halten die auf diese Weise erlangten kleineren Erkenntnisse für die »Wahrheit« und machen sich zu ihren Verkündern, weil sie den Versuchungen der Ehre und der Macht nicht widerstehen können. So geraten nicht nur sie selber in die Irre, sondern noch andere schwache Menschen, die zu belehren und zu führen sie sich anmaßen.

Dennoch wird überall unbekümmert der Prânâyâma gelehrt. Man mag sich wundern warum es dabei nicht so häufig zu Problemen kommt, wie sie eigentlich zu erwarten wären. Die Erklärung ist einfach: Die wenigsten Kursteilnehmer üben daheim intensiv weiter. Gott sei Dank, es schützt sie vor Gefahr. Wenn aber nur einer von zehn Menschen sich ernsthaft mit dem Prânâyâma beschäftigt, müßte dies für den Lehrer, der solches öffentlich unterrichtet, ein Grund zur Beunruhigung sein, denn er wird karmisch für die dann entstehenden Schwierigkeiten seines »Schülers« verantwortlich sein.

Ich zitiere zum Thema Atmen aus einem der besten Bücher: Stephan Palos, Atem und Meditation. Von Stephan Palos können weniger seriöse Autoren, Atem- und Meditationslehrer lernen was Verantwortung bedeutet. Da das Buch zur Zeit vergriffen ist sei es erlaubt, einige kurze Ausschnitte wiederzugeben.

»Wir halten es für notwendig, einiges auch über die Yoga-Atemübungen zu sagen, weil sie Ähnlichkeiten mit den chinesischen Methoden aufweisen. Der größere Teil der diesbezüglichen Werke hat populärwissenschaftlichen Charakter. Unter ihnen befinden sich sicherlich manche, von denen angenommen werden kann, daß sie im guten Glauben geschrieben wurden; aber sie vermitteln die Übungen oft in einem falschen Licht und unter unrichtigen Voraussetzungen, so daß ihr therapeutischer Wert nur gering einzuschätzen, oder sogar gefährlich ist. Diese Werke verursachen meist mehr Schaden, als daß sie Nutzen bringen.

Das bezieht sich besonders auf die physischen, als Hatha-Yoga bekannten Übungen. Dem Autor sind mehrere Fälle bekannt geworden, wo beispielsweise der Kopfstand zu Lähmungen geführt hat oder übertriebene Atemübungen den Tod herbeiführten. Der Laie, der damit begonnen hat, nach irgendwelchen Büchern die Übungen selbst zu praktizieren, weiß niemals, welchen unberechenbaren Weg er eingeschlagen hat.

Die atemtherapeutischen Ärzte im Westen … bestätigen im Einklang mit den Yogis, daß die Interessenten sich nur unter Anleitung eines erfahrenen Führers mit diesen Übungen beschäftigen dürfen. Ohne eine praktische Unterrichtung können die Atemübungen nicht nur für einen Kranken äußerst schädlich sein, sondern auch bei dem Gesunden zu Schäden führen. Das gilt auch für die Ausübung der Meditation.

Der Beginn der Atemübungen ist stets mit Gefahren verbunden, wenn die geeignete Führung fehlt. Solche Übungen nehmen äußere Energie auf und setzen innere Kräfte frei, die einen übermäßigen Einfluß auf den Betreffenden ausüben. Sie erheben ihn zu einer ekstatischen Erfahrung oder treiben ihn in die Tiefe der Verzweiflung. Ohne Führung können die Atemübungen gefährlicher sein als ein unüberwachter Versuch mit LSD.

Weder Akupunktur noch Atemtherapie sollten von Menschen ausgeführt werden, die nicht genügend unterrichtet sind in der traditionellen Medizin, und die keinen Sinn für Verantwortung und Berufsmoral haben. Die westliche Medizin öffnet nicht das Tor zu den Geheimnissen der orientalischen Medizin. Viele westliche Mediziner, die über dieses Thema schreiben, wissen nicht, daß Nadelstiche oder auch nur ein 10 bis 15 Sekunden andauernder Druck auf bestimmte therapeutische Zentren Gehirnschaden, Frühgeburt, selbst Tod hervorrufen können, während Mißbrauch der Atemmethoden augenblicklich zur Spaltung der Persönlichkeit führen kann … und die Einlieferung in ein Nervensanatorium notwendig macht.«

Soweit Stephan Palos.

Von Shri Swami Narayanananda hören wir:

»Im Jahr 1943 lebte ich in Rishikesh, Himalaya, Indien. In jenem Jahr kam ein buddhistischer Mönch zu mir, um Yoga zu lernen. Er hatte ungefähr vierzig Klöster unter Kontrolle. Er ging auf Universitäten und hielt Vorträge über den Buddhismus. Doch das Komischste war, daß er nicht wußte, wie man meditiert. […] Dann wiederum gab eine der großen Organisationen eine Zeitschrift heraus, in der Lektionen in Pranayama veröffentlicht wurden. Und einer der Brahmacharis wollte 1950 von mir Pranayama erlernen. Er war einer von denen, die Pranayama-Lektionen erteilten – und er wollte Pranayama erlernen! Ich wurde ärgerlich. Eine Stunde lang machte ich ihm Vorwürfe, wie: ›Ihr Gauner, was macht ihr? Ihr lehrt Pranayama und könnt es nicht einmal selbst. Ihr habt Pranayama-Übungen an die Öffentlichkeit gebracht. Was für eine furchtbare Sache!‹ Dann sagte ich: ›Heute werde ich dir nichts beibringen. Komme morgen oder übermorgen, dann will ich sehen.‹ Da bekam er Angst und kam gar nicht mehr wieder. Aber sie sind alle große ›Gurus‹, erteilen Pranayama-Lektionen usw. Das ist die Geschichte, die sich überall abspielt. Es gibt so viele Gurus, große Gurus. Die Zeitungspropaganda macht sie sehr groß – selbst das Universum kann sie nicht fassen! Es sind furchtbare Gurus. Das ist eine komische Sache. Es ist eher ein Unglück. Und wieviele werden verrückt? Das ist eine Sache die man noch sehen muß. Wenn sie tiefer gehen werden sie es  verstehen.«

Da der Prânâyâma ein Haupttechnik des Kundalinî-Yoga [→ Link] ist, sollten auch diese Worte eines berühmten Psychiaters zum Nachdenken anregen:

»Man hört und liest oft über die Gefahren des Yoga, insbesondere des verrufenen Kundalinî-Yoga. Der absichtlich hervorgerufene psychotische Zustand, der bei instabilen Menschen leicht zu einer echten Psychose führen kann, ist eine Gefahr, die in der Tat sehr ernst genommen werden muß. Diese Praktiken sind wirklich gefährlich und sollten nicht mit unserer typisch westlichen Lebensweise zusammengebracht werden. Sie sind eine Einmischung in das Schicksal, die die Wurzeln der menschlichen Existenz trifft und eine Flut von Leiden freisetzen kann, von denen kein vernünftiger Mensch jemals geträumt hat.« [C. G. Jung. Introduction to The Tibetan Book of The Dead]

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Die tägliche Übung

Ohne tägliches, systematisches Praktizieren können die Übungen ihre Wirkungen nicht wirklich entfalten. Dieser Satz möge Menschen die nur gelegentlich üben nicht demotivieren; es soll nur gesagt sein, daß man bei mangelnder Praxis nicht herausfinden wird, welches Potential im Hatha-Yoga steckt.

»Gibt es eine Übung gegen mein Problem?« – wie oft wird dies gefragt. Wir haben uns über Jahre ein Leiden zugezogen; jetzt soll es durch wenige Minuten Übung verschwinden: allein der Gedanke ist absurd.

Es mag sogar sein, daß bei manchen Beschwerden eine einzige Übung genügt, aber die Sache hängt an dem immer selben Haken: Regelmäßigkeit und Intensität. Wie oft klagen Kursteilnehmer: Die empfohlene Übung hat bei meinem Problem nicht geholfen – und wie oft stellt sich heraus, daß der Grund dafür einzig in der mangelnden Arbeit zu finden war. Es gibt Menschen die erwarten, daß ihre seit langem bestehende schmerzhafte Schultersteife mit 5 Minuten Übung pro Woche verschwindet; daß die der Kobra zugesprochene Heilung der meisten Unterleibsleiden eintritt, wenn diese ja nur wenige Sekunden dauernde Übung jeden dritten Tag einige Male gemacht wird. Solchen Menschen kann man entweder weiterhin schöne Träume wünschen, oder ihnen ans Herz legen: Je mehr guten Willen und Zeit man investiert, desto mehr bekommt man zurück. Nur durch tägliche Übung wird sich die tiefgreifende Macht des Hatha-Yoga enthüllen.

Die in den Schriften versprochenen Wirkungen sind keine »indischen Übertreibungen«, wie es oft aus Enttäuschung heißt. Bei ausbleibendem Erfolg laute die Frage: Lag es an der Übung oder am Übenden? Auf das letzte kommt nur der selbstkritische Geist. Die meisten gehen den bequemen Weg: »Die Methode hat mir nichts gebracht? Ich suche eine andere. Yoga? Das habe ich auch schon drei Monate gemacht.« Das ist der Mensch des Westens: drei Monate Yoga, drei Monate Qigong, ein Intensiv-Wochenende (!) Atmung und Meditation. Kennen tun wir alles, können nur wenig.

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Traditioneller, klassischer Yoga

Traditionell hat die Bedeutung: ursprünglich, überliefert, nicht dem Zeitgeist angepaßt. Das deutlichste Merkmal des Geistes ist: Er hält es nie längere Zeit bei einer Sache, bei einem Gedanken aus. Ununterbrochen sucht er neue Eindrücke und Reize, unaufhörlich springt er von einem Gedanken zum anderen. Nur mit dieser Natur des Geistes ist zu erklären, warum es unter anderem ständig neue Formen des Yoga geben muß, denn das Alte ist ja so quälend langweilig. Yoga bedeutet Einfachheit, aber gerade die Einfachheit ist für viele Menschen das größte Hindernis.

Der Geist hat vier Grundeigenschaften: Denken, Fühlen, Wollen (Handeln), Sich-Sammeln (Konzentrieren); eine davon ist meist vorherrschend. Entsprechend wurde von den alten Meistern der Yoga in vier Arten eingeteilt: Die Denker gehen den Weg des Jñana-Yoga – die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und Unwirklichen, zwischen Licht und  Dunkelheit, um so zur höchsten Wahrheit zu gelangen. Menschen, in denen die Fähigkeit des Fühlens vorherrscht, gehen den Weg des Bhakti-Yoga – der Weg des Herzens, der Hingabe an das göttliche Ideal. Jene, die es zur Handlung treibt, gelangen über den Weg des Karma-Yoga zum Ziel – die Arbeit um der Arbeit willen, ohne das Verlangen nach den Früchten dieser Arbeit, ohne den Gedanken an eine Gegenleistung, an Gewinn und Lob. Für jene, deren Stärke das Sich-Sammeln (die Konzentration) ist, gibt es den Raja-Yoga, den Weg der Beherrschung der Wünsche, Gedanken, Emotionen.

Vier Eigenschaften, vier Wege – das ist klassisch. Wieviele Yogas gibt es angeblich noch? Laya-Yoga, Siddha-Yoga, Kundalini-Yoga, Tantra-Yoga, Mantra-Yoga, Dhyana-Yoga … Und in Bezug auf die Gesundheit: Früher gab es den Hatha-Yoga; heute liest man von: Aku-Yoga, Luna-Yoga, Flow-Yoga, Ayur-Yoga, Vinyasa-Yoga, Chi-Yoga, Yin-Yoga, Tri-Yoga, Jivamukti-Yoga, Anusara-Yoga, Power-Yoga, Hormon-Yoga … Mit dem Alten, mit dem Einfachen geben sich wenige zufrieden.

Traditionell hat eine weitere Bedeutung. In alter Zeit war es verboten, den Pranayama öffentlich zu lehren; wieviele Yogalehrer halten sich heute an diese wichtige Vorschrift? Einst galt es als Verfehlung jemanden in die Meditation einzuweihen, solange man selbst nicht den Zustand der Weisheit erreicht hatte; wieviele Yoga- und Meditationslehrer gibt es heute, die sich daran halten? Einst bemühte man sich als Wanderer auf dem spirituellen Pfad um die Enthaltsamkeit; heute erzählen uns »Fachleute«, daß die alte Regel des Brahmacharya überholt ist. Das geistige Heilen ist gängig in vielen esoterischen Richtungen, auch im modernen Yoga; die echten Meister dagegen warnten in alter Zeit davor, weil dies ein gefährlicher Mißbrauch übernatürlicher Kräfte ist.

In diesem Sinne: Die Bezeichnung traditioneller Yoga weist auf das ursprüngliche, den alten Regeln entsprechende System hin. Die maßgeblichen Schriften des traditionellen Yoga sind die Upanishaden, die Bhagavad-Gîtâ (das Mahâbhârata), das Râmâyana, das Yoga-Sûtra und die verschiedenen Shiva-, Vishnu- und Shakti-Âgamas (Offenbarungstexte, auch »fünfter Veda« genannt).   

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Kein Yoga während der Regel

Einfach ausgedrückt sind in den Tagen der monatlichen Regel Blut und Energie auf dem Abwärtskurs. Der Yoga zieht die Energie nach oben; das würde hier den Organismus in seiner naturgemäßen Funktion behindern. Auch wenn in vielen Yogabüchern etwas anderes steht wird hier betont: Während der Regel sind nur das fließende Atmen, die Entspannung und ruhige Dinge wie die Arbeit mit dem Nacken erlaubt. Der größte Fehler wäre es, die Umkehrhaltungen einzunehmen wie Kerze, Kopfstand, Pflug. Obwohl es im besonderen für Ashtanga-, Iyengar-, Power-Yoga und ähnliche gilt, ist es besser, während der Regel überhaupt keinen Yoga zu praktizieren. Yoga während der Regel, das ist gegen die Natur.

Es gibt Rückmeldungen von Frauen (sogar von Yogalehrerinnen, seltsam), die sich über diesen vernunftvollen Ratschlag geradezu empören. Was ist dann zu sagen außer: Man kann sich emotionslos informieren, etwa in den alten Schriften der indischen und chinesischen Medizin. Oder in den Schriften von Ärzten, die mit der hippokratischen Säftelehre, mit dem Herz der Naturheilkunde vertraut waren, wie Dr. Bernhard Aschner. Aber wenn das Ego hier querschießt, ist nichts zu machen.

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»Warum bieten Sie keinen Kinder-Yoga an?«

Weil es für Kinder nichts Unnatürlicheres gibt als den traditionellen Hatha-Yoga.

Die außerordentlich langsam und ganz bewußt ausgeführten Bewegungen in den Âsanas, insbesondere das für den Yoga typische stille Verharren, ebenso die absolut ruhigen, konzentrierten Atemübungen stehen im völligen Gegensatz zur Natur des Kindes. Kinder müssen spielen, rennen, kämpfen, sich austoben, sich körperlich erschöpfen können. Sport von der Art des Fußballs und anderer Spiele im Freien, dynamische Dinge eben, die körperlich sehr fordernd sind, das tut Kindern gut. Man mag einwenden: »Der (überall angebotene) Kinder-Yoga ist ja spielerisch, dynamisch, er macht ihnen Spaß; und die Förderung der Konzentration tut den Kindern gut.« Das stimmt; aber den wahren Sinn des Hatha-Yoga können weder Kinder noch Jugendliche verstehen. Die Schulung der Konzentration ist für Kinder extrem wichtig; sie soll jedoch in anderer Form gelehrt werden, nicht in Verbindung mit dem Hatha-Yoga.

Körperliche Dynamik gepaart mit der Schulung der Konzentration – die ideale Disziplin dafür ist der Kampfsport; nichts ist für Kinder und Jugendliche (männlich und weiblich) besser geeignet als Karate, Taekwondo, Kungfu.

Man mag weiter einwenden: »Kinder leiden heute viel an Haltungsschäden, also ist der Hatha-Yoga doch gut?« Diese Schäden sind auffallend und müssen korrigiert werden, aber nicht durch den Yoga, sondern mit Hilfe anderer Übungen. Erneut: Der körperliche Teil des Hatha-Yoga (die Âsanas und die Atemübungen) steht im Widerspruch zur kindlichen Natur.

Auch die Jugendlichen (ab 12) und die jungen Menschen (ab 18) verstehen gewöhnlich den Hatha-Yoga nicht. Manchmal verirrt sich ein 20jähriger in einen Yogakurs, aber man sieht es ihm an: Er langweilt sich, der Sinn der Übungen will sich ihm nicht erschließen. Ausnahmen von dieser Regel gibt es, und sie erklären sich durch das Karma.

Attraktiv wird der Hatha-Yoga ab 35, 40 Jahren. Erste größere Beschwerden und Leiden kommen; ihre Linderung und Heilung mit Hilfe geeigneter Übungen wird dankbar wahrgenommen – erst jetzt wird der Yoga verstanden.

»Der Hatha-Yoga ist das zufluchtgewährende Kloster für die von Schmerzen Geplagten.« Besser als mit diesen Worten einer alten Schrift kann man es nicht sagen. Anders ausgedrückt: Kindern, Jugendlichen, jungen gesunden Frauen und Männern wird sich das Geheimnis des Hatha-Yoga nicht enthüllen, denn er entspricht nicht ihrer momentanen Natur.

Auf die Frage »Die sportlichen Stile wie der Power-Yoga sind dynamisch und damit doch für Kinder geeignet?« wäre zu antworten: Ja, aber was hat Power-Yoga mit dem traditionellen Hatha-Yoga zu tun? Nicht alles was aus Amerika kommt ist ein Fortschritt. Sport-Yoga ist Sport, kein Yoga.

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Das Atmen im Yogakurs

Atemübungen beeinflussen den Prâna noch schneller als die Âsanas. Falsch praktizierte Körperübungen können schädlich sein; falsch praktiziertes Atmen ist immer schädlich. Man sollte wissen, was man tut.

Viele Menschen haben das natürliche Atmen verlernt; Zitat aus einem Klassiker der Atemheilkunde (Johannes Ludwig Schmitt. Atemheilkunst) zur heutigen Situation: »Kein Mensch atmet richtig.« Das ist durch die Lebensführung bedingt: eine schlechte Verdauung, zuwenig Bewegung, chronischer Streß, mangelnde Beherrschung der Gefühle. Ein Yogalehrer muß darauf reagieren, selbst wenn damit die gewohnten Vorstellungen vom Atmen in Yogakursen über den Haufen geworfen werden. Eine Atemtherapie beginnt stets damit, die Fehlatmungen abzustellen.

Grundsätzlich:
Alle Atemübungen mit Ausnahme der Bauchatmung im Liegen und der Lendenatmung im Sitzen sind schädlich, solange die Verspannungen nicht gelöst sind. Die zwei natürlichen Atmungen sind keine Übungen; man bezeichnet sie anfangs dennoch als solche, bis die Fehlatmungen abgestellt sind.

Nr. 1
ist die Bauchatmung im Liegen, die reine Zwerchfellatmung. Herzpatienten und Übergewichtige lagern den Oberkörper höher (Herzpatienten verzichten gar auf die Rückenlage), damit die Bauchorgane die Bewegung des Zwerchfells nicht behindern. Die Essenz ist: Man läßt es atmen; man spürt, wie die Nabelgegend sich von alleine weitet und senkt; wie der Bauchraum weich wird. Man ist sich bewußt, wie der Atem ruhig und gleichmäßig fließt; wie das Zwerchfell sich bewegt; wie Bauch und Gesicht entspannen. Mit Autosuggestion vervielfacht sich die gute Wirkung: Ruhe und Gelöstheit ziehen in den Körper; der Prâna fließt harmonisch; Frieden erfüllt den Geist.

Nr. 2
ist die Lendenatmung im Sitzen. Beim Einatmen bewegt man die Schultern nicht und hält den Tonus der Bauchdecke; so fließt die Luft nach hinten unten, die Lendengegend bewegt sich, es entsteht ein sanfter Druck im Abdomen. Das ist die normale Ruheatmung im Sitzen und Stehen.

Sämtliche andere Atmungen sind willentlich.
Willentlich bedeutet nicht natürlich (das kann wohl mißverständlich sein, heißt aber nichts anderes als: diese Art des Atmens muß man wollen); dennoch ist das willentliche, minutenlange Atmen wertvoll. Alle indischen Atemübungen sind willentlich. Hier muß man sich entscheiden zwischen westlicher und östlicher Anschauung; das willentliche Atmen kann nicht von Nutzen sein wenn man ständig die Befürchtung hat, etwas Schädliches zu tun.

Die vollständige Atmung
ist angenehm und heilsam. Korrekt ist sie, wenn sie unterschieden wird im Sitzen und im Liegen; wenn sie zwar tief aber zum Ausgleich langsam und mit kurzem Leerbleiben gemacht wird; so gleicht sich die erhöhte Zufuhr von Sauerstoff durch eine Vermehrung des Kohlendioxyds aus. Die vollständige Atmung ist damit ein Förderer der Zellatmung. Ihr Hauptzweck ist dennoch nicht die Steigerung des Sauerstoffs, vielmehr die durch die Wellenbewegung des Rumpfes (im Liegen und Sitzen) und durch die Bauchspannung (im Sitzen) bewirkte Beseitigung der pathogenen Blutfülle im Bauch. So wie sich die natürliche Atmung im Liegen/Sitzen durch die Sache mit der Bauchspannung unterscheiden, so ist es bei der vollständigen Atmung. Im Sitzen soll es nicht zu der Wellenbewegung kommen, denn dazu müßte man den Bauch weiten, bevor die Luft in den Brustkorb strömt. Im Sitzen ist das jedoch ein Fehler von einer Ausnahme abgesehen: Es ist therapeutisch sinnvoll, einige Male eine übertriebene Wellenbewegung des Rumpfes mit anschließendem Vorbeugen zu provozieren, um die Blutfülle des Bauchraums zu beseitigen. Dann folgt die normale Technik im Sitzen mit Tonus der Bauchdecke.

Das verlängerte Ausatmen mit Leerbleiben
ist die beste senkende Übung (gegen Bluthochdruck, Herzbeschwerden, Augen- und Ohrenprobleme, innere Unruhe), eine Erholung für Körper und Geist.

Das rhythmische, fließende Atmen
darf nur praktiziert werden, wenn man sich an das willentliche Atmen gewöhnt hat. Das rhythmische Atmen ist die unerläßliche Vorbereitung für jene, die in den Prânâyâma einsteigen wollen. Das rhythmische Atmen umfaßt ein gutes Dutzend Übungen.

Die Kunst des Atmens
besteht im absolut gelösten Ausatmen mit kurzem Leerbleiben. Das Ausatmen ist passiv, ohne jeden Druck; man achte aber darauf, die Luft ganz gehenzulassen, wirklich leer zu werden. Es liegt an psychophysischen Spannungen, wenn man damit Probleme hat. Ruhig auszuatmen bedeutet vor allem innerlich loslassen zu können, und dies fällt den meisten Menschen schwer. Solange das gelöste Ausatmen nicht perfekt funktioniert, so lange sind alle anderen Atemübungen sinnlos und schädlich.

Wann atmet man richtig?
Zu Beginn des willentlichen Atmens sind eventuelle Störungen normal (Kreislauf, Herzklopfen, Unwohlsein). Sind die anfänglichen Probleme durch eine korrekte Praxis überwunden, gilt: Das Atmen sei angenehm, heilsam, energieaufladend. Anstrengung = Fehler gemacht; Druck im Kopf = Fehler gemacht … Für das Atmen ist, wie für die Körperübungen, entscheidend: Es sollte einem nach der Yogastunde besser gehen als vorher; andernfalls hat man nicht gut gearbeitet.

Bei Atemübungen im Yogakurs ist zu bedenken:
1. Der Lehrer kann aus zeitlichen Gründen unmöglich zehn und mehr Personen kontrollieren. Entweder atmen die Übenden also richtig, oder man läßt es besser bleiben. Atemübungen sind Therapie; diese gelingt nur bei Überwachung jeweils einer Person.
2. Therapeutisches Atmen ist nur sinnvoll wenn man täglich daheim praktiziert. Einmal in der Woche im Kurs zu üben macht aus heilsamen Dingen das Gegenteil: ungewohntes Atmen, Streß, Unwohlsein, jede Woche neu und unbefriedigend.
3. Atmen erfordert Bewußtheit. Von der Arbeit erschöpft, haben dies jedoch nur wenige Menschen. Kursteilnehmer, die bereits bei der ersten Atemübung einschlafen darf man nicht aufwecken, sie seien sich selbst überlassen; so entspannen sie zumindest und atmen natürlicherweise in den Bauch. Atmen mit vorgegebenem Rhythmus ist für Fortgeschrittene wertvoll. Für Anfänger ist das Gleichschalten unterschiedlicher Frequenzen nicht therapeutisch.

Sinnvolle Atemarbeit in Yogakursen ist:
das Erkennen der Fehlatmungen; das Einprägen der Normalatmung; das Loslassen von Spannungen; das Bewußtmachen der feineren Vorgänge im Organismus; das Umpolen durch positive Autosuggestionen. Sobald die Fehlatmungen beseitigt sind, die natürliche Ruheatmung wieder fließt, gelten auch andere Regeln – falls man Interesse daran hat, weiterzugehen.

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Wieviele Übungen gibt es?

Die Körperstellungen (Asanas)
sind zahlenmäßig am größten, zwei- bis dreihundert. Therapeutisch bedeutsam sind etwa dreißig; der Rest befriedigt mehr den sportlichen Ehrgeiz. Das soll keine Abwertung sein; man muß nur wissen, wofür man seine Zeit und Energie aufwenden will. Zu den Körperübungen zählen auch die verschiedenen Formen der Entspannung.

Die Atemübungen
sind zweifach: der Pranayama und das fließende Atmen. Klassische Pranayamas gibt es acht; ihr großes Ziel ist das Erwecken der Urkraft, damit gehören sie nicht an die Öffentlichkeit. Als therapeutisches Atmen betrachte ich nur das fließende Atmen, etwa ein Dutzend Übungen.

Die Reinigungsverfahren (Kriyas)
sind wichtiger als die Asanas. Auch bei Zeitknappheit praktikabel sind die Reinigung der Zunge (täglich, wenige Sekunden); die Spülung der Nase (täglich, drei Minuten); der kleine Einlauf (mehrmals wöchentlich, wenige Minuten); die Feuerreinigung des Darmes (täglich, fünf Minuten); die große Wasserreinigung des Darmes (einmal im Jahr, einen halben Tag).

Psychische Techniken
gibt es viele, das ist das große Thema des klassischen Yoga. Sie können eingeteilt werden in: 1. Übungen zur Selbstbeherrschung (nicht klagen; nicht unsachlich kritisieren; nicht permanent von sich sprechen; keine Ratschläge erteilen; usw.); 2. Übungen zur Autosuggestion (die Verwandlung des Geistes zu positivem Denken, zur Fähigkeit der Selbstheilung bei Krankheiten, usw.). Diese zwei Arten werden auch zum Hatha-Yoga gezählt. 3. Die zum spirituellen Yoga gehörenden Techniken zur Entwicklung der willentlichen Konzentration. »Yoga ist die Stillegung der Bewegungen des Geistes« (Yoga-Sûtra). Konzentration – das ist die Essenz des Yoga; und Techniken zur Gewinnung dieser Fähigkeit gibt es verschiedene, abgestimmt auf den Charakter, auf die Vorlieben, auf die geistigen Fähigkeiten des Übenden.

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Hinweise zum Üben

Was muß man beim Üben am meisten beachten?
Daß man sehr langsam und bewußt übt; daß die Gedanken bei dem sind, was man im Augenblick tut. Auf diese Weise wird man immer richtig üben und sich nie verletzen. Nichts ist im Yoga wichtiger als das unablässige Spüren. Das tut auch dem Geist gut, denn es fördert die Konzentration und bringt ihm daher Ruhe. Langsam und bewußt – die zwei großen Begriffe in der Yogapraxis.

Soll man das im Kurs Erlernte daheim weiterüben?
Unbedingt. Wer nur einmal in der Woche praktiziert nutzt die Stunde in der Yogaschule zum reinen Üben und zum Entspannen. Das ist natürlich gut. Perfekt aber wäre: Ich nutze den Unterricht mehr zum Lernen – und praktiziere fleißig das Erlernte zu Hause.

Wie oft pro Woche sollte man üben?
Am besten täglich. Angesichts von soviel Streß und Zeitknappheit heutzutage ist ein dreimaliges Üben pro Woche auch sehr gut, jeden zweiten Tag 30 Minuten lang. Die wichtigsten aller Gesundheitsübungen, Uddîyâna und Mûla-Bandha, sollte man aber täglich praktizieren, das dauert nicht länger als drei Minuten. Dasselbe gilt für die außerordentlich wichtige Nasenspülung, welche in zwei Minuten erledigt ist. Die Reinigungstechniken (Kriyas) des Hatha-Yoga sind prinzipiell wichtiger als die Âsanas.

Welche von den vielen Übungen soll man machen?
Jene, die man gerade braucht. Bei Kreuzschmerzen wird eine Schulterübung wenig bringen; bei Hüftarthrose benötigt man Übungen für das Hüftgelenk; will man Ruhe, sollte man zehn Minuten atmen … Dieses Prinzip gilt für den Fall, daß man nur 15–30 Minuten Zeit hat. Wer über mehr Zeit verfügt, sollte eine komplette Übungsserie durchgehen, wie »die große Gelenkrunde« (für alle Gelenke des Körpers), oder die Schulterserie, oder …

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Worauf es beim Üben ankommt

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Zur Korrektur im Unterricht

Nicht selten hört man im Unterricht den Satz: »Ich wurde jetzt schon mehrere Wochen nicht mehr korrigiert!« Ein gewisser Vorwurf, der sofort, in Anwesenheit der anderen geklärt wird; er kann nicht stehengelassen werden, da er auf einem Mißverständnis beruht.

→ Sehe ich bei einer Übung objektive Fehler, greife ich unverzüglich ein und korrigiere.

→ Wird eine Übung fehlerfrei ausgeführt, sie ist aber »noch nicht gut genug«, dann lasse ich den Übenden in Ruhe.

Vier Beispiele:

1. Pavanamuktâsana, Knie zur Brust. a) Die Knie werden zur Brust gezogen wie in den »Heilwirkungen« [→ Link], Bild 33, Seite 201: der zu tief liegende Kopf ist ein Fehler, der eine sofortige Korrektur zur Folge hat. b) Die Knie werden angezogen wie im Bild 26, Seite 198: Keine Fehler zu sehen; die Übung ist aber nicht gut genug, wie man an der perfekten Ausführung im Bild 28 erkennt. Was soll man sagen, wenn jemand nicht imstande ist, intensiver in den Hüftgelenken zu beugen, da es ihm an Dehnung, sprich: an genügend Übung fehlt? Soll man den Streß des Übenden vermehren mit den Worten »was du machst ist fehlerfrei, aber nicht gut«?

2. Utthanapâdâsana, die Beinstreckung im Liegen. Sieht man gebeugte Knie = Fehler, sofortige Korrektur. Sind die Knie korrekt in Streckung, die Beine können aber höchstens in die Senkrechte gezogen werden (Seite 243, Bild 45), dann ist die Übung fehlerfrei, aber noch nicht gut genug. »Sehr gut« wäre es wie im Bild 47. Neun von zehn Übenden benötigen für diese Dehnung einen Gurt. Soll man ihnen dies vorwerfen? Sie üben korrekt, schaffen aber nicht die intensive Ausführung. Was nützt da eine kritische Anmerkung des Lehrers, wenn zu Hause nicht täglich geübt wird?

3. Garudâsana, der Überkreuzgriff hinten. Die gewöhnliche Ausführung, mit Gürtel: Seite 345, Bild 164. Fehlerfrei, aber »nicht gut genug«, daher keine Einmischung. Perfekt wäre: Bild 165.

4. Vibhaktapâda-Pâdahastâsana, die Rumpfbeuge im Stand. Sieht sie aus wie im Bild 50, Seite 246: Fehler; es wird sofort korrigiert. Mit geradem Rücken, man kommt aber »nur« so weit wie im Bild 214, Seite 398: in Ordnung; auch wenn sie intensiver sein könnte (Bild 216). Solange die Dehnung der hinteren Beinmuskulatur nicht besser wird, so lange vermag man eben auch nicht tiefer zu gehen.

Zusammenfassend: Überwacht werden alle Kursteilnehmer. Eingegriffen wird aber nur, wenn Fehler gemacht werden. Jeder Übende muß selber wissen welche Stufe des Yoga er erreichen will. Was er dafür tun müßte wird ihm gesagt.

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Verbotene Übungen

Aus den »Heilwirkungen« [→ Link]:

[…] Es wurde schon gesagt daß es nicht ratsam ist, alle Übungen des Hatha-Yoga unterschiedslos zu bewerten, denn im Laufe der Zeit hat sich Therapeutisches mit Nichttherapeutischem, Nützliches mit Schädlichem (ja, Schädlichem) vermischt. Dies ist auf den sportlichen Gedanken nach dem immer Höheren zurückzuführen, der hier zum Zirkusyoga geführt hat; andererseits auf die unvermeidbaren generellen Mißverständnisse.

Über solche Mißverständnisse mag an anderer Stelle geredet werden; für die Alltagspraxis wichtiger ist hier die Bewertung einiger Übungen, die in nahezu allen Schulen die Regel sind und von denen der Autor meint, daß sie zu den problematischen Kundalinî-Übungen gehören, oder gesundheitlich bedenklich sind, oder daß ihnen der sportliche Gedanke zugrundeliegt. Das letzte muß an sich nichts Schlechtes sein, aber viele dieser Âsanas eignen sich nicht für therapeutische Zwecke – sollte die Therapie nicht das Leitmotiv im Hatha-Yoga sein? – und sind wie alles übertrieben Sportliche so unphysiologisch, daß ihre negativen Qualitäten überwiegen. Nur in Kurzform, und nur einige wenige, als klassisch bezeichnete Übungen:

Shîrshâsana. Über den Kopfstand ist alles im 12. Kapitel gesagt. In therapeutischer Hinsicht ist die Umkehrung der Schwerkraft als nützlich anzusehen; sie vermag aber die großen Nachteile der Haltung (eine erhebliche Steigerung des Blutdrucks, des Kopfdrucks und Belastung der HWS) nicht aufzuwiegen. Hier ist die vergleichsweise (!) unproblematische halbe Kerze (Viparîta-karanî-Mudrâ) die bessere Wahl.

Sarvângâsana. Von der Kerze ist dasselbe zu sagen. Auch in dieser Haltung ist die Belastung der HWS zu groß und der Knick in der Wirbelsäule zu stark, gewaltsam erzwungen. Es spricht für sich, daß mittlerweile die Ausführung der Kerze mit Unterstützung durch eine Schulterplatte oder durch mehrere gefaltete Decken unter den Schultern empfohlen wird, um die HWS zu entlasten. Auch hier gilt: Viparîta-karanî-Mudrâ ist die bessere Kerze.

Halâsana. Der Pflug wird von fast allen Übenden falsch, mit rundem unterem Rücken ausgeführt und ist so das Gegenteil von therapeutisch. Bei perfekter Ausführung mit exzellenter Dehnfähigkeit der ischiokruralen Muskulatur und mit geradem Kreuz bleiben in negativer Hinsicht die Belastung der HWS und die erhebliche Steigerung des Kopfdrucks. Es stellt sich die Frage: Wozu mache ich den Pflug? Viele wissen darauf keine Antwort. Sollte die Beindehnung der wichtigste Aspekt der Übung sein, dann ist zu sagen: Dafür gibt es bessere, intensivere und für den Rücken ungefährliche Haltungen. Ist die Dehnung des Rückens der herausragende Aspekt? Bei perfekter Ausführung wird aber der Rücken gar nicht gedehnt; bei rundem Rücken dagegen wird überdehnt – dies ist erstens ein genereller Fehler und zweitens gefährlich für die Bandscheiben der LWS. Will man hauptsächlich die Kompression des Rumpfes? Sie ist im Pflug äußerst mild; dafür gibt es viel wirksamere andere Stellungen, in denen die HWS nicht belastet wird. Oder macht man den Pflug vor allem wegen der Umkehrung der Schwerkraft? In diesem Fall wäre die einfache schiefe Ebene besser, weil unproblematisch. Für den Autor ist klar: Der Pflug ist nichts anderes als eine Variante der Kerze.

Karnapîdâsana. Diese intensiv wirkende Variante von Halâsana – die Beine nicht nach hinten gestreckt, sondern die Knie auf die Stirn gelegt (»milde« Art) oder in  höherer Form neben die Ohren auf den Boden – konnte nur jemandem einfallen, der die sportliche Herausforderung suchte. Therapeutisch ist diese Pflug-Variante nicht nur sinnlos, sie ist noch gefährlicher als der klassische Pflug.

Matsyâsana. Der Fisch ist eine der empfehlenswerten Öffnungen der Vorderseite; der überstreckte Nacken jedoch (Scheitelpunkt des Kopfes auf dem Boden) macht ihn für viele Menschen zu einer bedenklichen, ja gefährlichen Übung. Es ist wiederum bezeichnend, daß immer öfter nur die Variante der Stellung mit gerade liegendem Nacken (Kinn zur Brust) empfohlen wird. Dabei geht ausgerechnet die wichtigste Absicht der klassischen Übung, das intensive Öffnen im Brustkorb verloren …

Pashchimottânâsana. Über die Zange wurde bereits einiges gesagt (10. Kapitel). Auch hier stellt sich die Frage: Wozu mache ich die Zange? Und hier mangelt es den meisten ebenso an Klarheit. Sollte die Beindehnung der wichtigste Aspekt der Übung sein, dann ist zu sagen: Dafür gibt es bessere, intensivere und – worauf es vor allem ankommt – für den Rücken ungefährliche Haltungen. Oder ist die Dehnung des Rückens der herausragende Aspekt? Bei perfekter Ausführung wird aber der Rücken gar nicht gedehnt; bei rundem Rücken dagegen wird überdehnt – dies ist erstens ein allgemeiner Fehler (der BWS-Bereich soll grundsätzlich nicht  gedehnt werden) und zweitens gefährlich fürs Kreuz. Die Kompression des Rumpfes ist ein therapeutisch bedeutsamer, wichtiger Aspekt der Übung, aber auch dafür gibt es wirksame andere Stellungen, in denen die LWS nicht belastet wird. Der Autor stellt zwei Dinge fest: 1. Vorausgesetzt, sie wird mit geradem Rücken ausgeführt, ist die Zange die schwierigste aller Yogastellungen. Es ist bezeichnend, daß nur einer von zehntausend Übenden in der Zange nicht rund im Rücken wird. Die Frage drängt sich auf, welche gesundheitliche Absicht man bei der Zange verfolgt. Von jeder körperlichen Übung kann gesagt werden, sie dehne hier, sie kräftige dort; aber welcher ist ihr eigentlicher Sinn? So hat auch die Zange gewisse Heilwirkungen, insgesamt aber überwiegt der Nachteil der Haltung die Vorteile. 2. Pashchimottânâsana war ursprünglich kein Âsana, sondern ein reiner Bandha (die Ähnlichkeit mit der klassischen Übung Mahâ-Mudrâ ist offensichtlich), eine Kompression des Rumpfes mit dreifachem Verschluß (Mûla-, Uddîyâna-, Jâlandhara-Bandha): primär keine Gesundheitsübung, sondern eine Technik zur Erweckung der Kundalinî.

Mayûrâsana. Als Hauptbegründung für den Pfau wird der Druck der Arme und Ellbogen auf die Bauchorgane angegeben. An sich ist dieser Druck positiv (wie bei der klassischen Heuschrecke), nach Meinung des Autors jedoch in der Pfauenstellung viel zu stark (für die Frauen ist der Pfau sogar generell kontraindiziert), weswegen sie zu den weniger empfehlenswerten Übungen gehört. Die Idee zu Mayûrâsana entsprang nicht gesundheitlichen, sondern sportlichen Motiven.

Chakrâsana. Das Rad ist eine königliche Dehnung der Körpervorderseite – und gehört dennoch als überaus schwierige Stellung eher in die Abteilung Artistik. Auch hier gilt die kritische Bemerkung: In 99 Prozent der Fälle wird das Rad falsch ausgeführt – mit abgeknicktem Kreuz anstelle einer schönen, physiologischen Bogenhaltung – und ist so mehr schädlich als nützlich. Der Hauptgrund für das Abknicken im Kreuz liegt auf der Hand: eine unbewegliche, versteifte BWS.

Kurmâsana. Mag die Schildkröte noch so sehr als altehrwürdige Yogastellung gepriesen werden – für den Autor ist sie nur eine sportlich motivierte Steigerung der Zange (Pashchimottânâsana), noch schwieriger und noch weniger zu empfehlen. Ein Tänzer, ein Turner, ein Artist vermögen wahrscheinlich einen einigermaßen (!) geraden Rücken zu behalten; man betrachte aber die Wirbelsäule eines normalen Übenden in Kurmâsana: eine Lendenkyphose, ein runder (überdehnter) BWS-Bereich bei gleichzeitiger Überstreckung des Nackens; mehr muß nicht gesagt werden.

Âkarnadhanurâsana. Die Stellung des Bogenschützen zählt der Autor nicht zu den therapeutischen Übungen. Die einzige Wirkung liegt in einer gewissen Bein- und Hüftdehnung; dabei haben jedoch praktisch alle Übenden einen bedenklich runden Rücken. Die erwähnten Dehnungen erzielt man leichter und intensiver mit anderen Stellungen. Der Bogenschütze befriedigt den sportlichen Ehrgeiz, denn er ist – mit geradem Rücken ausgeführt – höchst schwierig.

Ûrdhva-prasârita-pâdâsana oder Utthâna-pâdâsana. Das gleichzeitige Heben beider Beine in Rückenlage, als eigene Technik und als Anfangsteil der Kerze und des Pfluges, gehört zu den traditionellen Übungen. Dazu ist zu sagen: 1. Verfügt man über sehr viel Kraft, über einen hervorragend trainierten Muskelapparat insgesamt, dann ist Utthâna-pâdâ nicht unbedingt ein Fehler. 2. Für 90 von 100 Übenden gilt: In Rückenlage aktiv, ohne Hilfe eines Gürtels die Beine gleichzeitig in die Senkrechte zu bringen ist ein Fehler, eine enorme Belastung des unteren Rückens, und die erhoffte Kräftigung der Bauchmuskeln ein Mißverständnis. Das Beinheben fordert nicht die Bauchmuskeln (sie sind keine Beuger im Hüftgelenk), sondern den M. iliopsoas, welcher jedoch nicht gekräftigt, vielmehr gedehnt werden muß. Der hier eintretende extreme Zug im M. iliopsoas ist schädlich für den gesamten Rücken bis in den Nacken (= negative Reaktion der Muskelkette), und zwar in jenem Abschnitt der Übung, wo der Winkel Beine-Rumpf größer als 90° ist. Man beobachte eine Person beim Ausführen der Stellung, das spricht für sich.

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Zehn Yogalehrer, zehn Methoden

Der Inder war seit jeher am Jenseitigen orientiert, ihm fehlte das Interesse, in dieser Welt auf irgendetwas zu bauen. Ein Patent auf das zu haben, was entdeckt wurde, das lag früher dem indischen Geist fern. Wer ist der Gründer des Yoga? Niemand weiß es; er wurde mündlich von Weisen überliefert, die selbstlos ihr Wissen zur Verfügung stellten; die meisten ihrer Namen verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Diese bewundernswerte Haltung, nichts zementieren zu wollen, führte aber auch dazu, daß es jederzeit möglich war, dieser und jener Methode dieses und jenes, nach Gutdünken hinzuzufügen. Unser Thema betreffend, ist das Ergebnis: Es gibt seit langem nicht mehr den ursprünglichen einen Hatha-Yoga; er hat sich im Laufe der Zeit zu einem Selbstbedienungsladen entwickelt. Zehn Yogalehrer, das sind zehn Methoden.

Und weil es so ist, halte ich es für fair darauf hinzuweisen, daß ich im Rahmen des traditionellen Yoga nach einer Methode unterrichte, welche ich aufgrund von Studium und Erfahrung als die sinnvollste ansehe. Wir praktizieren den Kopfstand nicht, ebensowenig andere Kundalini-Übungen; es gibt keine klassischen Pranayamas, keine Chakra-Meditationen, kein Mantra-Singen, keine Anleitungen zum Geistheilen, denn all dies ist mit potentiellen körperlichen und psychischen Problemen verbunden (das Stichwort heißt immer wieder: Kundalini. Die meisten Menschen, die sich leichtfertig und naiv mit Übungen zur Erweckung der Urkraft beschäftigen, wissen wenig von den Gefahren, die durch ihr zu frühes und unbeherrschtes Erwachen drohen). Auch den Sport-Yoga wird man nicht finden, bei dem es darum geht, Übungen um ihrer Schwierigkeit willen beherrschen zu wollen. Und was die Âsanas betrifft, welche als klassisch gelten: Ich nehme mir die Freiheit, das Nützliche vom Unnützlichen, die heilsamen Elemente von den eher schädlichen – ja, schädlichen – zu trennen, welche sich mit der Zeit eingeschlichen haben.

Die Gesundheit des Rückens, das Heilatmen und das harmonische Fließen des Prâna sind die Schwerpunkte in der Yogaschule. Gelehrt wird eine in mehrfacher Hinsicht unproblematische, orthopädisch korrekte, rein therapeutische Form des Yoga.

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Die 12 therapeutisch wichtigsten Körperübungen

Als Leser-Service hier nur kurz für die tägliche Praxis; die genauen Erklärungen findet man in den »Heilwirkungen« [→ Link].

Man beachte die Formulierung in der Überschrift = Allgemein (ohne Berücksichtigung spezieller Probleme) sind dies die zwölf therapeutisch wichtigsten Körperübungen des Hatha-Yoga (das wichtige Atmen und einige wichtige Reinigungen also nicht mitgezählt):

Uddîyâna-Bandha & Agnisâra-Dhautî, das einmalige und das mehrmalige Baucheinziehen. Man trenne sorgfältig die nützliche und wichtige therapeutische Art der Ausführung von jener eher problematischen, welche beide Techniken zu Kundalini-Übungen macht.

Ashvinî-Mudrâ & Mûla-Bandha, die Kraft für den Beckenboden. Man trenne sorgfältig die nützliche und wichtige therapeutische Art der Ausführung von jener eher problematischen, welche beide Techniken zu Kundalini-Übungen macht.

Bhujanga, die aktiv-passive Kobra. Sie ist in mehrfacher Hinsicht eine besonders wichtige Übung. Vorsicht: Mit einer bestimmten, vom gesundheitlichen Standpunkt aus ungünstigen Atemtechnik praktiziert, verwandelt sich eine therapeutisch nützliche in eine problematische Kundalini-Übung.

Uttâna-Variante, der Schulterzug mit Stütze. Er muß korrekt ausgeführt werden, nur dann verdient er den ihm zugesprochenen Stellenwert. Die Variante mit Stütze ist vor allem für ältere Menschen wichtig. Wer »fit« ist sollte aber auch die klassische, sehr aktive Art im Stand praktizieren.

Gomukha, die Kuhkopfhaltung & Garuda, der Adler; die beiden sind eine Übung (Übung und Gegenübung). Was die spezielle Wirkung auf den oberen Rumpf betrifft, gelten Kuhkopf und Adler als »die zwei großen« Schulterübungen; wer sie täglich jeweils dreimal praktiziert wird nie an Schulterbeschwerden leiden.

Bhadrâsana, der heilsame Sitz. Korrekt ausgeführt ist er sehr schwierig. Man lasse sich deswegen nicht entmutigen; Bhadra ist von überragender Bedeutung. Die sitzende Art ist die klassische; die liegende Variante halte ich für noch nützlicher und dabei ist sie auch noch viel einfacher, was will man mehr.

Nakra, das dreifache Krokodil. Die drei Arten des Krokodils ergänzen einander ideal und sollten bei genügend Zeit für eine höchste therapeutische Effizienz komplett ausgeführt werden. Inklusive der nötigen Gegenspannung (die schiefe Ebene) und Gegendehnung (Knie zur Brust) stellt das dreifache Krokodil die wichtigste Rückenübung des Hatha-Yoga dar.

Trikona, das Dreieck & Vibhaktapâda-Pâdahasta, die Rumpfbeuge im Stand; die beiden sind eine Übung. Beide Techniken müssen korrekt ausgeführt werden, nur dann verdienen sie den ihnen zugesprochenen Stellenwert (Stichwort: Rückengesundheit, siehe weiter oben).

Ardha-Bhujanga, die halbe Kobra; oder wahlweise Ushtra, das Kamel; oder Kandhara, die hohe Schulterstellung. Was »wahlweise« bedeutet, wird im Buch erklärt. Vorrangig ist aus mehreren Gründen die halbe Kobra.

Simha, der Löwe; vorausgesetzt, er wird intensiv genug und oft genug praktiziert. Der Schwerpunkt ist dabei aus therapeutischen Gründen die Handübung. Der geniale Löwe ist die am meisten unterschätzte Technik des Hatha-Yoga (nicht kompliziert genug?); wer ihn korrekt macht begreift seine Wichtigkeit.

Shavâsana, die klassische, bewußte (!) Totenstellung. Warum das Ausrufezeichen? Weil sehr häufig Shavâsana für viele Menschen nichts anderes ist als ein zehn- bis zwanzigminütiger Schlaf. Man mag sagen: Dies hat mich entspannt. Gewiß; was Shavâsana aber wirklich ausmacht, das erfährt man nur, wenn der Geist dabei auf der bewußten Ebene bleibt.

Sûryanamaskâra, der Gruß an die Sonne; er ist wichtig als Kreislauf- und Konditionsübung.

Man verwechsle aber nicht die therapeutisch wichtigsten mit den Schlüsselübungen des Hatha-Yoga. Das letzte bezieht sich auf die technischen Aspekte. Als Schlüssel der Âsana-Praxis werden einige grundlegende Techniken bezeichnet, mit denen viele andere Türen geöffnet, das heißt hier: viele andere Âsanas gemeistert werden können. Man kann jedes einzelne der vielen Âsanas für sich üben, bis man es beherrscht; das ist der lange und beschwerliche Weg. Man kann aber auch erkennen, welche technischen Elemente die meisten Âsanas gemeinsam haben. Mit Hilfe dieser Schlüssel-Elemente vermag man dann viele Âsanas auf Anhieb auszuführen, ohne sie jemals geübt zu haben. Dies mag vielleicht langweilig sein, weil man sich in der täglichen Praxis auf wenige Dinge beschränkt; dafür ist es der einfache und direkte Weg zum Erfolg.

Nachtrag März 2022

Auf dieser Webseite (siehe oben) und in den »Heilwirkungen« [→ Link], Seite 505 findet der Leser eine Auflistung der zwölf wichtigsten Yoga-Übungen – allerdings, so wird betont, der körperlichen Übungen; das extrem wichtige Atmen und einige Reinigungstechniken also nicht mitgezählt.

Die wirkliche »Hitparade« aller Übungen/Techniken des Hatha-Yoga (belassen wir es hier bei fünf) ist jedoch diese:

1. Uddîyâna-Bandha & Agnisâra Dhautî, das einmalige/mehrmalige Baucheinziehen;

2. Ashvinî-Mudrâ & Mûla-Bandha, die Kraft für den Beckenboden;

3. Kapâlabhâtî, die tägliche Reinigung des Nasenrachenraums;

4. Sarala-Prânâyâma, die vollständige Atmung;

5. »Still sitzen, ruhig atmen« (= Übung Nr. 59 in den »Heilwirkungen« [→ Link].

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Yoga und Bluthochdruck

[→ Link]

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Was bedeutet Yoga und Hatha-Yoga?

yoga (yuj = anjochen, verbinden, befestigen) ist »die Vereinigung, das Verbinden« des begrenzten individuellen Bewußtseins mit dem grenzenlosen Einen, dem Meer des Bewußtseins. Es ist das Sanskritwort für das lateinische religio (re = wieder…, zurück…; ligare = binden, vereinigen, zusammenpassen). Der Zustand der Vereinigung (das Ziel) und die Arbeit, die dahin führt (der Weg) – beides wird yoga genannt.

Die klassische, und das soll heißen: die korrekte Bedeutung von hatha ist »Gewalt, Anstrengung, Kraft«. Von wievielen Yogalehrern und Buchautoren wird dies bestritten? Dabei erklärt der Begriff sehr gut den Unterschied zum religiösen Yoga, bei dem es um die Meditation in absoluter Bewegungslosigkeit geht. Wer einmal die große Darmreinigung durchgeführt hat, Hunderte von Baucheinzügen, die dynamischen Zyklen der Kriegerstellungen und vieles andere, der versteht die Wiedergabe von hatha-yoga mit »Methode (yoga) der Kraft, Gewalt, Anstrengung (hatha)«. Verglichen mit dem geistigen Yoga ist der Hatha-Yoga überwiegend die grobstoffliche Methode, ein System zur Förderung und Reinigung des Körpers.

Wer eine andere Deutung von hatha bevorzugt, der findet sie auch – dank des Reichtums der altindischen Sprache. Im Sanskrit haben viele Wörter viele Bedeutungen. So ist yoga »Vereinigung, Religion« und auch »Methode, Weg«. guru heißt »schwer, gewichtig, ehrwürdig«. Die mystische Tradition fügt hinzu: »Die Silbe gu bedeutet Dunkelheit, und ru vertreiben; der Guru ist der Vertreiber der Dunkelheit.« Wer wollte dieser wundervollen Definition widersprechen? Bhârata-Nâtyam ist der »Tanz (nâtya) Indiens (bhârata)«; nach der Silbenmethode wird aber bhârata interpretiert als bha (bhâva = Ausdruck, Gefühl), ra (râga = Melodie), ta (tâla = Rhythmus). Viele bezeichnen derartiges als Spitzfindigkeit, aber wie durch Zufall paßt es meistens.

Ähnlich ist es mit hatha. Die Wiedergabe mit »Gewalt, Anstrengung, Kraft« ist fundiert und im Lichte der Yogapraxis verständlich. Eine zweite Übersetzung erklärt das Wort nach der Silbenmethode: ha = Sonne; tha = Mond. Dies mag willkürlich erscheinen (und es ist auch willkürlich), denn die Bedeutungen von ha sind: »Himmel, Paradies, Mond (!), Glitzern eines Edelsteins, die Silbe von Gott Vishnu«; und tha = »lautes Geräusch, Diskusscheibe, Mondscheibe, die Silbe von Gott Shiva« (Sanskrit-English-Dictionary von Sir M. Monier-Williams). In tantrischem Zusammenhang ergibt diese freie Deutung aber durchaus einen Sinn, denn sie führt in eine tiefgründige Energielehre: Hatha-Yoga = die Vereinigung (yoga) von Sonne (ha) und Mond (tha). Hier betritt man das Feld des höheren, des geistigen Yoga.

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Hatha-Yoga und spiritueller Yoga

Obwohl der Hatha-Yoga sich aus Elementen mehrerer Disziplinen zusammensetzt, gilt er seit langem als die einheitliche Lehre einer tantrischen Schule, welche sich überwiegend mit Techniken des Atmens und der Meditation zur Erweckung der Urkraft – kundalini – beschäftigt.

Die hier vorgestellte gesundheitliche Methode hat nichts mit jener tantrischen Form zu tun, vielmehr mit den unproblematischen Übungen der indischen Volksgymnastik und Naturheilkunde.

Der gesunde, widerstandsfähige Körper soll für das religiöse Ziel genutzt werden.

Dies entspricht der alten indischen Denkweise; der weitere Weg ist aber nicht direktes Thema in der Yoga-Schule, darüber wird nur in anderem Zusammenhang geredet [→ Link]. 

Unter »klassischem Yoga« verstehe ich ein System, bestehend

aus dem rein gesundheitlichen Hatha-Yoga [→ Link];

aus tantrischen Körperübungen zur Erweckung der Kundalini;

aus dem Prânâyâma, den Atemtechniken mit Anhalten der Luft [→ Link];

aus Dhâranâ, Konzentration

und Dhyâna, Meditation [→ Link].

Nur der gesundheitliche Teil darf öffentlich gelehrt werden, und auch er nur bis zu einem gewissen Grad – das ist die alte Vorschrift.

Die tantrischen Körperübungen, der Pranayama und die Konzentration bzw. Meditation bilden den höheren Yoga, bei dem es um das Erwachen der Urkraft geht. Ihr zu früher, nicht beherrschter Aufstieg hat viele körperliche und psychische Leiden zur Folge. Hier muß die Hilfe eines Gurus gesucht werden, der mit den Gefahren des spirituellen Weges vertraut ist.

Finden
wird man in der Yogaschule: Unterweisung in die technisch korrekte Ausführung der gesundheitlichen Körperübungen und in das Heilatmen; Hinweise auf einfache Reinigungen; Vorschläge zur Ernährung und zur Hilfe bei Gesundheitsstörungen; Gedanken zur geistigen Hygiene.

Nicht finden
wird man die tantrischen Körperübungen, den höheren Pranayama, höhere Techniken der Konzentration und eine Anleitung zur echten Meditation. Damit auf eigene Faust zu experimentieren wäre entweder Naivität oder Hochmut.

Wer sich zum spirituellen Yoga hingezogen fühlt und Gott um Hilfe bittet, dem wird zur rechten Zeit die rechte Führung zuteil werden.

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Worauf es beim Üben ankommt

Daß man langsam und bewußt üben soll wurde bereits an anderer Stelle gesagt, Zitat: »… daß die Gedanken bei dem sind, was man im Augenblick tut. Auf diese Weise wird man immer richtig üben und sich nie verletzen. Nichts ist im Yoga wichtiger als das unablässige Spüren. Das tut auch dem Geist gut, denn es fördert die Konzentration und bringt ihm daher Ruhe. Langsam und bewußt – die zwei großen Begriffe in der Yogapraxis.«

Bei dieser Formulierung ging es vorrangig um das Thema Sicherheit; daß man sich also bei der Ausführung der Âsanas niemals verletzt.

Die Frage »worauf kommt es beim Üben wirklich an?« bezieht sich natürlich auch darauf, geht aber darüber hinaus, in diesem Falle auf die technische Ausführung der Âsanas. Um das Ganze nicht ausufern zu lassen beschränkt sich die Erklärung auf ein einziges Âsana, dem Dreieck (Seite 404).

Gewöhnlich – Ausnahmen bestätigen die Regel – geht die Sache so vor sich: Gedanke »jetzt folgt das Dreieck.« Man hat sofort das Bild der Endstellung im Kopf (Fehler 1). Um die Endstellung umgehend zu erreichen (Fehler 2) dreht man fast automatisch (Fehler 3) die Füße nach innen und außen, beugt sofort den Rumpf (Fehler 4) und hebt sofort den Arm (Fehler 5). Erst jetzt (Fehler 6), ist man gedanklich »so richtig« bei Trikona angekommen. Nach 20–30 Sekunden geht es dann genauso schnell (Fehler 7) in die Ausgangsstellung zurück und in den Seitenwechsel.

Daß diese Beschreibung nicht übertrieben ist mag man daran erkennen: Gebe ich im Unterricht die einzelnen Stufen sprachlich vor, dann hinke ich mit der Ansage meist hinterher, denn die meisten Kursteilnehmer sind bereits in der Endstellung, wenn ich noch »mittendrin« bin. Bitte ich darum, die Stellung genauso langsam und detailliert anzugehen wie ich sie vorspreche, sehe ich häufig Ungeduld in den Gesichtern der Übenden.

Oder so ausgedrückt: In der Zeit, die ich in meiner privaten Praxis benötige, um einmal Trikonâsana auszuführen, hat der Kursteilnehmer in der Regel dreimal die Stellung geschafft.

Eine derart mechanische Ausführung ist falsches Üben. Sie verfehlt die Absicht des überaus komplexen, schwierigen Âsanas und beraubt einen fast sämtlicher therapeutischer Wirkungen der Stellung.

Zum Begriff Absicht. Ideal wäre es daß man erstens weiß, warum man Trikona praktiziert, und zweitens, daß man bereits vor der Ausführung genau weiß, was falsch ist und was richtig.

Zum ersten: Warum machen wir jetzt Trikona? Die Reaktion ist entweder Schweigen oder die Antwort »weil sie eine klassische Standübung des Hatha-Yoga ist«. Beide Reaktionen bedeuten: Ich weiß es nicht. Warum aber führt man eine Übung aus, wenn man nicht weiß wozu?

Das zweite hängt mit dem ersten zusammen. Wenn man nicht weiß, wozu Trikona gut sein soll, dann weiß man logischerweise auch nicht, welche einzelnen Stufen (= die komplexen Wirkungen der Stellung) zählen und welche Fehler man vermeiden muß.

Vom kleinen zum großen: So geht eine Yogastunde weiter – von Trikona geht es zur nächsten Übung (»weil sie zum Programm gehört«, nicht weil man ihren Sinn erfaßt hätte) und zur nächsten Übung, alles zu schnell und zu unbewußt, mechanisch.

Es kommt beim Üben nicht im geringsten darauf an, ob man ein Âsana intensiv (Endstufe), mittelmäßig (Zwischenstufe) oder mild (Vorübungen) praktiziert. Denn das ist eine Frage der Entwicklung, wird sich von alleine ergeben.

Es kommt nicht im geringsten darauf an, daß man bestimmte Übungen macht, »weil sie zum Yoga gehören«. Als hätte man damit eine Pflicht erledigt. Man soll also ein Âsana nicht um seiner selbst willen praktizieren. Yogaübungen sind kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, eine Hilfe, um etwas zu erreichen.

Die Frage muß lauten: Was will ich – in diesem Fall mit Trikona – erreichen? Und schon ist man auf dem richtigen Pfad (siehe oben). Was die Ausführung angeht, gilt der Merksatz:

→ Wichtig ist nicht die Übung, sondern der Übende.

→ Wichtig ist einzig das Spüren = die Rückmeldungen von Körper und Geist während der Ausführung.

Wie die Ausführung von Trikona gewöhnlich vor sich geht, wurde beschrieben (Absatz 4). Nun die rechte Art.

Damit die Beschreibung möglichst unkompliziert wird sei die Ich-Form erlaubt. Beim Praktizieren des Dreiecks sollte Folgendes den Übenden beschäftigen:

»Ich denke an Trikonâsana. Was bezweckt die Stellung, warum soll ich sie ausführen? Welche Aspekte sind im Vordergrund? Und blitzartig wird mir auch klar, a) wie die Stellung korrekt ist und b) welche Fehler man unbedingt vermeiden muß.

[Die Verinnerlichung ist nicht allein für den Yoga typisch. Man denke etwa an den professionellen Skifahrer, welcher die von ihm zu meisternde Abfahrt gedanklich durchgeht und dabei die Piste mit allen Details vor seinem inneren Auge hat.]

Aus dem Normalstand gehe ich in den breiten Stand. Wenn die Füße korrekt nach vorne zeigen, was spüre ich in den Beinen? Welchen Unterschied spüre ich, wenn die Füße nicht genau nach vorne zeigen, der Stand also nicht korrekt ist? Der rechte Fuß dreht jetzt etwas nach innen. Was tut sich im rechten Bein? Der linke Fuß dreht ganz nach außen. Wenn er komplett nach außen dreht, so wie es sein muß, was spüre ich vom linken Fuß hoch zum Becken? Was ist im linken Hüftgelenk durch die Drehung des Fußes passiert? Ist der linke Quadriceps wirklich fest in Spannung, so wie es sein sollte? Habe ich also die linke Kniescheibe hochgezogen? Ich spüre im linken Bein die Kraft der Vorderseite, die  Dehnung der Innen- und Rückseite, die Dehnung im linken Hüftgelenk.

Steht jetzt, wo die Füße gedreht sind, das Becken wirklich gerade? Das rechte Becken möchte nach vorne ziehen, aber ich verhindere es. Wie fühlt sich das gerade stehende Becken an? Kann ich sagen, daß ich trotz der künstlichen Haltung stabil stehe? Erst jetzt, wo ich dies überprüft habe, kommt die Hauptsache: Das Becken schwenkt auf die rechte Seite. In möglichst gerader Stellung, ohne zu verdrehen. Wie fühle ich mich dabei a) in den Hüftgelenken und b) im Kreuz? Sollte ich fürs Kreuz jetzt noch das Becken leicht – so wie eben möglich – nach hinten kippen durch Spannung des Beckenbodens und der Gesäßmuskeln? Wie fühlt sich dann der Stand an?

Wenn das Becken sich nach rechts verschiebt, zieht der Rumpf nach links. Ist die Wirbelsäule dabei gerade (= korrekt) oder verbiegt sie sich (= größter Fehler der Übung)? Ich ziehe jetzt also nur soweit den Rumpf nach links, wie ich das gerade Becken nach rechts bringen kann, nur dann bleibt die Wirbelsäule gerade. Und immer noch habe ich dabei nicht an den oberen Teil der Stellung gedacht! Habe ich nun die im Moment mögliche gute Endstellung der Beine, des Becken und des Rückens erreicht, geht es oben weiter.

Der rechte Arm zieht ans Ohr. Obwohl ich mich nun auf oben, auf eine wundervolle Flankendehnung der rechten Seite konzentrieren werde, habe ich nach vor die Beine, den sicheren Stand im Kopf, Stichworte Kraft und Dehnung! Ich ziehe jetzt den kerzengeraden Arm schräg nach oben. Ziehe ich wirklich bis in die Fingerspitzen? Bleibt der rechte Arm dabei wirklich ganz gerade? Er darf sich nicht verbiegen! Was spüre ich beim Ziehen des Arms in der rechten Flanke, in der Wirbelsäule? Stehe ich nach wie vor gut, sicher mit den Beinen?

All dies im Kopf, folgt der spezielle Gedanke ans Atmen. Ich atme tief – aber sehr ruhig – bei der Flankendehnung ein. Ich ziehe mehrere Male einatmend, bis ich den optimalen Zug im oberen Abschnitt erreicht habe. Und das Ausatmen nutze ich mehrere Male, um das Becken – falls überhaupt noch möglich – weiter nach rechts zu bringen, den Rumpf entsprechend weiter nach links unten zu bringen.

In dieser Endstellung werden mir vollkommen bewußt: Der Kraftmoment. Der Dehnmoment. Der Lauf des Atems. Die Haltung des Geistes in dieser fordernden Stellung. Der Körper will vielleicht nicht mehr, er möchte diese Stellung verlassen. Gebe ich dem nach oder »biete ich Widerstand«? Was geschieht in meinem Geist, wenn ich mir selber sage: Nein, du hörst jetzt nicht auf, du bleibst noch? Vor allem das Kraftbewußtsein sorgt für interessante Phänomene im Geist.

Achtung, jetzt kommt ein entscheidender Faktor hinzu, die absolut sichere, problemlose Rückkehr aus dieser extrem intensiven Dehn- und Kraftstellung! Ich hole also bewußt Kraft mit dem nächsten Einatmen (eine wichtige Autosuggestion) und ziehe total konzentriert und relativ langsam mit dem Ausatmen hoch. Die sichere Rückkehr ist eine Frage der Kraft und der Konzentration. Steht der Rumpf senkrecht, senke ich den rechten Arm und vergesse niemals, das linke Knie zur Sicherheit leicht zu beugen (wichtig!), bevor der linke Fuß zurückdreht in die gerade Position. Es geht es in den Seitenwechsel …«

Vielleicht versteht man jetzt den weiter oben geäußerten Satz:

In der Zeit, die ich in meiner privaten Praxis benötige, um einmal Trikonâsana auszuführen, hat der Kursteilnehmer in der Regel dreimal die Stellung geschafft!

Wieviele Übungen, wieviele Âsanas schafft man in dieser langsamen, bewußten Art pro Stunde? Nicht viele. Aber das wenige, was man in dieser Stunde praktiziert hat, das war korrekt, das war sicher, das war sinnvoll.

Schließlich sei um der Klarheit willen gesagt: Hat man Trikona auf diese Art einmal ausgeführt, folgt bei den Wiederholungen, bei der zweiten und dritten Runde derselbe Prozess. Und am nächsten Tag derselbe Prozess. Jedesmal bei der Ausführung des Dreiecks, einfach jedesmal geht es »wieder von vorne los«. Die Routine ist ein Hauptfeind der Konzentration. Man sollte jedesmal, tatsächlich jedesmal denken: Trikona? Das habe ich noch nie gemacht, das ist jetzt etwas Neues für mich.

Das ist die rechte Art des Übens.

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Diese Seite wurde am 03.10.2024 zuletzt geändert.

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